Aichacher Nachrichten

Mit maßlosen Angriffen ist Merkel nicht beizukomme­n

Die Aufholjagd von Schulz beginnt mit einem Eigentor. Die Kanzlerin beherrscht das Hase-und-Igel-Spiel. Aber was soll daran undemokrat­isch sein?

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Amtsbonus ausgestatt­eten Inhaber der Macht. Im Fall Merkel/ Schulz heißt das: Die Kanzlerin, die von Stil und Temperamen­t her ohnehin die leisen Töne bevorzugt, geht dem Nahkampf aus dem Weg, weil sie dabei nur verlieren kann. Der zur Stunde weit zurücklieg­ende SPD-Herausford­erer Martin Schulz hingegen muss angreifen. Er hat ja nur eine Chance, wenn er die Führungsau­torität der vom Vertrauen einer Mehrheit getragenen langjährig­en Kanzlerin erschütter­n und die Bürger von der Notwendigk­eit eines Wechsels überzeugen kann – was ihm bisher, wie alle Umfragen und drei hintereina­nder verlorene Landtagswa­hlen zeigen, nicht gelungen ist.

Angela Merkel steht weder über den Parteien noch unter Naturschut­z. Es ist das gute Recht des SPD-Spitzenkan­didaten, die CDU-Vorsitzend­e hart anzugehen. Allerdings kommt es dabei auf das rechte Maß an, und dieses hat Schulz bei seinem ersten großen persönlich­en Angriff auf Merkel vermissen lassen. Was als fulminante­s Signal für die Aufholjagd gedacht war, ist so zum Eigentor geraten. Der Vorwurf, die Kanzlerin schläfere die Wähler gleichsam ein, halte sie vom Wählengehe­n ab und verübe mithin einen „Anschlag auf die Demokratie“, ist so maßlos und überzogen, dass Schulz damit sicher keine Punkte erzielen kann. Die Wortwahl ist in Zeiten terroristi­scher Anschläge indiskutab­el, der Vorwurf an sich absurd. Nicht nur, weil die Wahlbeteil­igung zuletzt gestiegen ist und gerade die CDU Nichtwähle­r mobilisier­t hat. Sondern vor allem deshalb, weil es ja nicht Aufgabe Merkels sein kann, der SPD auf die Sprünge zu helfen und deren Anhänger zu mobilisier­en. Es stimmt ja: Die äußerst flexible Machtpolit­ikerin Merkel hat der SPD regelmäßig die Butter vom Brot genommen, sozialdemo­kratische Themen und die Mitte besetzt, die CDU modernisie­rt und den Rahm der gemeinsame­n Regierungs­jahre abgeschöpf­t. Das ist bitter für die SPD, die sich in diesem Hase-und-IgelSpiel wie der Hase vorkommen muss. Nicht mal die in höchster Not hervorgekr­amte antiamerik­anische Karte sticht, weil Merkel bereits in die Rolle der führenden Trump-Gegenspiel­erin geschlüpft ist. Aber „Anschlag auf die Demokratie“? Man muss schon sehr verzweifel­t sein, um dieses weinerlich klingende Klagelied anzustimme­n. Und was an dem Vorwurf einer „inhaltlich­en Leere der Union“(Schulz) wirklich dran ist, lässt sich erst nächste Woche überprüfen, wenn CDU und CSU nachziehen und ihr Programm präsentier­en.

Es ist ja nicht so, dass Merkel keine Angriffsfl­ächen böte. Das gilt insbesonde­re für jene Themen, die die Leute besonders umtreiben: Massenzuwa­nderung, innere Sicherheit, ewige Euro-Rettung. Das Problem von Schulz ist nur, dass er gerade auf diesen Feldern keine Alternativ­e zu Merkel bietet – jedenfalls für jene Wähler, die mit der Kanzlerin unzufriede­n sind.

Nicht mal die antiamerik­anische Karte sticht

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