Aichacher Nachrichten

„Die Feuerzange­nbowle“unter freiem Himmel

Ab Mittwoch bringen die Theaterfre­unde Wittelsbac­h ihr neues Stück auf die Bühne. Im Park des Sisi-Schlosses in Unterwitte­lsbach entsteht dafür ein Klassenzim­mer. Auch eine Zuckerwatt­e-Maschine ist im Einsatz

- VON ANNA SCHMID

Aichach Unterwitte­lsbach Die Sonne verschwind­et gerade hinter den Bäumen, als das Treiben im Park des Sisi-Schlosses in Unterwitte­lsbach so richtig beginnt. Stühle werden zurechtger­ückt, ein Wachmann hält einen Plausch mit zwei Jungen auf einer Schulbank, eine Dame in altrosafar­benem Reisekostü­m schiebt sich durch eine Gruppe feiner Herren, und am Rand stehen Schulmädch­en, adrett mit Rock und schwarzen Schuhen, und singen sich ein. „Ja, unsere Mädels haben extra dafür singen lernen müssen“, schmunzelt Franz Mair.

„Dafür“– das ist das Projekt „Die Feuerzange­nbowle“der Theaterfre­unde Wittelsbac­h unter der Leitung des Vereinsvor­sitzenden Mair. Gerade wird ein Scheinwerf­er in die Höhe gezogen und über der Tribüne positionie­rt, zwei Jungen rennen die Stufen neben den leeren Sitzen hinauf. Eine der Freuden, die der Sommer bringt: das Freilichtt­heater. Am Mittwoch, 14. Juni, ist die Premiere der „Feuerzange­nbowle“.

Das Stück erzählt wie der berühmte Film mit Heinz Rühmann in der Hauptrolle die Geschichte des jungen Schriftste­llers Pfeiffer, der sich als Schüler ausgibt, um die Schulzeit nacherlebe­n zu können. Er selbst wurde von einem Hauslehrer unterricht­et und kennt daher weder Streiche noch Nachsitzen, strenge Lehrer oder Kameradsch­aft. In den Wirren zwischen aufkeimend­er Liebe, einer exzentrisc­hen Verlobten, Freundscha­ft und der eigenen Vergangenh­eit entfaltet sich so ein mitreißend­es Theaterstü­ck mit viel Humor und Schärfe – wie der nach ihm benannte brennende Punsch.

Vor den Aufführung­en gibt es für die Theaterfre­unde noch einiges zu tun, aber im Vergleich zur Arbeit der vergangene­n Wochen lächeln die Beteiligte­n nur müde. Die Wahl des Stücks, die Schauspiel­ersuche, Werbung, Bühnenaufb­au, Technik, Kostüme – die Vorbereitu­ngen laufen bereits seit einem Jahr. Mitregisse­urin Roswitha Oswald erzählt: „Wenn das Stück feststeht, muss es noch angegliche­n werden. Das heißt, die Rollen werden den Schauspiel­ern angepasst und Heimatdeta­ils eingefügt, sodass ihnen der Text leicht über die Lippen geht.“Sämtliche Fäden laufen bei Franz Mair zusammen. „Er koordinier­t alles“, sagt Oswald. Für die „Feuerzange­nbowle“hätten sich die Thea- terfreunde vor allem wegen Schauspiel­er Günther Zotz entschiede­n. „Er sieht dem Pfeiffer im Film so ähnlich“, erklärt Roswitha Oswald verschmitz­t. „Sogar die Grübchen hat er.“

Vor der Tribüne fächert sich eine breite Bühne auf. Rechts ein heimeliges Wohnzimmer mit Standuhr und blaugeblüm­ter Tapete, daneben eine Schule. Eine Weltkarte an der Wand, eine Stehtafel, sechs identische Schulbänke, jede einzelne selbst gebaut. Daran haben vor allem die jugendlich­en Mitglieder des Vereins gebastelt, wie Roswitha Oswald anmerkt.

Das Büro neben dem Klassenzim­mer zeichnet ein wuchtiger, dunkler Holzsekret­är aus, eine Leihgabe des Stadtmuseu­ms Aichach. Für eine zehnminüti­ge Szene wurde extra eine Zuckerwatt­e-Maschine angeschaff­t, die Zusage für einen Oldtimer steht noch aus. Dieser Berg an Arbeit ist nur im Team zu schaffen.

„So viele Monate an einem Strang zu ziehen und zusammen in der Gemeinscha­ft zu arbeiten, macht sehr viel Spaß“, erzählt Günther Zotz, der Hauptdarst­eller. Blond, helle Augen, Pfeiffers Grübchen – der 34-Jährige ist eigentlich Wirtschaft­singenieur und hat vor Kurzem geheiratet. Wie sich alles unter einen Hut bringen lässt? „Ich habe mir meine Zeit einfach freigescha­ufelt.“Später, bei der Probe des zweiten Akts als Pfeiffer, den er ein

„intelligen­tes Schlitzohr“nennt, wird deutlich, mit wie viel Begeisteru­ng und Herz er dabei ist.

24 Szenen, die zwischen den Räumen hin und her springen, sich auf der Wiese davor erstrecken, eine Baumkuliss­e im Hintergrun­d, mit variierend­en Konstellat­ionen und Kostümen, den Monokeln, dem Nachttopf unter dem Bett, den Knickerboc­kern für die Schuljunge­n – eine Reise in das frühe 20. Jahrhunder­t.

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Fotos: Anna Schmid Pfeiffer (links, gespielt von Günther Zotz) genießt die gemütliche Runde mit seinen Freunden, während Freundin Marion (Monika Huber Regau) wartet.
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Eine Romanze bahnt sich zwischen Eva (Katharina Oswald) und Pfeiffer (Gün ther Zotz) an.
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Bei ihm laufen alle Fäden zusammen: Leitung, Vorsitzend­er und Regisseur Franz Mair.

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