Aichacher Nachrichten

Ausbilder begrapscht Schülerin

44-jähriger Mann stellte angehenden Krankensch­western nach. Er schrammt an einem Gefängnisa­ufenthalt vorbei

- VON PETER RICHTER

Auf die sexuellen Übergriffe auf hunderte von Frauen in der Kölner Silvestern­acht hat der Gesetzgebe­r reagiert. Der reformiert­e Paragraf 177 im Strafgeset­zbuch stellt seit einem halben Jahr alle sexuellen Handlungen gegen den „erkennbare­n Willen“einer anderen Person unter Strafe – „Nein heißt Nein.“

Die Folgen dieser verschärft­en Rechtsprec­hung hat ein Krankenpfl­eger zu spüren bekommen, der bis zu seinem Rauswurf an einem Augsburger Krankenhau­s gearbeitet hat. Als ihr Ausbilder hatte der Angeklagte immer wieder Schwestern­schülerinn­en nachgestel­lt. Er sei nur „haarscharf“an einer Vollzugsst­rafe (Gefängnisa­ufenthalt) vorbeigesc­hrammt, betonte Richterin Kerstin Wagner, als sie das Urteil eines Schöffenge­richts verkündete.

Der 44-Jährige, angeklagt wegen mehrerer Fälle der sexuellen Nötigung, wurde zu einer Bewährungs­strafe von zwei Jahren verurteilt. Außer einer Geldbuße von 2500 Euro machte das Gericht dem verheirate­ten Familienva­ter zur Auflage, fünf Gespräche mit einem Sexualther­apeuten zu führen.

Im Prozess kam nur der schwerwieg­endste Vorfall zur Sprache. Gericht und Staatsanwä­ltin hatten sich zuvor mit Verteidige­r Georg Zengerle auf einen „Deal“verständig­t. Weil der Angeklagte signalisie­rte, ein Geständnis ablegen zu wollen, stellte das Gericht andere bis ins Jahr 2013 rückreiche­nde Vorfälle ein. Sein Mandant habe bei den Schwestern­schülerinn­en ausprobier­t, wie weit er gehen kann, trug der Anwalt namens seines Mandanten vor. Es sei zu „Grenzübers­chreitunge­n“gekommen. Eine Zeugin bestätigte Angaben des Angeklagte­n, wonach auf der Station offen über Sex geredet worden ist.

Das Gericht hörte nur eine der betroffene­n Frauen als Zeugin, eine Schwestern­schülerin. Die 22-Jährige schilderte, wie sie den Tag erlebte, an dem sie zum ersten Mal mit dem Angeklagte­n die gleiche Schicht gehabt hatte. „Wir sollten ein leeres Zimmer ausräumen. Er hat hinter mir die Tür zu gemacht, mich an beiden Armen festgehalt­en, in eine Nische gedrängt und versucht zu küssen. Als ich geschrien habe, hat er mich aufgeforde­rt, leiser zu sein. Ich soll mich nicht so anstellen.“Im Bettenaufz­ug versucht der Krankenpfl­eger später erneut, sie zu küssen, fasst sie am Busen. Es kommt an diesem Tag noch zu zwei ähnlichen Vorfällen. Auf Nachfrage des Gerichts berichtete die junge Frau, diese hätte sie noch wochenlang in Albträumen verfolgt.

Als sie später im Zuschauerr­aum sitzt, spricht der Angeklagte sie direkt in seinem Schlusswor­t an: „Es ist blöd gelaufen, entschuldi­ge bitte.“Das Gericht wertete strafmilde­rnd, dass der Krankenpfl­eger zu einem Täter-Opferausgl­eich bereit war. Er hat der Schwestern­schülerin ein Schmerzens­geld in Höhe von 2500 Euro überwiesen. Andernfall­s wäre er vermutlich ins Gefängnis gekommen. Für jede der angeklagte­n Taten beträgt die Mindeststr­afe ein Jahr. „Sexuelle Nötigung ist ein Verbrechen“, so Richter Wagner. Der Krankenpfl­eger arbeitet heute an einem anderen Krankenhau­s.

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