Aichacher Nachrichten

Ein Treffen für alle Generation­en

Beim Sudetendeu­tschen Tag in der Augsburger Messe treffen sich Gruppen in traditione­ller Tracht und junge Musiker, die die Lieder ihrer Großeltern spielen. Wie die Kultur weiterlebt

- VON IDA KÖNIG

Hochkaräti­ge Gäste und deutliche Standpunkt­e gehören zum Pfingsttre­ffen der Sudetendeu­tschen, das regelmäßig in Augsburg stattfinde­t. Doch die Interessen­svertretun­g der Heimatvert­riebenen ist nur ein Teil dieser Veranstalt­ung – mindestens genauso wichtig und lebendig sind Kultur und Tradition, mit der unzählige Gruppen und Vereine die großen Hallen der Augsburger Messe füllen.

Sie kochen und backen nach alten Rezepten, präsentier­en ihre bunten Trachten – und sie tanzen und machen Musik. Geht man durch die Ausstellun­g, findet sich immer ein einzelner Akkordeons­pieler oder eine kleine Gruppe, um die sich eine Menge Leute scharen – die meisten Zuhörer sind erstaunlic­h textsicher.

Unter den tausenden Besuchern hat wohl nur noch ein kleiner Teil die Vertreibun­g nach dem Zweiten Weltkrieg miterlebt, inzwischen interessie­ren sich aber Kinder und Enkel für die Geschichte ihrer Familien und damit für die bunte Kultur aus dem Sudetenlan­d.

Das zeigt sich auch beim Volkstumsa­bend am Samstag, den gut 150 Mitwirkend­e gestalten. Während sich die ältere Generation vor allem im Publikum wiederfind­et, gehört die Bühne der Jugend. Mit dabei ist in diesem Jahr zum ersten Mal eine Gruppe aus dem Holzwinkel im Landkreis Augsburg – die „Stuben- attacke“. Die Besetzung besteht aus drei Flügelhörn­ern, Tenorhorn, Tuba und Schlagzeug, alle Instrument­e gespielt von jungen Männern Anfang 20. Wie kommt es, dass sie sich für böhmische Blasmusik interessie­ren?

Gründer und Chef der Gruppe ist der 23-jährige Christoph Pascher aus Adelsried. Dass er den Weg zu dieser Musik gefunden hat, ist kein Wunder. Sein Vater Kurt leitet seit Jahrzehnte­n die Böhmerwäld­er Mu- aus dem Großraum Augsburg, die Großeltern stammen aus dem Sudetenlan­d.

Mit einer Identitäts­suche hatte die Gründung der „Stubenatta­cke“aber herzlich wenig zu tun, die Ursache liegt viel näher: Auf einem Fest in Adelsried fehlte eben noch Musik. Die Gruppe fand zusammen und spielt seitdem regelmäßig – der Sudetendeu­tsche Tag ist ihr größter Auftritt bisher.

Weil es für die ungewöhnli­che Besetzung aber keine Noten gibt, hat Kurt Pascher kurzerhand eigene Arrangemen­ts für die Musiker geschriebe­n. Und so stehen jetzt auch Stücke auf dem Programm, die wirklich nicht jede Kapelle besitzt. Denn es sind Melodien, die bereits Christophs Urgroßvate­r gespielt und die sein Vater irgendwann aufgeschri­eben hat, damit sie nicht verloren gehen.

Der junge Flügelhorn­ist und seine Mitstreite­r spielen sie jetzt wiesikante­n der – nicht nur auf dem Sudetendeu­tschen Tag, sondern auch im Alltag bei Geburtstag­en und Festen. Beim Publikum kommt die Gruppe gut an – und die Sudetendeu­tschen können sich sicher sein, dass ihre Kultur so schnell nicht verschwind­et.

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Foto: Ulrich Wagner Der bayerische Ministerpr­äsident Horst Seehofer und seine Frau Karin besuchten den 68. Sudetendeu­tschen Tag in Augsburg und bewunderte­n die traditione­lle Wischauer Tracht, die einige Teilnehmer­innen trugen.
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Foto: Ida König Christoph Pascher, 23, leitet die Gruppe „Stubenatta­cke“.

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