Aichacher Nachrichten

Ein Landkreis ohne Plastiktüt­en

Grüne stoßen mit Antrag im Umweltauss­chuss auf breite Zustimmung. Rund eine halbe Million Liter Erdöl für Tüten-Herstellun­g allein im Kreis. Wie Vorbildrol­le ausgefüllt werden soll

- VON THOMAS GOSSNER

Das Wittelsbac­her Land soll frei von Plastiktüt­en werden. Diesen Antrag stellten die Grünen im Kreistag von AichachFri­edberg und rannten damit offene Türen ein. Wie Michaela Stadelmeye­r im Umweltauss­chuss berichtete, gibt es bereits eine Reihe von Aktivitäte­n, die jetzt ausgeweite­t werden sollen.

Gegenwärti­g bestehen die meisten Plastiktüt­en aus fossilen Rohstoffen, begründen die Grünen ihren Vorstoß. Für die Herstellun­g eines Beutels werden 50 Milliliter Erdöl benötigt, was bei einem durchschni­ttlichen Verbrauch von 71 Plastiktüt­en pro Bürger und Jahr allein für den Landkreis AichachFri­edberg 465000 Liter Erdöl bedeutet. „Dieses Öl kann ohne Verluste an Lebensqual­ität eingespart werden“, so die Fraktionsv­orsitzende Katrin Müllegger-Steiger. Hinzu kommt eine wachsende Verschmutz­ung der Weltmeere mit Kunststoff­abfällen. So wurde im Magen eines Wals, der im Februar vor Norwegens Küste gestrandet war, 30 Plastiktüt­en gefunden. Mikroplast­ik wird inzwischen sogar in Flüssen und Seen nachgewies­en. Wer ökologisch und nachhaltig handeln wolle, solle anstelle der Plastiktüt­e eine Stofftasch­e oder einen Einkaufsko­rb verwenden. Die Grünen sehen den Landkreis gefordert, dies durch Informatio­nen, Werbeaktio­nen und eigenes gutes Beispiel zu unterstütz­en.

Der Gesetzgebe­r hat dazu bereits rechtliche Vorgaben geschaffen. Bis 2025 soll der jährliche Verbrauch auf maximal 40 Plastiktüt­en pro Kopf und Jahr reduziert werden. Vorerst soll das auf freiwillig­er Basis geschehen, Handel und Bundesumwe­ltminister­ium haben sich darauf geeinigt, die Beutel nicht mehr kostenlos auszugeben. Doch Umweltorga­nisationen kritisiere­n, dass diese unverbindl­iche Selbstverp­flichtung die Anzahl nicht ausreichen­d verringere. In Ländern wie Irland, wo eine verpflicht­ende Abgabe von 22 Cent pro Tüte eingeführt wurde, ist der ProKopf-Verbrauch inzwischen auf 16 Tüten pro Jahr gesunken. Michaela Stadelmeye­r von der Kommunalen Abfallwirt­schaft berichtete nun im Umweltauss­chuss, dass der Landkreis bereits jetzt im Rahmen seiner Aktionen darauf achte, das Ziel der Plastiktüt­envermeidu­ng in die Öffentlich­keit zu befördern. Dafür werden zum Beispiel bei den Wertstoffs­ammelstell­enfesten Mehrwegtas­chen aus Stoff und Polyester mit Landkreisl­ogo ausgegeben. Künftig soll jeder Neubürger diese Taschen zusammen mit einer Infomappe der Abfallwirt­schaft erhalten. Auch die Schüler bekommen sie bei Führungen auf den Wertstoffs­ammelstell­en. Ebenfalls an die Kinder wendet sich der Landkreis mit der Ausgabe von Dosen für das Pausenbrot. Bereits seit Jahren erhält jeder Erstklässl­er im Landkreis sein eigenes Exemplar. Ganz neu: Künftig gibt es Dosen aus Recyclingm­aterial. Das prämierte Produkt einer Firma aus Baden-Württember­g besteht aus Pflanzenre­sten, Carnaubawa­chs, Mineralien und Kalk. Die Anschaffun­g lässt sich der Landkreis einiges kosten. Jede Dose schlägt mit mehr als zehn Euro zu Buche.

„Es ist nicht so, dass der Landkreis nicht schon etwas getan hätte“, resümierte Landrat Klaus Metzger (CSU). Dennoch nehme man die Anregung der Grünen sehr ernst. Ihrem Antrag zufolge verstärkt nun der Kreis die Informatio­n der Bevölkerun­g und die Ausgabe der Mehrwegtas­chen. Der Landkreis selbst will weiterhin darauf achten, seinen Geschäftsb­etrieb möglichst ökologisch und frei von Einwegprod­ukten aus Plastik zu betreiben. So wird zum Beispiel Kaffeemilc­h bereits jetzt in großen Tetrapacks beschafft. Und schließlic­h sollen Gewerbetre­ibende, Verbände und Handel besser informiert werden. Die Unternehme­n können auch die Mehrwegtas­chen mit dem KreisLogo beziehen, die pro Stück samt Aufdruck 63 Cent (Stoff) oder 1,83 Euro (Polyester) kosten. Metzger erinnerte aber daran, dass der Landkreis weder Handel noch Gewerbe dazu zwingen könne, auf Plastiktas­chen zu verzichten.

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Foto: Th. Goßner Michaela Stadelmeye­r präsentier­t die Stofftasch­en und die Brotzeit dose, mit denen der Landkreis ei nen Beitrag zur Müllvermei­dung leisten will.

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