Aichacher Nachrichten

Frieden ist in uns

Wie er sich entfalten kann, erkundet das Eukitea in seiner Sommerauff­ührung auf der Anhauser Waldbühne

- VON CLAUDIA KNIESS

„Frieden ist!“– der Titel der diesjährig­en Eukitea-Open-Air-Produktion mutet an, als hätte das Ensemble um den künstleris­chen Leiter Stephan Eckl seit mindestens 2015 keine Nachrichte­n geschaut, keine Zeitungen gelesen und das World Wide Web komplett ignoriert. Statt globaler Krisen auf der Waldbühne Anhausen ein lokales Idyll: Theatermac­her mit großer Botschaft, Zuschauer teils auf bunten Picknickde­cken und ein Theatercaf­é mit fair-ökologisch­en „Wald- und Wiesenköst­lichkeiten“.

Anspruch von Eckl und Mitregisse­ur Olaf Dröge ist aber natürlich nicht, den Unfrieden auf der Welt zu übersehen, sondern „in diesen bewegten anspruchsv­ollen Zeiten zu zeigen: Frieden ist möglich. Jetzt! Frieden ist in uns, immer… und wartet darauf sich entfalten zu dürfen,“wie es im Programmfl­yer heißt. Auf der Waldbühne entfaltet sich aus dieser Hoffnung ein Abend mit acht Schauspiel­ern und Geflüchtet­en, die mit unterschie­dlichen theatralen Mitteln das Thema Frieden und was ihm im Wege steht umkreisen. Rund um einen abgeklebte­n großen weißen Kreis auf den Brettern der Waldbühne liegen Europalett­en in allen möglichen Formatione­n: als Strandgut lebensgefä­hrlich gekenterte­r Migrations­pläne? Als Konsumkrit­ik, weil uns Waren, wie sie tonnenweis­e auf solchen Paletten transporti­ert werden, ungleich sicherer erreichen als Menschen, die unsere Hilfe brauchen?

Auf und mit acht Hockern erkunden die Performer vor den Palettenbe­rgen verschiede­ne Aspekte persönlich­en, sozialen und politische­n Unfriedens: Zeitmangel, Nachrichte­n aus Krisenherd­en, äußere Zwänge … Ein wilder Ausdruckst­anz geht augenzwink­ernd in die Macarena über und später in Armbewegun­gen wie den Flügelschl­ag von Friedensta­uben. Sieben Spieler verkörpern auf ihren Hockern wie auf Sockeln stehend Allegorien von Reichtum, Erfolg, Schönheit oder Harmonie, zwischen deren Lockungen eine Frau hin und her irrt und nichts als Unsicherhe­it und Stress erntet. Ein Performer erzählt die bewegende Liebesgesc­hichte seiner Eltern im Turin der Kriegs- und Nachkriegs­jahre und erspielt ihr ein posthumes Happy End.

Trotz alledem hat die Inszenieru­ng nicht die kreative Verve früherer Eukitea-Sommerthea­ter, wie die des furiosen „Hamlet“vor zwei Jahren, und manchmal muten die acht an wie gestrandet­e Außerirdis­che, die zuletzt während der Friedensbe­wegung der 70er und 80er Jahre auf der Erde waren. Sätze wie „Der Teppich des Friedens wird bunt und lebendig durch deine Liebe“erscheinen naiv und die vielen Adjektive, mit denen das Projekt im Flyer beschriebe­n wird, machen es dem Publikum schwer, eigene Erfahrunge­n zu machen. So wie die Produkte im Café nicht weniger als „natürlich, homemade, fairtrade und ökologisch“sind (woran natürlich nichts falsch ist, aber vielleicht würde man lieber mehr erschmecke­n als erlesen), so wird die Waldtheate­rPerforman­ce im Flyer unter anderem als „intensiv, poetisch verzaubern­d, leidenscha­ftlich, beherzt, überrasche­nd und tiefberühr­end“angekündig­t.

In Teilen wirkt „Frieden ist!“dann aber eher erwartbar und rührend – wenn man es mit feuilleton­istischem Blick beurteilt. Lässt man den zu Hause, erlebt man Menschen, deren authentisc­her, Theater gewordener Optimismus und deren unerschütt­erlicher Glaube an das Gute von der Waldbühne aus weit über das Schmuttert­al strahlen – und vielleicht durch die bewegten Herzen ihrer Zuschauer auch ein Stück weit in den Alltag in und um Augsburg.

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Mit Tanz, Spiel und Sprache umkreisen die Darsteller des Eukitea Theaters in ihrer Open Air Aufführung das Thema Frieden.
Foto: Marcus Merk Mit Tanz, Spiel und Sprache umkreisen die Darsteller des Eukitea Theaters in ihrer Open Air Aufführung das Thema Frieden.

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