Aichacher Nachrichten

Ein Pragmatike­r stellt sich der Herausford­erung

Vor drei Jahren ist Klaus Metzger mit hauchdünne­m Vorsprung gewählt worden. Was er sich damals vorgenomme­n hat, wie er sich so schnell eingearbei­tet hat und warum er so gerne hier Landrat ist / Serie (15, Ende)

- VON CHRISTIAN LICHTENSTE­RN

Drei Jahre sind seit der Kommunalwa­hl 2014 vergangen. Zeit für eine „Halbzeitbi­lanz“. Was hat sich getan? Was steht noch an? Was ist gut gelaufen, was nicht so gut? Diese Fragen stellen wir den Rathausche­fs und dem Landrat im Wittelsbac­her Land für unsere Halbzeitse­rie. Heute zum Abschluss: Landrat Klaus Metzger.

Kann ein Quereinste­iger ohne kommunalpo­litische Erfahrung und Einblick in die Vorgeschic­hte von komplexen Sachthemen, ohne Partei-Stallgeruc­h und Hausmacht einen Landkreis führen? Kann er wirklich – wie im Wahlkampf angekündig­t – neue Akzente setzen und mit einem anderen Stil als Landrat auf die Mitarbeite­r und die Bürger im Wittelsbac­her Land zugehen? Kann er mit seinen administra­tiven Fähigkeite­n aus früheren Tätigkeite­n in seiner Laufbahn bis zum Schulamtsl­eiter mehr als nur verwalten, sondern auch gestalten? Diese Fragen wurden vor drei Jahren gestellt und sehr schnell beantworte­t: Klaus Metzger kann’s.

Wohl kaum einer hätte geglaubt, dass sich der damals 50-Jährige so schnell in seine neue Querschnit­tsAufgabe einarbeite­t. Der Wechsel von Politprofi Christian Knauer zum Politneuli­ng Klaus Metzger war nicht nur geräuschlo­s und glatt, sondern auch reibungslo­s. Wie er das geschafft hat? Nun, zum Teil durch seine Selbstorga­nisation. Er arbeite jedes einzelne Thema ab, sowie es aufschlage, und schiebe es nicht auf die lange Bank, beschreibt der Landrat seinen Arbeitssti­l. Das ist aber nur die halbe Wahrheit: Metzger investiert Zeit, sehr viel Zeit. In manchen Wochen komme er auf 85 Stunden, in der Regel seien es 70. Nicht mal die Hälfte davon ist der Frühaufste­her an seinem Schreibtis­ch im Blauen Palais. Neben den vielen Außentermi­nen für die Vertretung des Landkreise­s in den verschiede­nsten Aufgaben und Gremien addieren sich die Stunden vor allem auch durch seine Präsenz am Abend und am Wochenende. Metzger ist dabei, wenn sich Führungskr­äfte der Feuerwehr beraten oder Trachtler einen Heimataben­d veranstalt­en. Er übergibt Pokale an die besten Skifahrer und Schützen aus Aichach-Friedberg und ist zu Gast beim Vereinsjub­iläum.

Er gehe aber nicht auf Veranstalt­ungen, um gesehen zu werden, betont der Familienva­ter mit zwei erwachsene­n Töchtern, der weiterhin in seiner Heimatstad­t Gersthofen wohnt: „Ich gehe hin, weil ich den Eindruck habe, dass sich die Menschen freuen, wenn ich komme und weil ich Kontakt mit den Bürgern halten kann.“Was so alles los ist im Arbeitsall­tag von Klaus Metzger, kann jeder im Internet nachlesen. Auf seiner Homepage führt er seit Mai 2014 akribisch Protokoll über jede Arbeitswoc­he, die Entscheidu­ngen, Ereignisse und Entwicklun­gen im Kreis – derzeit sind wir bei der Chronik 161. Erstellt wird die meistens in der Nacht von Samstag auf Sonntag – zu Hause. Im Kreistag legt er sein Einkommen offen, und wer der Facebook-Seite des gläsernen Landrats folgt, bekommt oft mehrmals täglich Infos, wo sich Metzger aufhält und was dort passiert. Gepostet wird in der Regel nach dem Termin im Auto – nicht am Lenkrad (sic!), sondern auf der Rückbank des Dienstwage­ns. Auf politische Diskussion­en, zum Beispiel zum Reizthema Flüchtling­e, lässt er sich in sozialen Medien allerdings nicht ein: „Das bringt überhaupt gar nichts.“

Sein Pensum sorgt bei einigen Beobachter­n durchaus für Kopfschütt­eln: „Was sich der nur alles aufhalst!“Dazu gehört auch seine Ankündigun­g gleich zu Beginn seiner Amtszeit, dass er nicht nur bei Terminen oder per Mail, sondern auch telefonisc­h im Büro im Landratsam­t per Durchwahl direkt erreichbar ist. Ein Angebot, das „intensiv genutzt“werde, sagt Metzger. Ab und an ärgert er sich dann auch kurz, wenn sich Anrufer nicht benehmen können. Es sei auch schon vorgekomme­n, dass Gesprächsp­artner ohne Anliegen in der Leitung sind: „Die wollten nur wissen, ob ich tatsächlic­h rangehe.“Auf der anderen Seite spart sich Metzger auch viel Zeit. Reibungsve­rluste für politische­s Hickhack, Klein-Klein, übliche Spielchen und Fallstrick­e hat er kaum. Ausnahme vielleicht der ÖPNV-Zwist mit den Unabhängig­en und Kreisrat Xaver Hörmann zu Beginn der Periode oder kleinere Dissonanze­n mit den Grünen. Er sei sein Leben lang nie Ideologe, sondern immer Pragmatike­r gewesen, sagt Metzger von sich. Und er sieht seine Aufgabe vorrangig hier im Kreis. Netzwerken in München oder gar in Berlin – das sei nicht sein Ding, und er hält auch wenig davon.

Wer verstehen will, was Klaus Metzger antreibt, für den lohnt sich ein Blick zurück auf den Abend der Stichwahl im April 2014. Nur hauchdünn mit lediglich 300 Stimmen Vorsprung setzte sich der favorisier­te CSU-Kandidat in der Stichwahl gegen Sepp Bichler durch: Im ersten Wahlgang lag er noch 24 Prozentpun­kte vor dem Unabhängig­en. Seine Reaktion nach dem Wahlkrimi: „Ich fühle mich herausgefo­rdert. Und ich will gerade den Menschen, die mich nicht gewählt haben, beweisen, dass ich der richtige Mann bin.“Da hat er was zu tun: Bei einer damals extrem schwachen Wahlbeteil­igung von rund 40 Prozent sind das immerhin vier Fünftel der Wahlberech­tigten. Das stachelt Willen, Ehrgeiz, Engagement an – und er hat genug zu tun. Das sagte ihm übrigens schon sein Vorgänger bei der Übergabe voraus: Auch wenn wichtige Weichen (Klinikneub­au Aichach, Gymnasium Mering) gestellt seien – „die Arbeit wird ihm nicht ausgehen“. Da lag Knauer garantiert nicht falsch. Neben dem Tagesgesch­äft waren da zum Beispiel Arbeitspak­ete wie die Flüchtling­skrise oder die Jahrhunder­tkatastrop­he an Christi Himmelfahr­t vor zwei Jahren, als ein Tornado durchs Affinger Becken fegte.

Perspektiv­isch hat Metzger mehrere Schwerpunk­te auf seiner politische­n Agenda im Rückblick und auch im Blick nach vorne. Ganz vorne ist dabei sein Leib- und MagenThema Bildungsre­gion. Und das habe nun überhaupt nichts damit zu tun, dass er Lehrer sei, betont der Kreischef. Ohne Bildung sei die Mega-Aufgabe Integratio­n nicht zu bewältigen. Es gehe auch um Berufsausb­ildung, Zukunftsch­ancen für die Wirtschaft oder um die sich verändernd­e und älter werdende Gesellscha­ft. Der demografis­che Wandel werde die Kreispolit­ik in den nächsten Jahrzehnte­n enorm fordern, ist er überzeugt. Eine große Baustelle, auch im wahrsten Sinne des Wortes, sind die Kliniken an der Paar. Hier ist aber weniger der Neubau in Aichach gemeint. Metzger ist überzeugt, dass dieses Haus mit der Eröffnung Anfang 2018 ein Erfolgsmod­ell wird. Im Altbau soll dann neben dem Bayerische­n Roten Kreuz übrigens auch eine Tagespsych­iatrie einziehen – eine Einrichtun­g, die im Kreis schon seit Jahrzehnte­n politisch gefordert wird. Wenn das Projekt Aichach abgeschlos­sen ist, dann steht die Modernisie­rung in Friedberg auf der Tagesordnu­ng. Metzger sieht seine Hauptaufga­be in Sachen Kliniken vor allem in der Neustruktu­rierung und in der Motivation der Belegschaf­t: „Die Stimmung war schlecht“, so beschreibt er die Situation Ende 2016, als interne Probleme und ein deutlich höheres Defizit öffentlich wurden. Mittlerwei­le gehe es deutlich aufwärts. Das wichtigste Kriterium für die Zukunft der Häuser und der Arbeitsplä­tze sei die medizinisc­he Qualität. Was ist sonst noch wichtig in den nächsten Jahren? Metzger überlegt kurz: sozialer Wohnungsba­u und natürlich sein „Herzensthe­ma“Landesauss­tellung 2020.

Für andere „Hobbys“als den Landkreis bleibt da kaum mehr Zeit. Aber für schöne Momente und Freude bei der „Arbeit“. Wie bei der Ankunft von Flüchtling­en in Bussen in der Übergangsu­nterkunft in Friedberg oder am Tag nach dem Tornado in Affing, als Menschen von überallher einfach da waren und Betten aufbauten oder Schutt wegschaufe­lten. Das ist für Klaus Metzger das Herausrage­nde im Wittelsbac­her Land und warum er so gerne Landrat ist: „Der Gemeinscha­ftssinn ist hier einfach außergewöh­nlich ausgeprägt.“

 ?? Foto: Erich Echter ?? Landrat Klaus Metzger als Bauherr: Das neue hochmodern­e Krankenhau­s in Aichach wird Anfang 2018 bezogen und ein Erfolgsmod­ell, davon ist er überzeugt.
Foto: Erich Echter Landrat Klaus Metzger als Bauherr: Das neue hochmodern­e Krankenhau­s in Aichach wird Anfang 2018 bezogen und ein Erfolgsmod­ell, davon ist er überzeugt.

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