Prüflinge dürfen Richterin ablecken
Das geht – wenn Golden Retriever beurteilt werden. Am Sisi-Schloss in Unterwittelsbach halten sich 200 Hunde auf. Dennoch bleibt es auf dem Gelände sehr ruhig
Murphy hat mit Prüfungen kein Problem. Entspannt läuft er neben Besitzerin Sabine Grad eine Runde, unter den kritischen Blicken der Richterin Beate Ting. Als diese anschließend durch sein Fell tastet, zuerst die Wirbelsäule entlang und dann den Hals hinunter, schleckt er ihr begeistert über die Hand und wedelt mit dem Schwanz.
Es gibt strenge Rassenstandards für Golden Retriever, gleichmäßiges Scherengebiss, gerader Rücken, kurze, kräftige Lenden, zurückliegendes, langes Schulterblatt. Murphy schneidet gut ab, Grad wuschelt durch sein helles, glänzendes Fell. „Jetzt darf er wieder rumdreckeln und Hund sein“, schmunzelt sie. Zur 29. Spezialhundeausstellung in Aichach sind 143 Retriever gemeldet. Auf dem Gelände des SisiSchloss tummeln sich jedoch weit mehr Hunde.
Susanne Scheuringer, die Sonderleitung der Ausstellung, erklärt: „Viele haben alle ihre Hunde dabei, nicht nur die, die geprüft werden.“Es seien bestimmt 200 Hunde auf dem Gelände. Der DRC, der Deutsche Retriever Club der Landes- gruppe Süd, bietet auch dieses Jahr wieder die Kombination aus „Work and Show“an. Bei der „Show“wird der Hund ausgestellt und bewertet, „Work“bezeichnet die Simulation von Jagdsituationen, in denen die Retriever Dummies finden und apportieren müssen.
Labradore und Golden Retriever sind jedem ein Begriff, aber außer den zwei bekannten Rassen gibt es auch die eleganten schwarzen FlatCoated, den Chesapeake, den Curly- Coated und die kleinere Rasse der Nova Scotia Duck Tolling Retriever, was so viel bedeutet wie „neuschottländischer Enten anlockender Apportierhund“. Was alle Retriever gemeinsam haben, ist nicht nur die typische Form ihrer Schlappohren, sondern auch ihre Ruhe, wenn sie ausgelastet sind. „Bei 200 Hunden auf dem Gelände hört man keinen einzigen bellen“, sagt Scheuringer.
Die meisten Prüfungen werden abgelegt, um mit dem Hund züchten zu dürfen, also ist keiner der Rüden kastriert. Es gibt dennoch keine Unruhe, keine Aggressivität. Die Hunde liegen entspannt im Schatten, trotten neben ihren Frauchen und Herrchen durch den Park, beschnuppern Neulinge. Bei einem Stand gibt es von Claudia GallKempter selbst gebackene Leckerlis wie Parmesantörtchen oder Popcorn mit Leberwurst, alles hundetauglich aus Dinkelmehl, mit denen die Geprüften belohnt werden.
Zwei Flat-Coated Retriever freuen sich auf eine Wiedervereinigung nach der Prüfung und schlecken sich über die Schnauzen. „Man kann einen Retriever zum Hochleistungssportler machen“, verdeutlicht Susanne Scheuringer, „aber wenn man ihn kopflich nicht fordert, ist er trotzdem nicht ausgelastet.“Malu, ein kleiner Golden Retriever, rutscht auf dem Bauch über das Gras bis zur Abgrenzung des Rings, einem bunten Plastikband, an dem er herumknabbert, bis er entdeckt wird. Der Welpe ist erst 16 Wochen alt. „Irgendwann macht er auch bei den Prüfungen mit“, sagt Claudia Koller aus Nürnberg und lacht, als Malu sich aufrichtet und mit gereckter Brust verharrt, ganz in Show-Manier.