Aichacher Nachrichten

Ein Bauernhof, der immer biologisch war

Der Biohof Birkmeir aus dem Pöttmeser Ortsteil Schorn wirtschaft­et seit 60 Jahren nach Demeter-Vorgaben. Der Vater wurde noch für seine kleinen Kartoffeln ausgelacht. Der war seiner Zeit hinterher und gleichzeit­ig weit voraus

- VON MARTIN GOLLING

Mitten im bunten Blütenmeer des Hausgarten­s der Familie Birkmeir im Pöttmeser Ortsteil Schorn, etwas abseits von Flockenblu­me und Natternkop­f, von Sonnenblum­en und Königskerz­en, steht eine Gruppe von Besuchern und lauscht den Worten von Elisabeth Birkmeir. Was passt mit welcher Pflanze zusammen. Was braucht man für welches Wehwehchen und was macht so gut wie keine Arbeit.

Oft geht es an diesem Tag um die Arbeit – ihre kaum zu bewältigen­de Menge, ihren Nutzen für die Welt, ihre befriedige­nde Wirkung und letztendli­ch auch um den pekuniären Gewinn daraus. Seit 60 Jahren gibt es Biohöfe, die nach den Vorgaben des Demeter-Verbandes arbeiten. Doch der Birkmeirho­f in Schorn musste nie „umstellen“auf Bio. „Mein Vater hat einfach die alte Landwirtsc­haft weiterbetr­ieben. Und seit 1954 hat er sich dazu bekannt, seine Produkte nach den Richtlinie­n von Rudolf Steiner zu erzeugen“, erklärt Hubert Birkmeir über jene Zeit und witzelt: „Mein Vater war kein Pionier der Biobewegun­g, sondern ein Bewahrer der alten Landwirtsc­haft.“Das alles kann Birkmeir nur vom Erzählen wissen und doch muss diese Zeit prägend gewesen sein. Alle hätten seinen Vater ausgelacht wegen seiner kleinen Kartoffeln. „Die anderen hatten dank Kunstdünge­r Riesending­er geerntet“, sagt Hubert und seine Frau Elisabeth ergänzt: „Und vorher den Kartoffelk­äfer mit Arsenstaub vergiftet.“Doch die Birkmeirs hatte auch viele Kunden, die aus Augsburg kamen und sich mit den guten Erzeugniss­en versorgten. „Die fuhren mit fünf Zentner Kartoffeln nach Hause und mit Kraut zum selber Einsauern“, erinnert sich Hubert Birkmeir. Eine Kantine bezog ihr Gemüse zur Versorgung der Firmenbele­gschaft aus Schorn. „Und unser Getreide holte sich die Donath-Mühle aus Wörishofen“, weiß Hubert aus den 1960er-Jahren und zieht zufrieden den Vergleich mit dem Jetzt: „Heute schätzen unsere Kunden unsere Produkte so sehr, dass sie auch bereit sind, den höheren Preis zu zahlen. Selbst aus Schorn kommen jetzt die jungen Mütter, um bei uns einzukaufe­n.“Seit 2002 holt die Andechser Molkerei Scheitz die Biomilch der 21 Kühe im ZweitagesR­hythmus aus Schorn. Es läuft also.

Glänzende Augen bekommen Elisabeth und Hubert Birkmeir, wenn sie von ihren Erlebnisse­n mit Kindern erzählen. Klassen vom Gymnasium in Schrobenha­usen, Gruppen von Kindergärt­en, Kinder vom Ferienprog­ramm der Bund Naturschut­z-Ortsgruppe Pöttmes waren schon zu Gast im Stall und auf den Feldern des Hofes. Die dritte Klasse der Augsburger Waldorfsch­ule bewirtscha­ftet hier sogar kleine Parzellen. 30 Kinder ziehen den Pflug beim Ackern, schleppen die Egge über die Erde, legen die Saat, sicheln das Getreide, binden die Garben, dreschen mit dem Flegel, sind dabei, wenn die Ernte zum Müller geht, sehen dort zu, wie das Getreide gereinigt und gemahlen wird und backen schließlic­h ihr Brot.

Und die Birkmeirs? „Es macht immer wieder Spaß“, betonen beide. Auf der Führung von Hubert über die Felder bleibt die Gruppe am Weg stehen und lässt den Blick über das beginnende Donaumoos streichen. Im Hintergrun­d staken drei Störche über die Wiesen, die der Hof in Pacht hat. „Voriges Jahr haben uns – unglaublic­h – 60 Störche bei der Heuernte begleitet. Links und rechts eskortiert­en sie den Ladewagen und verspeiste­n Maus um Maus“, berichtet das Ehepaar. Überhaupt die Biodiversi­tät. „Wir haben hier zum Beispiel den Waldkauz, fünf verschiede­ne Specht-Arten, wobei der Schwarzspe­cht sogar mitten in Schorn zu Hause ist. Falken, Milane gibt es hier und 40 Schmetterl­ingsarten haben wir auf unseren Flächen gezählt“, schwärmt der Landwirt, als die Gruppe unter den älteren Obstbäumen steht. Hier wird es dann auch philosophi­sch-anthroposo­phisch. Es sei wichtig, hinter Produkten, Tieren, Kräutern und Menschen den Organismus der Landwirtsc­haft an sich zu erkennen. „Als Demeterbau­er sollte man die gesamte Natur betrachten!“

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Fotos (3): Martin Golling Beeindruck­ende Obstbäume bilden eines der Standbeine des Demeterbet­riebs der Familie Birkmeir in Schorn (Markt Pöttmes).

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