Der gefallene Star
Als Tim Matavz 2014 nach Augsburg kam, galt er als einer der treffsichersten Stürmer in Europa. Warum er diesem Ruf in der Bundesliga nie gerecht werden konnte
Am 23. Mai 2015 gab es beim FC Augsburg nur strahlende Gesichter. Mit einem 3:1 (0:1)-Auswärtssieg bei Borussia Mönchengladbach hatte sich der FCA am letzten Spieltag der Saison die Teilnahme an der Euro League gesichert. Auch Tim Matavz lachte im roten T-Shirt mit der Aufschrift „In Europa kennt uns keine Sau“. Der Mittelstürmer hatte mit einem spektakulären Kopfball den wichtigen 2:1-Führungstreffer erzielt.
Es schien, als würde der Torjäger endlich die schwere Bürde, teuerster FCA-Transfer zu sein, schultern können. 2014 hatte der Bundesligist für rund vier Millionen Euro den Slowenen vom PSV Eindhoven nach Augsburg geholt. So viel Geld hatte der FCA zuvor noch nie für einen Spieler ausgegeben.
Etwas mehr als zwei Jahre später ist klar: Matavz entwickelte sich nicht zu einem gefürchteten Bundesligatorjäger, sondern zum größten Transfer-Flop des FCA. Am Donnerstag löste der FCA seinen Vertrag, der noch bis 2019 gegolten hätte, auf. Matavz wechselt nach drei mehr oder weniger erfolglosen Jahren zurück in die niederländischen Eeredivisie zu Vitesse Arnheim. Über die Ablöse wurde Stillschweigen vereinbart, doch soll sie dem Vernehmen nach weit unter den vier Millionen Euro liegen, denn Arnheim zählt in den Niederlanden nicht gerade zu den finanzkräftigsten Teams. Der FCA wird jedoch froh sein, den Gutverdienter von der Gehaltsliste zu haben. Dabei schien Manager Stefan Reuter und Chefscout Stephan Schwarz im Sommer 2014 ein Coup gelungen zu sein. Matavz kam mit der Empfehlung von 44 Toren in 102 Spielen für den PSV Eindhoven und 46 Toren in 101 Spielen für den FC Groningen zum FCA.
Rubin Kasan hatte für ihn im Februar 2014 acht Millionen Euro geboten. Doch dann bekamen die Russen kalte Füße. Im Oktober 2013 hatte sich Matavz am rechten Meniskus operieren lassen, musste lange pausieren. Der obligatorische Medizincheck hatte den Russen nicht gefallen.
Der FCA griff im Sommer zu. Doch Matavz gelang die Umstellung von der Eeredivisie auf die Bundesliga nie. In Eindhoven konnte er wie die Spinne im Netz in Strafraumnähe auf Flanken und Anspiele warten und dann seine Torgefährlichkeit zeigen. Eindhoven dominierte in fast jedem Spiel. Beim FCA reichte aber sein Torinstinkt nicht. Er musste viel mehr Defensivarbeit leisten, war er als vorderster Angreifer erster Verteidiger. Anstatt ein Dutzend Torchancen zu bekommen, waren es zwei oder drei. Matavz gewöhnte sich nie an das laufintensive Spiel, hörte wohl auch auf die falschen Leute in seinem Umfeld. Zudem warf ihn eine Verletzung zurück, seine Konkurrenten Raúl Bobadilla und Alfred Finnbogason eilten davon. Auch weil der sich nicht quälen wollte. Mehrmals bestand er den Lactattest nicht.
Matavz wurde zum FC Genua nach Italien ausgeliehen, später zum Zweitligisten 1. FC Nürnberg. Doch richtig überzeugen konnte er nirgends. Die FCA-Verantwortlichen, Sport-Geschäftsführer Stefan Reuter und auch der technische Direktor Stephan Schwarz, zeigten viel Geduld, wohl auch, um ihren Fehlgriff nicht eingestehen zu müssen. Noch im Februar hatte Schwarz in einem Interview über Matavz gesagt: „Er hat grundsätzlich alle Fähigkeiten. Für ihn müssen die Bälle in den Strafraum kommen. Wenn das der Fall ist und er in der Box Präsenz zeigt, ist er ein Spieler mit Qualität, aber er muss es hier beweisen.“
Dazu kommt es nicht mehr. Matavz kehrt in die Niederlande zurück. Dort hat er immer noch einen guten Ruf. In Augsburg ist der zwiespältig. Insgesamt absolvierte er nur 27 Bundesligaspiele und erzielte gerade mal drei Tore. Das in Gladbach war sein Letztes. Es ebnete dem FCA den Weg nach Europa.