Aichacher Nachrichten

Vom Häuptling zum Seniorenbe­treuer

Am Wochenende ist Premiere: Zum zwölften Mal inszeniert der Österreich­er Peter Görlach die Kämpfe bei den Karl-May-Festspiele­n in Dasing. Nun wechselt er den Hauptberuf und kümmert sich um alte Menschen

- VON PETER STÖBICH

Gestorben ist Peter Görlach bei den Karl-May-Festspiele­n schon mehrmals, doch dieses Jahr wird er als Häuptling Nalgu Mokaschi in seiner Inszenieru­ng „Die Felsenburg“überleben.

Zum zwölften Mal ist er für die Aufführung­en in der Dasinger Western-City verantwort­lich, trotzdem leidet er immer noch an Lampenfieb­er: „Vor der Premiere ist es jedes Mal am schlimmste­n.“Damit in der Freilicht-Arena alles klappt, hat er sich bei seinem neuen Arbeitgebe­r, dem Betreuungs­dienst Home Instead, eine Woche Urlaub genommen. Für diese soziale Aufgabe hat er sich aus seinem Vollzeitjo­b als „Mädchen für alles“in der Western-City zurückgezo­gen und wird dort auch in Zukunft nur für die Festspiele zuständig sein. „An den Sommerwoch­enenden lebe ich weiter gern meinen Kindheitst­raum als Indianer. Aber mir macht auch die Betreuung von Menschen sehr viel Freude, denn man spürt unmittelba­r ihre Dankbarkei­t.“

Görlach selbst ist dem Schicksal dankbar dafür, dass er in Dasing seit 2006 seine Vision realisiere­n kann. Der gebürtige Wiener wollte ursprüngli­ch Tiermedizi­ner werden, lernte nach dem Fachabitur Hochbauing­enieur, brach die Ausbildung aber ab, um sich ganz dem Theater zu widmen.

„Das hat mich schon als Zehnjährig­er fasziniert, als ich im Wohnzimmer Indianer spielte.“1988 gründete Görlach die Karl-MayFestspi­ele Gföhl in Niederöste­rreich, wo er als Co-Organisato­r, Textbuchau­tor und Winnetou-Darsteller tätig war. Schauspiel­unterricht sowie eine Stunt- und Trickreite­rausbildun­g in Ungarn bildeten die Basis für die Gründung der KarlMay-Spiele in Winzendorf, die 1994 starteten. Dort war er fünf Jahre für künstleris­che Leitung und Organisati­on verantwort­lich.

Als Buchautor, Regisseur, Hauptdarst­eller und Stuntkoord­inator brachte und bringt er nun seine Erfahrunge­n bei den Süddeutsch­en Karl-May-Festspiele­n ein und vermittelt den Zuschauern auch einen Teil der indianisch­en Philosophi­e: „Ich will keine wilden Action-Baller-Aufführung­en, sondern das Märchenhaf­te und die Romantik der May-Bücher als Unterhaltu­ng für die ganze Familie präsentier­en.“

Trotzdem dürfen auch in der aktuellen Inszenieru­ng spannende Kampfszene­n nicht fehlen, für die sich Görlach Tipps bei erfahrenen Profis holt. „Bei drei Aufführung­en am Wochenende im Galopp vom Pferd zu springen, wird nicht leichter, wenn man auf die 50 zugeht“, räumt er ein. Ernsthaft verletzt hat er sich in den zwölf Jahren nicht, aber er erinnert sich an andere schwierige Situatione­n vor Publikum: „Für einen Zweikampf hatte ich mein Tomahawk vergessen und stand waffenlos in der Arena.“Geistesgeg­enwärtig riss er einem verdutzten Statisten dessen Waffe aus dem Gürtel – die Szene war gerettet.

Eines seiner schönsten Erlebnisse war 2012 die Begegnung mit FilmWinnet­ou Pierre Brice, drei Jahre vor dessen Tod: „Ich hatte ihn 1978 bei einer Aufführung in der Wiener Stadthalle gesehen, und jetzt war er in Dasing Ehrengast bei meiner Ölprinz-Inszenieru­ng – ein sehr charismati­scher Mann!“

Wenige Wochen vor Brice starb 2015 Fred Rai, den Görlach nicht nur als cleveren Geschäftsm­ann in Erinnerung hat: „Er war ein Freund mit vielen tollen Ideen, der uns allen sehr fehlt.“

Aber auch ohne den Gründer der Western-City geht die Show weiter, an der bis zu 80 Darsteller und Statisten mit ihren Pferden teilnehmen. In der „Felsenburg“greift Görlach Motive aus dem riesigen May-Kosmos auf. Zwei Teile der WinnetouTr­ilogie waren in Dasing bereits zu sehen, doch den Schluss will Peter Görlach bewusst nicht inszeniere­n. „Denn wir möchten unser Publikum zum Träumen bringen und von den Festspiele­n mit positiven Gefühlen nach Hause schicken“, sagt er, „deshalb darf Winnetou in der Western-City nicht sterben.“

Um Mays Vorlage an die Gegebenhei­ten der relativ kleinen Freilichtb­ühne anzupassen, sitzt Görlach viele Nächte vor seinem Computer. „Am Anfang sollte eine Konfrontat­ion stehen, um die Geschichte in Schwung zu bringen“, verrät er. Ein überrasche­nder Wendepunkt sei für das Publikum ebenso wichtig wie Humor oder ein Duell; aber auch Martin Boettchers bekannte Musik aus den WinnetouFi­lmen der 1960-er versetzt die Zuschauer in Wildwest-Atmosphäre.

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Fotos: Peter Stöbich Seine Begeisteru­ng für die Welt der Indianer hat Peter Görlach zum Beruf gemacht.
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Privat ist der 49 Jährige ein sozial enga gierter Mann mit spirituell­em Hinter grund.

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