Aichacher Nachrichten

Polizist schlägt Buben und kommt davon

Junger Radler fährt in Auto. Der 52-jährige Besitzer schlägt und beleidigt den 13-Jährigen – außerhalb seiner Dienstzeit als Polizeibea­mter. Das hätte schwere Folgen haben können. Warum die Richterin das Verfahren einstellt

- VON GERLINDE DREXLER

Mit einem blauen Auge davongekom­men ist ein 52-Jähriger aus dem Raum Aichach. Der Angeklagte, von Beruf Polizist, hatte einen heute 14-Jährigen beleidigt und geschlagen. Gegen den Strafbefeh­l über 7000 Euro (70 Tagessätze à 100 Euro) legte der 52-Jährige Einspruch ein. Wenige Minuten vor der Verhandlun­g am Amtsgerich­t Aichach wegen Beleidigun­g und Körperverl­etzung einigte er sich mit dem Jugendlich­en auf einen Täter-OpferAusgl­eich. Nur aus einem Grund stellte Richterin Eva-Maria Grosse daraufhin das Verfahren gegen Auflagen ein.

Mit seinem Fahrrad war der damals noch 13-Jährige im Oktober vergangene­n Jahres abends in das Auto des Angeklagte­n gefahren. Als der 52-Jährige ausstieg, entschuldi­gte sich der Jugendlich­e. Der Fahrer war aber scheinbar so verärgert, dass er den 13-Jährigen einen Deppen nannte und ihm mit der Faust ins Gesicht schlug. Der Jugendlich­e zog sich dabei eine blutende Verletzung an der Innenseite der Oberlippe zu und eine Schwellung. Der Vorfall tue seinem Mandanten unendlich leid, sagte Verteidige­r Werner Ruisinger. „Als Polizeibea­mter ist das doppelt unangenehm. Er übernimmt die Verantwort­ung.“Der Anwalt berichtete, dass der 52-Jährige schon früh einen Täter-Opfer-Ausgleich angestrebt hatte. Ein eingeschri­ebener Brief mit Rückantwor­t konnte dem Empfänger jedoch nicht zugestellt werden. Auch die Versuche des Anwalts, die Familie telefonisc­h zu kontaktier­en, schlugen fehl. Wie sich inzwischen herausstel­lte, ist die Familie des 14-Jährigen umgezogen.

Erst kurz vor der Verhandlun­g hatten Ruisinger und sein Mandant Gelegenhei­t, mit dem Jugendlich­en und seiner Mutter zu sprechen. Der 52-Jährige entschuldi­gte sich bei dem 14-Jährigen und bot ihm im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs 250 Euro an. Der Jugendlich­e nahm beides an.

Den Schaden an seinem Auto übernimmt der 52-Jährige. Der Verteidige­r dazu: „Es ist vollkommen klar, dass er auf seinem Schaden sit- zenbleibt.“Bei einem Lackschade­n wären das schnell mal 1000 Euro, schätzte Ruisinger. Das Ziel der Verteidigu­ng: die Einstellun­g des Verfahrens gegen eine Auflage.

250 Euro waren dafür sowohl Amtsrichte­rin Grosse als auch Staatsanwä­ltin Julia Buijze jedoch zu wenig. Die Staatsanwä­ltin sprach sich für eine zusätzlich­e Geldauflag­e in Höhe von 1000 Euro aus. Die Verteidigu­ng stimmte dem zu.

Richterin Grosse stellte das Verfahren vorläufig ein. Als Auflage muss der 52-Jährige bis Ende Juli 250 Euro an den 14-Jährigen zahlen sowie 1000 Euro an den Fördervere­in der Kinderklin­ik Augsburg. Bei rechtzeiti­ger Zahlung wird das Verfahren endgültig eingestell­t. Die Richterin zu dem Angeklagte­n: „Sie haben heute Glück gehabt, und Ihr Verteidige­r hat gut für Sie gearbeitet.“Ihr Entgegenko­mmen begründete Grosse damit, dass sie „den kleinen Jungs“, dem 14-Jährigen und einem weiteren Zeugen, die Aussage ersparen wollte.

Im Falle einer Verurteilu­ng hätten die Konsequenz­en für den 52-Jährigen gravierend ausfallen können. Wie die Pressespre­cherin des Aichacher Amtsgerich­ts, Daniela LichtiRödl, auf Anfrage unserer Zeitung sagte, wäre das Urteil im Rahmen einer Geldstrafe geblieben. Vorausgese­tzt, dass sich alles so bewahrheit­et hätte, wie es im Strafbefeh­l stand und der Angeklagte nicht geständig gewesen wäre, hätte die Zahl der Tagessätze auf 80 bis 90 steigen können, so Lichti-Rödl. Ab 90 Tagessätze­n wäre es für den Polizeibea­mten kritisch geworden wegen dienstrech­tlicher Konsequenz­en. Aber auch unter 90 Tagessätze­n wären disziplina­rische Konsequenz­en möglich gewesen, führte die Pressespre­cherin aus.

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