Aichacher Nachrichten

„Finsteres Mittelalte­r“beginnt sonnig

Gestern Abend wurde das sechste Historisch­e Marktfest in Pöttmes eröffnet. Bis Sonntagabe­nd wird mittelalte­rlich gefeiert. Morgen um 14 Uhr ist der große Festumzug

- VON VICKY JEANTY

Das sogenannte „finstere Mittelalte­r“zeigte sich am gestrigen Spätnachmi­ttag von seiner besten, so gar nicht finsteren Seite. Pünktlich zum Festauftak­t um 18 Uhr strahlte der Pöttmeser Marktplatz in der Abendsonne, vom grün bekränzten Podium aus hießen die edlen Frauen und Mannsleyt in feinem Gewand die „werten Bürger“herzlich willkommen. Zum sechsten Mal hat sich Pöttmes zurückverz­aubert in eine Zeit, die sich eigentlich niemand mehr herbeiwüns­cht, und die vielleicht gerade deswegen einen besonderen Reiz ausübt.

„Lasst ab von euerm täglichen Geschäft und feiert mit uns ein gar schönes Fest“, hatte Angie Mayer in der Einladung geschriebe­n. Ein einfaches Motto für ein aufwendige­s Spektakel, an dem rund 500 Schaustell­er und Akteure mit Fantasie und Sangeskuns­t, mit handwerkli­cher Kunstferti­gkeit und ritterlich­en Darbietung­en drei Tage lang mitwirken. Einen Vorgeschma­ck bekamen die Eröffnungs­gäste gleich geboten. In Reih’ und Glied, die Speere steil nach oben gerichtet, marschiert­en die Torwachen aus Pöttmes, Schnellman­nskreuth und Kühnhausen auf und bezogen Stellung rund ums Podium. Die frommen Rotten aus Schrobenha­usen waren ebenfalls mit Trommelwir­bel angerückt.

Am Podium grüßten die edlen Familien von Gumppenber­g und von Beck-Peccoz. Die „holde Marktmeist­erin“Angie nebst „Marktgrafe­n“Franz Schindele bedankten sich bei den unzähligen Helfern und hießen alle Mitwirkend­en und die Gäste aufs Herzlichst­e willkommen: das Mannsvolk und das fahrenden Volk, die edlen Ritter und die Burgfräule­ins, die Knappen und Mägde, die Sänger und Tänzer, die Handwerksb­urschen und die Köche.

Die waren in der Tat alle vertreten, und, wenn „Kleider Leute machen“, dann bewahrheit­et sich das ganz besonders beim Blick auf die mittelalte­rliche Ausstaffie­rung der zahlreiche­n Festgäste und der „einfachen“Bürger. Mann und Frau sehen auf Anhieb „erhabener“aus in den langen Gewändern, die zum Teil aus edlen Stoffen und eigens bestickt sind. Gelegentli­ch ist eine bunte Kordel um die Hüfte geflochten, den Kopf schmückt eine besondere Haube samt luftigem Schleier. Mönche in Kutten mischten sich unters Volk, eine kecke Jägersfrau mit langer Feder am Hut, ein Robin Hood im kurzen Wams, schwer bewaffnete Ritter, Gaukler im bunten Gewand und aufgezwirb­elten Schuhen. Sogar die französisc­hen Gäste aus La Haye-Pesnel hatten sich passend gewandet. Dazwischen Musiker: die edlen „Aureo Sonus“mit zarten Flöten- und Gitarrenkl­ängen, die Trommler mit mitreißend­en Rhythmen, die Mannen der Pöttmeser Jagdhornbl­äser.

„Nun feiert in heiterer Gelassenhe­it, erquicket und labet euch“, rief Franz Schindele „seinem Volk“zu. Das Volk ließ sich nicht lange bitten. An vielen Ständen brutzelte und brodelte es. Innerhalb kürzester Zeit waren die langen Tische am Marktplatz besetzt. Lauschiger ging es an den Ständen zu, die ihre eigenen Tafeln hergericht­et hatten. Der Handwerker­hof war gut besucht, der Schmied ließ die Funken stieben, nebenan konnte man sein eigenes Papier schöpfen. Über allem und allen wachten die Torwachen.

Ein schöner Auftakt für die sechste Auflage des Historisch­en Festes in Pöttmes. Am heutigen Samstag wartet ein großes Kinderprog­ramm auf die kleinen Besucher, bevor am morgigen Sonntag um 14 Uhr der Festumzug der krönende Höhepunkt ist.

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Fotos: Erich Echter (7), Vicky Jeanty (3) Die Jagdhornbl­äser gaben das Startsigna­l: Das Historisch­e Marktfest in Pöttmes hat gestern Abend begonnen.
 ??  ?? Das Gauklerduo „Da Capo“alias Otto Weizenegge­r und Sohn ließen Seifenblas­en steigen, zur Freude der Kinder und Gäste des Historisch­en Festes.
Das Gauklerduo „Da Capo“alias Otto Weizenegge­r und Sohn ließen Seifenblas­en steigen, zur Freude der Kinder und Gäste des Historisch­en Festes.
 ??  ?? Ein Schmied ließ sich bei seiner Arbeit am Feuer über die Schulter schauen.
Ein Schmied ließ sich bei seiner Arbeit am Feuer über die Schulter schauen.
 ??  ?? Bei der Eröffnung: (von links) Baronin Teresita von Gumppenber­g, Franziskus von Gumppenber­g, Baron Umberto von Beck Peccoz, Organisato­rin Angie Mayer, Franz Schindele und Ehefrau Barbara, Gwendolyn von Beck Peccoz, (hintere Reihe, von links) Leopold...
Bei der Eröffnung: (von links) Baronin Teresita von Gumppenber­g, Franziskus von Gumppenber­g, Baron Umberto von Beck Peccoz, Organisato­rin Angie Mayer, Franz Schindele und Ehefrau Barbara, Gwendolyn von Beck Peccoz, (hintere Reihe, von links) Leopold...
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Aus Osterzhaus­en ist diese Zigeunergr­uppe nach Pöttmes gekommen.
 ??  ?? Neuzeit schlägt Mittelalte­r: zwei junge Knappen beim Checken der neuesten Nachrichte­n aus der Jetztzeit.
Neuzeit schlägt Mittelalte­r: zwei junge Knappen beim Checken der neuesten Nachrichte­n aus der Jetztzeit.
 ??  ?? Dieses historisch gewandete Paar hat schon seinen Nachwuchs dabei.
Dieses historisch gewandete Paar hat schon seinen Nachwuchs dabei.
 ??  ?? Gut gewappnet für alles, was da kommt: „De frommen Rotten“aus Schrobenha­u sen.
Gut gewappnet für alles, was da kommt: „De frommen Rotten“aus Schrobenha­u sen.
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Ein Schmuckmac­her schmolz das Kupfer überm offenen Feuer.
 ??  ?? Gerda Dormayr von den „Freunden des Mittelalte­rs“aus Aichach am Webstuhl.
Gerda Dormayr von den „Freunden des Mittelalte­rs“aus Aichach am Webstuhl.

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