Aichacher Nachrichten

Bayernliga Spektakel ohne Zuschauer

Einst sorgte der Post SV in der Bundesliga für Aufsehen. Inzwischen ist der Verein im ambitionie­rten Amateurspo­rt angelangt, wo er kaum Publikum anlockt. Obwohl dort Spieler wie der Ungar Fekete ihr Können zeigen

- VON JOHANNES GRAF

Diese Kulisse beeindruck­te Peter Schnaas. In Düsseldorf verfolgte der Augsburger jüngst die Tischtenni­sWM. Gemeinsam mit rund 8000 Zuschauern erlebte er das hochklassi­ge Viertelfin­ale mit dem deutschen Star Timo Boll. Dass der Weltrangli­sten-Achte letztlich dem chinesisch­en Olympiasie­ger Ma Long unterlag, änderte nichts am positiven Gesamteind­ruck. Richard Prause, Sportdirek­tor des Deutschen Tischtenni­sbundes, sprach von „Gänsehautm­omenten“, wenn die Ausnahmekö­nner in einer der schnellste­n Sportarten überhaupt das Plastikbäl­lchen übers Netz jagten.

Derartiges Zuschaueri­nteresse ist Schnaas im Vereinsall­tag fremd. Geradezu trist wirken die leeren Hallen, wenn das Männerteam des Post SV in der Bayernliga Süd antritt. Schnaas war 37 Jahre lang als Abteilungs­leiter aktiv, ist im Verein ebenso verwurzelt wie etwa Dieter Voigt, der seit 48 Jahren der Sparte angehört. Die beiden Funktionär­e haben die goldene Ära des Post SV erlebt und ein Stück weit geprägt. Der Verein war 1966 Gründungsm­itglied der Bundesliga, gewann 1967 das deutsche Pokalfinal­e und spielte etliche Jahre in der 2. Bundesliga, zuletzt 2001.

Voigt stand selbst in der 2. Liga an der Platte, heute kümmert er sich um die sportliche­n Belange, erfüllt die Aufgaben eines Teammanage­rs. Im Alltag bekommt er zu spüren, wie sehr Tischtenni­s in Deutschlan­d eine Randsporta­rt darstellt. Betrachtet Voigt das Interesse für Spiele seiner Mannschaft, zieht er ein ernüchtern­des Fazit: „Es ist schon etwas traurig, weil attraktive­r Sport gezeigt wird“, sagt der 58-Jährige. Er berichtet zwar von einem Derby in der abgelaufen­en Saison, von hundert Zuschauern, die die Partie gegen den Lokalrival­en Westheim verfolgten; und er erzählt von Meister SV Haiming (Kreis Altötting), der mit zwei Bus- zum Spiel in Augsburg anreiste. Meist, räumt Voigt aber ein, verirrt sich kein einziger Zuschauer in die Halle der Berufsschu­le 6. Und das, obwohl der Post SV eine erfolgeich­e Runde spielte und letztlich auf dem dritten Tabellenra­ng landete. Hoffnungen verknüpft der Tischtenni­sLiebhaber mit dem Neubau des Post SV, die Abteilung bekommt wie die übrigen Sparten in einem modernen Umfeld ein neues Zuhause. Die Halle ließe Ambitionen für hochklassi­ge Ligen zu, Voigt winkt aber sogleich ab und betont: „Die Bayernliga ist für uns die richtige Liga.“Allein diese Spielklass­e stellt eine Herausford­erung dar, der Verein leistet sich dafür einen Spitzenspi­eler aus Ungarn. Soma Fekete reist vor Spieltagen an, absolviert am Freitag ein Training und fährt nach der Partie heim. Der Verein trägt Fahrtkoste­n, Übernachtu­ng und kleinere Prämien, Student Fekete zahlt mit Leistung zurück. In der abgelaufen­en Saison gewann er an Nummer eins gesetzt 33 von 36 Partien. Auch in Sportarten wie Tennis oder Ringen kaufen ambitionie­rte Amateursen klubs Gastspitze­nspieler ein, reich werden die Halbprofis aus Osteuropa damit aber nicht.

Voigt will das Engagement Feketes nicht falsch verstanden wissen. Der 26-Jährige sei „kein Söldner“, stattdesse­n ein umgänglich­er Typ, der sich aktiv in den Verein einbringe. Voigt begründet: „Wer in einer bestimmten Liga mithalten will, dem genügen ausschließ­lich Spieler aus der Region nicht mehr.“

Der Post SV will mit seinem Bayernliga-Status einen Anreiz für den Nachwuchs schaffen. In Schwaben sind die Top-Vereine rar gesät, es gibt keine Stützpunkt­e für den Leistungss­port. Voigt schwebt vor, regional eine bestimmend­e Rolle in der Nachwuchsf­örderung einzunehme­n. Mit Spieler Oliver Gramm verfügt der Post SV über einen hoch qualifizie­rten Trainer, der das von Voigt initiierte Projekt „Wir fördern Talente“betreut. Voigt hat allerdings festgestel­lt, dass Kinder in Tischtenni­s vorwiegend eine Freizeitbe­schäftigun­g sehen, nur selten jedoch den Ehrgeiz entwickelt­en, diesen leistungso­rientiert auszuüben.

Für seine Sportart werben will der Post SV über öffentlich­keitswirks­ame Aktionen. Mal spielt er mit Senioren in einem Altenheim, mal mit Flüchtling­skindern. Vor einem Jahr rief der Verein gemeinsam mit den Augsburger Wirtschaft­sjunioren zu „Augsburg spielt Tischtenni­s“auf. Von 16 bis 18 Uhr sollten am 18. Juni möglichst viele Augsburger an den öffentlich­en Steinplatt­en zum Schläger greifen. Rund 100 Sportler beteiligte­n sich. Für eine Randsporta­rt wie Tischtenni­s war das durchaus als Erfolg zu werten.

„Die Bayernliga ist für uns die richtige Liga.“Dieter Voigt

 ?? Foto: Fred Schöllhorn ?? Der Ungar Soma Fekete (links, rechts Jens Harti) ist in der Bayernliga ein Ausnahmesp­ieler und hat 33 von 36 Begegnunge­n ge wonnen. Er reist nur zu den Spielen an und kehrt dann in seine Heimat zurück.
Foto: Fred Schöllhorn Der Ungar Soma Fekete (links, rechts Jens Harti) ist in der Bayernliga ein Ausnahmesp­ieler und hat 33 von 36 Begegnunge­n ge wonnen. Er reist nur zu den Spielen an und kehrt dann in seine Heimat zurück.
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