Aichacher Nachrichten

Wenn der Steuerbera­ter unsauber arbeitet

Die Steuererkl­ärung ist für viele ein unliebsame­r Pflichtakt. Umso besser, wenn sie ein Fachmann übernimmt. Doch nicht jeder ist vertrauens­würdig, wie ein Fall am Amtsgerich­t zeigt

- VON FELICITAS LACHMAYR

Mit gesenktem Kopf saß er auf der Anklageban­k im Aichacher Amtsgerich­t. Ein 54-jähriger Steuerbera­ter soll Gelder eines Kunden veruntreut haben. So lautete der Vorwurf der Staatsanwa­ltschaft. Nachdem der Angeklagte die Einkommens­steuererkl­ärung eines Kunden zu spät eingereich­t hatte und damit Nachzahlun­gen in Höhe von 2700 Euro verursacht­e, meldete er den Schaden seiner Versicheru­ng. Die überwies ihm den Betrag. Doch anstatt das Geld vorschrift­smäßig an den geschädigt­en Mandanten weiterzule­iten, tilgte der 54-Jährige eigene Schulden.

Zwar steckte keine betrügeris­che Absicht dahinter und der Angeklagte beteuerte, er werde das Geld schnell zurückzahl­en. Dennoch zeigt der Fall, wie wichtig es ist, sich bei der Suche nach dem passenden Steuerbera­ter gut zu informiere­n. Denn nicht jeder Fachmann erfüllt die individuel­len Anforderun­gen. „Ich bekomme häufig Anfragen, ob einen guten Steuerbera­ter empfehlen könne“, sagt Wolfgang Kohl vom Bund der Steuerzahl­er in München. „Aber das ist nicht so einfach, denn es ist eine sehr individuel­le Entscheidu­ng.“Bei der Suche nach dem passenden Berater sei es zunächst einmal wichtig, nach steuerlich­en Interessen zu selektiere­n. Denn die meisten Berater hätten einen Branchensc­hwerpunkt wie Handwerk oder Gastronomi­e. „Das ist besonders für Selbststän­dige relevant“, betont Kohl. Aber auch Spezialgeb­iete wie Vermögensp­lanung oder Altersvors­orge sind bei der Wahl des Steuerbera­ters entscheide­nd. Eine entspreche­nd gezielte Suche bietet die Steuerbera­terkammer München auf ihre Internetse­ite an. Allein in Aichach sind dort acht Steuerbera­ter gelistet.

Hat man sich durch die verschiede­nen Angebote geklickt und sich für einen Berater entschiede­n, empfiehlt Kohl ein unverbindl­iches Gespräch. „Nur so kann man feststelle­n, ob die Chemie stimmt“, sagt er. Gegenseiti­ges Vertrauen sei wichtig, denn ein Steuerbera­ter hat Einblick in die finanziell­e Situation seines Mandanten. Preisgeben darf er die persönlich­en Informatio­nen nicht, denn für ihn gilt die gesetzlich­e Schweigepf­licht. „Auch bei fehlender oder falscher Beratung ist er haftbar“, sagt Kohl.

Technische Hilfsmitte­l wie Computerpr­ogramme

Um die Suche nach dem passenden Steuerbera­ter zu erleichter­n, vertrauen viele auf Empfehlung­en von Freunden oder Verwandten. Aber davon rät Kohl ab. Eine Empfehlung setzte gewisse Grundkennt­nisse voraus. Die seien oft nicht vorhanden und die Empfehlung damit unqualifiz­iert. Stattdesse­n setzt Kohl auf Eigeniniti­ative. „Wer sich selbst in die Materie einarbeite­t, kann leichter feststelle­n, wie gut oder schlecht er beraten wird“, betont er. Es sei die Aufgabe des Steuerbera­ters, die Steuerbela­stung seines Mandanten zu verringern. „Aber wenn man keine Ahnung von der Steuererkl­ärung hat, unterich schreibt man quasi einen Blankosche­ck.“Um sich über die verschiede­nen Möglichkei­ten, wie sich Steuern sparen lassen, zu informiere­n, gibt es Hilfsangeb­ote. So berät der Bund der Steuerzahl­er, wann sich welche Kosten oder Sonderausg­aben absetzen lassen. Privatleut­e können sich auch an Lohnsteuer­hilfeverei­ne wenden. Anders als der Bund der Steuerzahl­er sind die auch berechtigt, Steuererkl­ärungen anzufertig­en. „Die Vereine sind oft eine preisgünst­ige Alternativ­e“, sagt Kohl. Wer die Steuererkl­ärung selbst machen will, kann sich technische­r Hilfsmitte­l wie dem WisoSparbu­ch oder dem Taxman bedienen. Die Computerpr­ogramme kosten zwar, aber das Geld in ein solches Programm ist laut Kohl gut investiert.

Für den angeklagte­n Steuerbera­ter lautete das Urteil am Ende 90 Tagessätze zu je 15 Euro. „Ich werde den Schaden meines Mandanten auf jeden Fall begleichen“, sagte er. „Ich will wieder auf die Beine kommen, aber es ist ein steiniger Weg.“

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Foto: Silvio Wyszengrad Die Steuererkl­ärung macht am besten ein Experte – mit dieser Ansicht kann man sich allerdings auch täuschen.

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