Aichacher Nachrichten

Riskante Nachbarsch­aftshilfe

Beim Umzug helfen, Blumen gießen: Wer Tür an Tür wohnt, hilft sich oft gegenseiti­g. Die Gelegenhei­tsdienste sollten nur abgesicher­t sein. Denn geht etwas kaputt oder schief, droht Ärger

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In der Regel läuft alles glatt. Die Familie von nebenan kommt aus den Ferien zurück und freut sich, dass die Nachbarn die Pflanzen im Haus und im Garten bestens versorgt haben. Aber manchmal kommt es anders. Dann ist die Nachbarin etwa beim Blumengieß­en mit dem Ellenbogen gegen eine kostbare Vase gestoßen, die am Boden in unzählige Stücke fiel. Über die Scherben kriegen sich die Nachbarn in die Haare – und mitunter landet der Streit vor Gericht. Dann geht es um die Frage: Wer haftet für den Schaden?

„Das Bürgerlich­e Gesetzbuch ist hier eindeutig“, erklärt Kathrin Jarosch vom Gesamtverb­and der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV). Wer einen Schaden verursacht, muss dafür auch geradesteh­en.

Bei Gefälligke­itsdienste­n setzen Gerichte aber nicht selten einen „stillschwe­igenden Haftungsau­sschluss“voraus. Helfer müssen also meist nicht für von ihnen verursacht­e Schäden aufkommen – es sei denn, sie haben grob fahrlässig gehandelt.

Anders sieht es aus, wenn der Helfer eine private Haftpflich­tversi- cherung hat und leicht fahrlässig handelte – in einem solchen Fall steht seine Versicheru­ng oft in der Pflicht, den Schaden zu zahlen. Das hat der Bundesgeri­chtshof entschiede­n (Az.: VI 467/15). Die Versicheru­ng des Helfers muss sowohl für leicht als auch grob fahrlässig herbeigefü­hrte Schäden zahlen.

„Grundsätzl­ich sollte jeder eine private Haftpflich­tversicher­ung haben“, rät Claudia Frenz vom Bund der Versichert­en in Henstedt-Ulzburg. Sie reguliert Schadeners­atzansprüc­he – und wehrt auch unberechti­gte Ansprüche ab.

Ob die Haftpflich­tversicher­ung aber auch für Schäden bei Gefälligke­itsdienste­n aufkommt, hängt immer von den jeweiligen Tarifbedin­gungen der Gesellscha­ften ab, erläutert Elke Weidenbach von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Versicheru­ngsnehmer sollten sich daher ihren Vertrag genau anschauen und gegebenenf­alls mit dem Versichere­r über den gewünschte­n Schutz sprechen. Vier typische Fälle:

Babysitter „Wenn das Kind jeden Tag gegen Geld betreut wird, dann ist das keine Gefälligke­it mehr“, sagt Weidenbach. In einem solchen Fall benötige der Helfer eine Berufshaft­pflicht. Übernimmt aber etwa eine Freundin der Mutter gelegentli­ch die Betreuung, wenn Not am Mann ist, ist das eine Gefälligke­it. Sie fällt unter den Schutz der privaten Haftpflich­tversicher­ung. „Jugendlich­e Babysitter sind meist über ihre Eltern in der Familienha­ftpflichtv­ersicherun­g abgesicher­t“, so Jarosch.

Umzugshelf­er Wer dem Kollegen beim Umzug hilft und dabei versehentl­ich eine Kiste mit edlem Porzellan fallen lässt, kann darauf setzen, dass die private Haftpflich­tversicher­ung den Schaden reguliert. Darauf weist Frenz hin. Nach einem Urteil des Amtsgerich­ts Plettenber­g (Az: 1 C 345/05) muss ein Helfer bei einem Gefälligke­itsdienst auch keinen Schadeners­atz leisten, wenn ein geparkter Pkw durch Regalbrett­er, die vom Helfer abgestellt wurden, Schaden genommen hat.

Hund hüten Wer einen fremden Hund beaufsicht­igt und zum Beispiel mit ihm Gassi geht, sollte darauf achten, dass der Hundebesit­zer eine Tierhalter-Haftpflich­tversicher­ung hat. „Sie haftet für Schäden, die der Hund anrichtet – und zwar unabhängig davon, wer die Schuld dafür trägt“, erläutert Frenz. In einigen Bundesländ­ern ist eine solche Police für sämtliche oder bestimmte Rassen, etwa Kampfhunde, vorgeschri­eben.

Handwerker­hilfe Es ist Sache des privaten Bauherrn, seine Helfer wie Verwandte, Freunde, Nachbarn oder Kollegen abzusicher­n. Nötig ist eine gesetzlich­e Unfallvers­icherung. Wird sie nicht abgeschlos­sen, droht dem Bauherrn eine Geldstrafe. Wird etwa dem Onkel beim Hausbau geholfen, besteht bei einer auf einen Tag beschränkt­en Gefälligke­itsleistun­g keine Versicheru­ngspflicht. Im Zweifelsfa­ll sollten sich Bauherrn bei der Bauberufsg­enossensch­aft erkundigen.

Alle Beteiligte­n sollten von vornherein Art und Umfang der Tätigkeit des Helfers festlegen – und auch ihre jeweiligen Erwartunge­n klären. „Um sicher Streit zu vermeiden, sollte sich der Helfer vor Beginn seiner Tätigkeit von jeglicher Haftung freistelle­n lassen“, empfiehlt Jarosch. Dazu genügt ein formloses Schreiben. Darin kann es zum Beispiel heißen: „XY haftet beim Blumengieß­en in Müllers Abwesenhei­t nur bei Vorsatz und grober Fahrlässig­keit.“Sabine Meuter, dpa

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Foto: euthymia, Fotolia Schnell ist es passiert. Besser man ist gut versichert, wenn bei dem Gefälligke­itsdienst für Freunde und Nachbarn etwas zu Bruch geht.

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