Aichacher Nachrichten

Friedberg schließt das Kapitel Windkraft

Außer den drei Rädern im Erlauholz wird es wegen der 10H-Regel keine weiteren Anlagen geben. Warum Stadträtin Wally Walkmann findet, dass Bachern „beschissen“wurde

- VON THOMAS GOSSNER

Im ganzen Stadtgebie­t Friedberg gibt es keine Fläche, die die Anforderun­gen der 10H-Regel für Windräder erfüllt. Als Konsequenz aus dieser Tatsache wird nun der Regionalpl­an entspreche­nd geändert und auch die einzige Vorbehalts­fläche im Erlauholz gestrichen. Der Stadtrat gab dazu gegen die Stimmen von Grünen und ÖDP sein Einverstän­dnis.

Ohne die Festlegung solcher Konzentrat­ionsfläche­n wären Windräder dank ihrer baurechtli­chen Privilegie­rung überall im Stadtgebie­t möglich. Um dies zu verhindern, hatte der Stadtrat 2004 die Vorbehalts­fläche zwischen Bachern und Ottmaring beschlosse­n – damals im Glauben, dass angesichts der geringen Windstärke­n ohnehin kein rentierlic­her Betrieb von Windrädern möglich sei.

Doch der technische Fortschrit­t ermöglicht­e in der Zwischenze­it den Bau von Anlagen, die von der Luftströmu­ng in größerer Höhe profitiere­n. 2008 präsentier­te die Firma Uhl erste Pläne, fünf Räder im Erlauholz zu bauen. Angesichts erhebliche­r Widerständ­e versuchte der Planungsun­d Umweltauss­chuss zwar noch, das Ausschluss­gebiet auf die ganze Stadt auszudehne­n.

Nach der Reaktorkat­astrophe von Fukushima im März 2011 leitete aber die Bundesregi­erung die Energiewen­de ein – mit dem Ergebnis, dass die Stadt nicht nur keine Handhabe gegen die Anlage im Erlauholz hatte, sondern auch den Bau und Betrieb eigener Windräder durch die Stadtwerke in Erwägung zog. Im Oktober 2013 genehmigte schließlic­h das Landratsam­t das Vorhaben der Firma Uhl, drei Räder mit einer Höhe von jeweils 200 Meter auf dem Grund der bayeri- schen Staatsfors­ten zu errichten. Eine Klage gegen den Bescheid zogen die Windkraftg­egner wegen der geringen Erfolgsaus­sichten zurück. Ende 2015 ging der Windpark schließlic­h in Betrieb.

Daran ändert auch die zwischenze­itlich von der bayerische­n Staatsregi­erung beschlosse­ne 10H-Regel nicht mehr. Sie besagt, dass Windräder das Zehnfache ihrer Höhe als Abstand zu Wohngebiet­en einhalten müssen. Sie trat erst im November 2014 in Kraft, als die Anlage im Erlauholz längst genehmigt war.

„Wir sind beschissen worden“, kommentier­te die Bacherner Stadträtin Wally Walkmann (SPD) das Ergebnis des energiepol­itischen Zickzackku­rses. Die Windräder im Erlauholz werden die einzigen im gesamten Friedberge­r Stadtgebie­t bleiben. Es sei denn, es findet sich ein Standort, gegen den es keinen Widerstand gibt. Dann könnte die Stadt entspreche­ndes Baurecht schaffen. Die 10H-Regel müsste nicht zwingend eingehalte­n, die Ausnahme aber schlüssig begründet und in einem Bauleitver­fahren abgewogen werden. Ein Fall, der dem Stadtrat aber als wenig wahrschein­lich gilt. SPD-Fraktionsc­hef Roland Fuchs regte darum an, auch die noch nicht abgeschlos­sene Änderung des Flächennut­zungsplans, mit der die Konzentrat­ionsfläche­n für Windkraft gesichert werden sollte, nun offiziell einzustell­en.

Das Kapitel Windkraft gilt für Friedberg damit als abgeschlos­sen, sehr zum Ärger der Grünen. Fraktionsc­hefin Claudia Eser-Schuberth kritisiert­e die 10H-Bestimmung als den „größten populistis­chen Unsinn“. Der Rohrbacher Stadtrat Leo Büchler (CSU) verwies hingegen darauf, dass hier eine demokratis­ch gewählte Mehrheit im Landtag entschiede­n habe.

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Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r Sie bleiben die einzigen Anlagen ihrer Art im Friedberge­r Stadtgebie­t: die drei Windräder im Erlauholz zwischen Bachern und Ottmaring.

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