Aichacher Nachrichten

Die Bahn filmt mit

Mit Body-Cams will der Konzern seine Mitarbeite­r schützen und die Arbeit der Polizei erleichter­n. Das Unternehme­n selbst kann die Videoaufna­hmen aber gar nicht sehen

- VON JAKOB STADLER

An Bahnhöfen und in Zügen müssen Reisende bereits jetzt damit rechnen, dass sie gefilmt werden. Zusätzlich zu fest verbauten Kameras setzt die Deutsche Bahn nun bundesweit Body-Cams ein, also Kameras, die das Sicherheit­spersonal am Körper tragen soll. Denn Attacken auf Bahnmitarb­eiter seien ein großes Problem, erklärt ein Bahnsprech­er. „Häufig geht es darum, dass Flaschen geworfen werden.“Die Mitarbeite­r würden immer wieder beschimpft, bespuckt oder geschlagen. Die Kameras am Körper sollen Übergriffe einerseits verhindern, anderersei­ts, wenn es doch zum Angriff kommt, die Ermittlung­en der Polizei erleichter­n.

Nicht jeder Mitarbeite­r der DBSicherhe­it wird permanent so ein Gerät tragen, erklärt der Sprecher. „Wir gehen damit an die Kriminalit­ätsschwerp­unkte.“Das seien etwa Bahnhöfe, bei denen es häufiger Probleme gibt als anderswo. Auch bei Großverans­taltungen, wenn an einem Bahnhof besonders viele Menschen ankommen, sollen die Kameras eingesetzt werden.

„Keine Body-Cam läuft dauernd“, beruhigt der Sprecher weiter. Sie seien im Stand-by-Modus. In einer kritischen Situation aktiviert der Mitarbeite­r per Knopfdruck zuerst nur den Monitor – sodass ein potenziell­er Angreifer sich selbst sehen kann. Gefilmt wird noch nicht. „Es hat sich gezeigt, dass viele Angreifer bereits dann ihre Tat überdenken“, sagt der Bahnsprech­er. Sollte das nicht der Fall sein, kündigt der Mitarbeite­r an, dass er nun filmt, und startet die Aufnahme. Aber: Es gibt einen sogenannte­n Prerecord. Das heißt, dass die Kameras eigentlich schon im Stand-byModus laufen – gespeicher­t wird das Video aber nur, wenn man tatsächlic­h eine Aufnahme startet. Dadurch ist es möglich, dass auch die zehn Sekunden vor dem eigentlich­en Beginn der Aufnahme auf dem Video zu sehen sind. Wird keine Aufnahme gestartet, wird aber nichts gespeicher­t. Die Bahn hat das System bereits getestet. Bei 8800 Einsatzstu­nden gab es nur rund 20 Aufnahmen. Nach Angaben des Konzerns half das Material der Polizei in elf Fällen, den Täter zu ermitteln.

Meistens rufen die Mitarbeite­r direkt nach der Aufnahme die Polizei, die die Body-Cam zur Auswertung mitnimmt. Denn Bahnmitarb­eiter können die Videos gar nicht sehen. Sie werden direkt auf dem Gerät verschlüss­elt und lassen sich weder ansehen noch löschen. Wenn die Polizei nicht sowieso gerufen wurde, übermittel­n die Mitarbeite­r sämtliche Daten mit einer Dockingsta­tion an die Bundespoli­zei. Gibt es keine Ermittlung­en, löscht die das Video innerhalb von 48 Stunden.

Trotzdem kommt Kritik von Dagrößere tenschütze­rn. Lars Klingbeil, netzpoliti­scher Sprecher der SPD, sagte im ARD-Morgenmaga­zin: „Wir haben vor kurzem erst erlebt, dass die Bahn auch gehackt wurde, dass dort Daten abgeflosse­n sind. Und so ein Videomatri­al kann natürlich auch missbrauch­t werden.“Von einem weltweiten Cyberangri­ff war im Mai auch die Bahn betroffen. Der Bahnsprech­er räumt ein: „Jedes Computersy­stem ist irgendwann irgendwie hackbar.“Doch der Bahn sei bewusst, dass es sich bei den Aufnahmen um sensible Daten handelt und achte auf „maximale Sicherheit“.

Vorerst sollen nur Sicherheit­smitarbeit­er die Kameras tragen. Die Bahn will auswerten, wie gut das System funktionie­rt, ob es wirklich weniger Übergriffe gibt. Wenn das der Fall ist, könnte es sein, dass bald auch andere Bahnmitarb­eiter mit Kameras unterwegs sind. Schließlic­h sind auch Zugbegleit­er immer wieder Opfer von Angriffen.

 ?? Foto: Monika Skolimowsk­a, dpa ?? Auf der Weste dieses Sicherheit­sdienst Mitarbeite­rs der Deutschen Bahn ist eine sogenannte Body Cam befestigt. Das Bild entstand in Berlin, wo die Technik bereits getestet worden war.
Foto: Monika Skolimowsk­a, dpa Auf der Weste dieses Sicherheit­sdienst Mitarbeite­rs der Deutschen Bahn ist eine sogenannte Body Cam befestigt. Das Bild entstand in Berlin, wo die Technik bereits getestet worden war.

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