Kundin ärgert sich über Rohrreiniger
Weil die Waschküche im Keller unter Wasser steht, ruft eine Augsburgerin eine Firma. Für den Auftrag erhält sie eine satte Rechnung über knapp 600 Euro. Was die Handwerkskammer dazu sagt
Neulich war kein guter Tag für Susanne Braun*. Erst ärgerte sich die Augsburgerin, dass ihr Keller unter Wasser stand. Dann über den Handwerker, der knapp 600 Euro für seinen Einsatz verlangte. Am Ende ärgerte sie sich aber am meisten über sich selbst. Bei der Handwerkskammer kennt man solche Fälle, in denen sich Kunden übers Ohr gehauen fühlen.
Dienstagmorgen, kurz vor sieben Uhr. Susanne Braun will die Waschmaschine im Keller anstellen. Mit Schrecken registriert sie, dass der Raum unter Wasser steht. Am Tag zuvor war es schon nicht richtig abgelaufen. Die Familie hatte den Schacht ausgeschöpft. Nun aber das. Braun hat nicht viel Zeit, um sich um das Malheur zu kümmern. Schnell sucht sie im Internet nach einer Rohrreinigungsfirma. Der erste Treffer der Suchergebnisse ist eine Homepage, die eine 24 Stunden-Hilfe verspricht. Die Telefon- nummer beginnt mit den Ziffern 0800. „Rohr verstopft? Was tun? Rohrreinigung ab 39 Euro“, ist dort zu lesen. Die Augsburgerin ruft an, lässt sich ein Angebot geben. Von 384 Euro ist da laut Braun die Rede. Es sollte mehr werden.
Der Rohrreiniger aus Augsburg, der auch einen Schlüsselnotdienst betreibt, rückt um 7.40 Uhr an. Er behebt den Schaden. Das dicke Ende aber steht auf der Rechnung: 595 Euro, inklusive Mehrwertsteuer. Verdattert unterschreibt die Ehefrau und Mutter von zwei Kindern. Erst als sie sich die Rechnung später in Ruhe durchliest, ärgert sie sich.
„Das alles ist eine bodenlose Frechheit. Er war nie und nimmer eineinhalb Stunden da, wie es auf der Rechnung steht.“Sie kritisiert, dass die Summe letzten Endes so viel höher ausfiel, als vorab besprochen. Der Stundensatz beträgt 169 Euro, die Anfahrt aus Augsburg 30 Euro, der Zuschlag für die frühe Uhrzeit 84,50 Euro, um ein paar Positionen auf der Rechnung zu nennen. Braun vermutet, dass der Rohrreiniger gezielt vor 8 Uhr auftauchte, damit er den bis zu dieser Uhrzeit geltenden Notdienstzuschlag kassieren konnte. Am meisten ärgert sie sich über sich selbst. „Es war blöd von mir. Aber ich war verzweifelt.“
Monika Treutler-Walle kennt derartige Fälle. „Bei uns treten vermehrt solche Klagen auf“, sagt die Sprecherin der Handwerkskammer. Sie betont, dass grundsätzlich der Kunde selbst die Verantwortung für Aufträge an Firmen trägt und rät zur Vorsicht bei 0800-Rufnummern. „Oft geraten hier Kunden an Vermittler und nicht an die eigentlichen Leistungserbringer.“Erstere wollen an dem Geschäft natürlich mitverdienen. Zudem sollte der Kunde im Vorfeld sämtliche Einzelleistungen, wie Anfahrtskosten, Maschinenkosten, etwaige Zuschläge und Stundensatz abklären.
„Wenn keine Gefahr in Verzug ist, wie jetzt in diesem Fall, kann auch eine Uhrzeit gewählt werden, die ohne Aufschlag angeboten wird.“Auch könne man sich mehrere Angebote einholen und vergleichen. Ist ein Handwerker nötig, rät Treutler-Walle, auf ortsansässige Meisterbetriebe zurückzugreifen. „Wir empfehlen die Notdienste der Innungen zu nutzen, die samstags in der Tageszeitung veröffentlicht werden.“Denn nicht jeder Handwerker sei unbedingt ein Handwerker mit entsprechender Qualifikation. Bei dem Rohrreiniger, der bei Susanne Braun im Einsatz war, handelte es sich um einen Anbieter, der bei der Handwerkskammer mit einem sogenannten handwerksähnlichem Gewerbe eingetragen ist.
„Solche Firmen können von jedermann gegründet und betrieben werden.“Für ein handwerksähnliches Gewerbe brauche man keinen Qualifikationsnachweis und keinen Meisterbrief. „Der Gesetzgeber verpflichtet die Handwerkskammer für die Eintragung, aber nicht zur Prüfung der Qualifikation“, betont die Sprecherin. Zur Preisgestaltung des Rohrreinigers könne man nichts sagen. „Das obliegt in der freien Marktwirtschaft dem Unternehmer.“Susanne Braun jedenfalls weiß, dass sie in der nächsten „Notsituation“anders reagieren wird.
* Name von der Redaktion geändert