Betrüger stehlen Facebook Identität
Kriminelle fragen Daten der Freunde ab. Was sie damit anstellen können
Gut vernetzt ist Heike Scherer, Mitarbeiterin unserer Zeitung und in mehreren Vereinen aktiv. Auf Facebook zählt sie fast 200 Freunde. Das sorgte dafür, dass sie eine reichlich unruhige Nacht erlebte. Betrüger hatten nämlich ihr gesamtes Facebookprofil samt Fotos kopiert und fingen an, Daten ihrer Freunde abzufragen.
Auf Facebook verbunden ist sie unter anderem mit der Pianistin Margit Henschel. Deren Profil wurde von denselben Tätern später ebenfalls geklont. „Von mindestens 15 Facebookfreunden wurde ich gewarnt, dass sie Freundschaftsanfragen von mir erhalten haben“, erzählt sie. Dabei fragten die Unbekannten auch die Handynummer ab. „Da wurden die meisten misstrauisch. Aber drei Leute haben die Nummer leider rausgegeben“, erzählt sie. Ähnlich war es auch bei Heike Scherer: Vertrauensvoll angesichts des Profilfotos haben doch Einzelne die Bitte nach der Handynummer erfüllt. Diejenigen wurden anschließend von den Betrügern aufgefordert, einen Zahlencode zu bestätigen.
Die Masche ist bei der Polizei bekannt. „Die Täter führen Bestellungen auf Internetseiten durch, die ein Code/Tan-Verfahren unterstützen, bei dem der Betrag über die Handyrechnung abgerechnet wird“, erklärt die Polizei Schwaben Nord. Soweit Margit Henschel und Heike Scherer bekannt ist, hat keiner ihrer Facebookfreunde den Code bestätigt. Und solange das nicht geschehen ist, muss sich keiner der Betroffenen Sorgen um seine Handyrechnung machen. Eine Münchner Freundin der Pianistin habe jedoch Anzeige bei der Polizei in München erstattet. Diese habe recht schnell eine Betrügerbande aus Mertingen ausfindig gemacht, berichtet Margit Henschel. Außerdem meldeten die beiden Frauen den Vorfall an Facebook. Das Medienunternehmen beseitigte daraufhin die gefälschten Profile zügig. Auf Anfrage unserer Zeitung äußerte sich Facebook jedoch nicht.
Den beiden Meringerinnen haben die Betrüger jedenfalls am Sonntag eine lange Nacht beschert. Beide änderten mehrfach ihre Passwörter, telefonierten mit den engeren Freunden und versuchten die anderen per Nachricht zu warnen. Komplett verhindern lassen sich solche Vorfälle nicht. Je strenger die Privatsphäreeinstellungen jedoch sind, desto schwieriger wird es, ein Profil glaubhaft zu kopieren. Die Polizei empfiehlt beispielsweise, die Freundesliste nicht öffentlich anzeigen zu lassen. Vor allem sollen jedoch Facebook-Nutzer sensibel auf Kontakte reagieren. „Wenn Sie eine Freundschaftsanfrage von jemandem bekommen, mit dem Sie auf Facebook schon befreundet sind, dann sollten Sie das vielleicht zum Anlass nehmen, mal wieder mit demjenigen persönlich in Kontakt zu treten“, sagt Christoph Büchele, Sprecher der Polizei München. Vor allem, wenn die Kommunikation unstimmig wirkt. Margit Henschel berichtet, dass die Anfragen von ihrem gefälschten Profil in gebrochenem Deutsch mit vielen Grammatikfehlern formuliert waren. Spätestens wenn auch noch komische SMS aufs Handy kommen, empfiehlt Polizeisprecher Büchele, einmal direkt beim vermeintlichen Absender nachzufragen. (gön)