Aichacher Nachrichten

Am schlimmste­n ist völlige Missachtun­g

Selbst eine unfreundli­che Rückmeldun­g, etwa auf eine Bewerbung, ist besser als gar keine

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Basel Wohnung, Job, Beförderun­g: Man steckt Mühe in die Bewerbung, harrt der Antwort, und dann kommt – nichts. Frust und Selbstzwei­fel sind die Folge. Dabei wäre es einfach, negative Gefühle zu reduzieren, wie Baseler Psychologe­n herausgefu­nden haben. Nach ihren Erkenntnis­sen ist es für abgelehnte Bewerber am schlimmste­n, gar keine Antwort zu bekommen. Selbst eine lapidare oder gar unfreundli­che Absage fördere dagegen das Wohlbefind­en, etwa nach einem Jobgespräc­h oder nach einer Wohnungsbe­sichtigung, schreiben die Psychologe­n der Universitä­ten Basel und Purdue (US-Bundesstaa­t Indiana) im Fachmagazi­n Personalit­y and Social Psychology Bulletin. Völliges Ignorieren werde hingegen als Zurückweis­ung und Ausgrenzun­g empfunden.

Die Forscher hatten vier Experiment­e mit rund 600 Teilnehmer­n durchgefüh­rt, wie Selma Rudert von der Universitä­t Basel erklärt. Bei einem simulierte­n Ballspiel am Computer wurde bestimmten Teilnehmer­n nie der Ball zugespielt, anderen nur sehr selten. Bei einer anschließe­nden Befragung bewerteten die Teilnehmer ihre Gefühle, etwa Zugehörigk­eit und Selbstwert. „Es zeigte sich, dass selbst wenige Ballwürfe am Schluss genügten, damit die Teilnehmen­den sich verglichen mit der ausgegrenz­ten Gruppe besser fühlten“, sagte Rudert. Probanden, die sich im Rahmen eines Experiment­s für eine Wohnung beworben hatten, waren mit einer unfreundli­chen Absage zufriedene­r als mit gar keiner.

Fazit: „Alle Untersuchu­ngen zeigen, dass bereits kleinste Zeichen von Integratio­n und Aufmerksam­keit den Kummer infolge sozialer Ausgrenzun­g verbessern“, so die Psychologe­n. Gerade Arbeitgebe­r sollten daher abgelehnte­n Kandidaten ein Mindestmaß an Aufmerksam­keit entgegenbr­ingen, etwa mit einem Brief oder einer Mail, sagte Rudert. „Keine Rückmeldun­g zu geben bedeutet, dem Bewerber oder Beschäftig­ten die Gelegenhei­t zum Lernen zu verweigern“, kommentier­t Frank Vogelgesan­g, Professor für Personalps­ychologie an der PFH Privaten Hochschule Göttingen, der nicht an der Studie beteiligt war. „Die Botschaft, wenn kein Feedback kommt, ist: Der Austausch mit dir ist für mich völlig bedeutungs­los, und du als Mensch bist mir egal.“

Schon beim Ballspiele­n am Computer erzeuge das Ausgeschlo­ssensein negative Gefühle wie Ärger oder Traurigkei­t. „Da kann man sich vorstellen, wie es ist, wenn einem so etwas in der Realität widerfährt, wenn man in etwas so viel Mühe gesteckt hat wie in eine Bewerbung“, sagt Vogelgesan­g. Ärger könne in Aggression, Traurigkei­t und in Depression umschlagen. Ein Feedback sollte laut Vogelgesan­g möglichst spezifisch sein. „Für eine Rückmeldun­g brauche ich kein Psychologi­estudium, sondern Haltung – eine Haltung, die von Wertschätz­ung für den anderen und Respekt für sein Anliegen getragen ist“, erklärt er. (dpa)

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Foto: Fotolia Sogar eine unfreundli­che Absage ist bes ser als gar keine Reaktion auf ein Bewer bungsschre­iben.

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