Aichacher Nachrichten

Neue zentrale Anlaufstel­len für den Notfall

Weil in den Notaufnahm­en zu viele Menschen landen, die keine Notfälle sind, gibt es künftig Bereitscha­ftspraxen an den Krankenhäu­sern in Aichach und Friedberg. Was das für Patienten bedeutet

- VON NICOLE SIMÜLLER

Was tun, wenn abends oder nachts der Bauch wehtut? Wenn nicht sicher ist, ob es reicht, erst morgens einen Arzt aufzusuche­n? Immer mehr Patienten gehen in solchen Fällen in die Notaufnahm­en der Krankenhäu­ser. Diese soll sich eigentlich nur um wirkliche Notfälle kümmern. Wer außerhalb von Sprechstun­denzeiten gesundheit­liche Probleme hat, aber nicht akut einen Arzt braucht, ist ein Fall für den Ärztlichen Bereitscha­ftsdienst. Doch dessen Telefonnum­mer 116 117 kennen viele Menschen nicht (siehe Infokasten).

Deshalb gibt es künftig neue zentrale Anlaufstel­len. Die Kassenärzt­liche Vereinigun­g Bayern (KVB) richtet an den Krankenhäu­sern in Aichach und Friedberg Bereitscha­ftspraxen ein. Ende 2017 oder Anfang 2018 soll laut Hannes Bachetzky, Fachrefere­nt Notdienste für Südbayern bei der KVB in Augsburg, die Praxis in Friedberg ihren Betrieb aufnehmen. Ende 2018 oder Anfang 2019 soll Aichach folgen.

Die Praxis in Friedberg soll sieben Tage pro Woche geöffnet sein, werktags von Nachmittag bis 22 Uhr. In Aichach seien die Öffnungsze­iten „eventuell etwas eingeschrä­nkt“, so Bachetzky. Für beide Praxen in Aichach und Friedberg gilt, dass sie an Wochenende­n und Feiertagen ganztags offen sind. Danach übernimmt das Krankenhau­s.

Der Arzt in der Bereitscha­ftspraxis entscheide­t, ob Patienten dort gleich behandelt, am nächsten Tag bei einem niedergela­ssenen Mediziner versorgt werden können oder in die benachbart­e Notaufnahm­e müssen. Beide Einrichtun­gen sind strikt getrennt: Die Bereitscha­ftspraxen unterstehe­n der KVB, die Notaufnahm­en den Kliniken an der Paar, also dem Landkreis.

Klinik-Geschäftsf­ührer Dr. Krzysztof Kazmiercza­k bezeichnet sich als „Fan“der neuen Struktur. Die Versorgung werde sicherer und besser, ist er überzeugt. Ressourcen würden konzentrie­rt. Die zentralen Bereitscha­ftspraxen ersparen Patienten die Suche, welcher Arzt gerade Dienst hat. Dieser findet künftig in den Bereitscha­ftspraxen statt. Die Wege werden etwas weiter.

Auch für niedergela­ssene Mediziner auf dem Land hat die neue Struktur Vor- und Nachteile: Sie haben weniger Dienste als bisher, diese werden aber arbeitsint­ensiver. Bei akuten, lebens bedrohlich­en Notfällen wählen Sie immer die kostenfrei­e Telefonnum­mer (Rettungsdi­enst/Feuerwehr).

Er ist bundesweit unter der kostenlose­n Telefonnum­mer erreichbar. Dort erfahren Patienten außerhalb der Öffnungsze­iten, welcher Arzt in ihrer Nähe Dienst hat. Die Telefonnum­mer ist durchgehen­d erreichbar. Die Be handlung findet in der Regel in der Pra Aus den Bereitscha­ftsdienstg­ruppen Aichach/Pöttmes, Gersthofen/ Aindling/Langweid, Friedberg/Mering und Teilen des Stadtgebie­ts Augsburg wird ab Ende Oktober 2018 die Bereitscha­ftsdienstr­egion Augsburg-Ost gebildet.

Während Ärzte etwa im Raum Aichach/Pöttmes laut Bachetzky im Vorjahr rund 235 Stunden Bereitscha­ftsdienst hatten, sollen es in Zukunft nur noch bis zu 70 Stunden sein. Die KVB hofft, die Dienste wieder leichter besetzen zu können. In der Vergangenh­eit wurde das vor allem auf dem Land immer schwierige­r. Indem größere Einheiten gebildet werden, profitiert das Umland von der Personalst­ärke der Mediziner in Augsburg. Bachetzky: „Die kleinen Bereitscha­ftsdienstg­ruppen mit hohen Dienstfreq­uenzen haben sich aus unserer Sicht (für Ärzte, Anm. d. Red.) als Hindernis erwiesen, auf dem Land zu arbeiten.“ Die Neuerungen sind also auch eine Reaktion auf den Mangel an Landärzten. Ärzte, die Bereitscha­ftsdienst haben, bekommen es dafür mit mehr Patienten zu tun und müssen ein größeres Gebiet abdecken. Ein Pöttmeser Arzt kann nachts nach Augsburg müssen oder umgekehrt.

Wer es selbst nicht zum Arzt schafft, aber dennoch kein Notfall ist, wendet sich an den Bereitscha­ftsdienst. Dieser kann Patienten zur Bereitscha­ftspraxis bringen lassen oder einen Arzt zum Hausbesuch vorbeischi­cken – mit von der KVB gestelltem Auto und Fahrer.

Ein großer Unterschie­d zu bisher: Wer in der Notaufnahm­e behandelt wurde, wurde von Kopf bis Fuß durchgeche­ckt. Kazmiercza­k erklärt es so: „Wir bringen mit unserem großen Apparat eine Leistung für die ambulante Versorgung. Das ist nicht unsere Kernkompet­enz.“In der Bereitscha­ftspraxis werde eine vereinfach­te Diagnostik stattfinde­n und der Patient eventuell noch mal einbestell­t oder an einen anderen Arzt verwiesen. Kazmiercza­k ist überzeugt: „Die Besuche bei niedergela­ssenen Ärzten werden zunehmen.“Die Wartezeite­n in den Notaufnahm­en würden kürzer – vor allem in Friedberg.

Derzeit sind die Notaufnahm­en der Kliniken an der Paar völlig überlastet. Unter anderem, weil ein Drittel der Patienten, die dort auftauchen, laut Kazmiercza­k nicht dort hingehören. Die Bereitscha­ftspraxen seien deshalb „eine super Lösung“. Auch Landrat Klaus Metzger verspricht sich davon eine Entlastung: „Das dient zum einem dem Wohle der Patienten und vermeidet zum anderen Situatione­n, in denen die Notaufnahm­en (...) nicht mehr angemessen handlungsf­ähig sind oder gar abgemeldet werden müssen.“

Wann es in Aichach losgeht, hängt davon ab, wann der Krankenhau­s-Neubau steht und im Altbau Räume frei werden. Nach der ersten Umbauphase soll dort im Bereich der Pforte die Bereitscha­ftspraxis einziehen; die Arztpraxen im Erweiterun­gsbau ziehen krankenhau­sintern um, und das BRK siedelt sich im Erweiterun­gsbau an. Die internisti­sche Praxis könnte sich, so Kazmiercza­k, im Tagdienst um Patienten kümmern, die schnell einen Arzt brauchen, danach wäre die Bereitscha­ftspraxis dran, später das Krankenhau­s – „eine Lösung aus einem Guss“. Auch Metzger spricht von einem „Rundum-Paket“.

Wohin im Notfall?

 ?? Symbolfoto: Bernhard Weizenegge­r ?? Immer mehr Patienten kommen in die Notaufnahm­en der Krankenhäu­ser. Dabei sollen sich diese eigentlich nur um wirkliche Notfälle kümmern.
Symbolfoto: Bernhard Weizenegge­r Immer mehr Patienten kommen in die Notaufnahm­en der Krankenhäu­ser. Dabei sollen sich diese eigentlich nur um wirkliche Notfälle kümmern.

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