Siebter Roman eines Lebens
Gerhard Henschel setzt seine Serie fort
Schon aus den Titeln ergibt sich ein Lebenspanorama: „Kindheitsroman“, „Jugendroman“, „Liebesroman“, „Abenteuerroman“, „Bildungsroman“, „Künstlerroman“– und jetzt „Arbeiterroman“. Gerhard Henschel schreibt seit 13 Jahren und im inzwischen siebten Werk an der Biografie eines Martin Schlosser. Sie ist neben der auf elf Teile angelegten Serie von Andreas Maier („Das Zimmer“, „Das Haus“, „Die Straße“…) das größte autobiografisch angelehnte deutsche Romanprojekt, mit jedem Teil neu zugänglich, aber launiger und umfassend. Der aktuelle Teil setzt im Jahr 1988 an, Schlosser ist 26, versucht, seine Autorenkarriere in Schwung zu bringen, schuftet als Lagerarbeiter, liebt hinreißend seine im Jugendzentrum tapfer pädagogisierende Andrea, leidet an der Ehekrise seiner Eltern, hat den Tod eines Vetters zu verkraften. Und dazwischen wirft Edmund Stoiber dem SPDler Lafontaine vor, er strebe eine „durchrasste“Gesellschaft an, verliert Deutschland im EMHalbfinale gegen die Niederlande, hebt jene Esoterik-Welle an, über die Schlosser die Romansatire „Das erwachende Selber“schreibt, gibt’s Neues von Bob Dylan, singt der ausgebürgerte Biermann in „Wetten, daß..?“: „Mein lieber Gorbi, / det macht mir Sorgi…“, huldigt Henschel zudem Walter Kempowski, Eckhard Henscheid, Thomas Bernhard… Ein weiterer Erinnerungsreigen, wieder eine Schmökerfreude. (ws)