Eine Friedensoper für Augsburg
Der junge Komponist Patrick T. Schäfer schrieb ein Werk zum Reformationsjubiläum. Zwei Welten prallen darin krass aufeinander
Wird die Oper rechtzeitig vollendet sein? Durch solch skeptische Anfragen ließ sich Patrick T. Schäfer nicht beirren. Seine Friedensoper „Letzte Nacht“, ein Auftragswerk für die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde St. Anna, ist zur Uraufführung am 18. Juni fertig geworden. Bis zuletzt hat der 24-jährige Augsburger Komponist daran gefeilt, in den Proben war er dabei, ging auf Wünsche der Sänger ein, konkretisierte die eigenen musikalischen Vorstellungen. „Im Kopf klingt es immer anders“, weiß Schäfer.
Die Oper erzählt von den zwei Schwestern Stella und Soledad. Sie müssen in einer durchwachten Nacht eine schwerwiegende Entscheidung treffen, um Frieden in der Welt herzustellen. „Es handelt sich um zwei Welten: eine vergeistigte und eine reale, um krasse Existenzialität und um größte Belanglosigkeit“, erklärt der junge Komponist. Stella lauscht unaufhörlich in die Nacht, sie hört die Sorgen, Wünsche und Hoffnungen der Menschen – einer Geflüchteten an der türkischen Küste ebenso wie eines Jungen mit Angst vor dem Einschlafen oder der Grenzsoldaten, die sich die Nacht um die Ohren schla- gen müssen. Thema des Stücks sei es, „in einer komplexen modernen Welt eine Haltung einzunehmen, sich zu positionieren“, erläutert der Dramaturg Kornelius Paede. Es gehe um den Willen, die Welt zum Guten zu verändern.
Das Libretto schrieb der Münchner Autor und Dramaturg Maximilian Dorner, 44, der für seinen Debütroman „Der erste Sommer“2007 den Bayerischen Kunstförderpreis erhielt. „Wir haben uns ständig getroffen und extrem viel miteinander diskutiert“, berichtet Schäfer. Szene für Szene haben sie hart erarbeitet. Dramaturgisch sollten die beiden Welten der Schwestern immer parallel laufen. Die Sprache sollte nicht allzu künstlerisch überhöht sein, sondern so, wie man in Alltagssituationen redet. „Wir wollten leicht nachvollziehbare Worte.“
Patrick T. Schäfer, ein ehemaliger Domsingknabe, studiert an der Musikhochschule München Komposition bei Isabel Mundry und hat schon einige Kompositionspreise errungen. Er steht kurz vor dem Bachelor-Abschluss. Die Friedensoper „Letzte Nacht“ist sein bisher größtes Werk. Circa siebzig Minuten dauert die Oper – „für einen Abend relativ kurz, aber für mich ziemlich lang an verkomponierter Zeit“. Patrick Schäfer sieht es als „ein wahnsinniges Privileg“an, so jung schon eine Oper machen zu dürfen. „Die Kirchengemeinde St. Anna und das Theater Augsburg mit seinen Philharmonikern setzen großes Vertrauen in mich.“Das beflügelt ihn.
Vor drei Jahren hatte Schäfer bereits eine Kantate auf das Friedensfest 2013 für St. Anna geschrieben. Kantor Michael Nonnenmacher war davon so angetan, dass er Schäfer antrug, für das 500. Reformationsjubiläum wieder etwas zu komponieren. „Wir wollten zum Lutherjahr nichts Althergebrachtes aufführen, sondern etwas Neues anbieten – und damit auch eine Diskussion anregen“, sagt Nonnenmacher. Schäfer trommelte Freunde zusammen, sie erkundeten die Möglichkeiten der Annakirche, Szenen konturierten sich. Im Frühjahr 2016 galt es, den Kirchenvorstand von St. Anna davon zu überzeugen.
Aber kaum hatte Schäfer den Zuschlag, sprang ihm das erste Team ab und zog andere Studienorte vor. Aus der Theaterakademie August Everding kamen Regisseurin Blanka Rádóczy, die im Studium bereits zwei Inszenierungen gestemmt hat, und der Musikdramaturg Kornelius Paede neu an Bord. Wieder musste man sich erst zusammenfinden.
Die Friedensoper entfaltet ein Klangbild, das zwischen traditionellen Mitteln und modernen Techniken pendelt, das zwischen Tonalität, Atonalität und Geräusch schwankt. „Das Schwierigste war für mich die Frage: Wann singen die Handelnden und wann sprechen sie?“Eine Neuvertonung des Luther-Chorals „Verleih uns Frieden gnädiglich“blitzt immer wieder zwischen den Stimmen der Nacht und dem Streit zwischen Stella und Soledad auf.
Die Sprache nicht allzu künstlerisch überhöht
Aufführungen „Letzte Nacht – eine Friedensoper“wird in St. Anna am 18. und 25. Juni jeweils um 21 Uhr gespielt. Vor der Premiere gibt Dramaturg Kor nelius Paede im Hollbau im Annahof am 18. Juni um 20 Uhr eine Einführung.
Ausführende sind Susanne Simenec (So pran), Liat Himmelheber (Alt), Nicholas Hariades (Altus), der Madrigalchor bei St. Anna und die Augsburger Philharmoni ker unter Leitung von Carolin Nordmeyer.
Karten beim Theater Augsburg, Tel. 08 21/324 49 00, AZ Kartenservice RT.1, Tel. 08 21/777 34 10, Schlosser’sche Buchhandlung, Annastr. 20 und Anna punkt, Tel. 08 21/450 17 17.