Aichacher Nachrichten

„Irgendwann ist auch die Ehe zu dritt möglich“

Nach der Ehe für alle rechnet Beatrix von Storch mit einem „Dammbruch“– und schuld daran ist für sie natürlich Angela Merkel. Was die AfD-Politikeri­n der Kanzlerin außerdem vorwirft und wie sie den Sinkflug ihrer eigenen Partei erklärt

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In den Umfragen geht es für die AfD seit Monaten bergab, warum?

Beatrix von Storch: Ein Teil der Probleme ist sicherlich hausgemach­t. Wir hatten interne Auseinande­rsetzungen und es gab unglücklic­he und auch verwerflic­he Äußerungen Einzelner, die wir unter anderem mit Parteiauss­chlussverf­ahren oder Abmahnunge­n geahndet haben.

Meinen Sie damit auch sich selbst? Ihre Aussage, dass man notfalls die Grenze mit der Waffe verteidige­n und auf Frauen und Kinder schießen müsste, hat viele Menschen abgestoßen…

Von Storch: Ich habe damals – in missverstä­ndlicher Form – auf ein gültiges deutsches Gesetz hingewiese­n und klar gesagt, dass ich die Aussage bedauere. Ich stelle aber fest, dass es keinerlei Echo auf die Aussage von Herrn Weber – Europapoli­tiker der CSU – gab, der jetzt auch so etwas gesagt hat.

Was hat er gesagt?

Von Storch: Er hat mit Blick auf Schlepper und Schleuser gesagt: „Da müssen die Europäer notfalls auch die Waffe zur Hand nehmen.“Das haben Sie gar nicht wahrgenomm­en, da gibt es keinen Aufschrei. Warum bloß?

Also sind doch vor allem die von der AfD gern als „Lügenpress­e“bezeichnet­en Medien schuld an den sinkenden Umfragewer­ten?

Von Storch: Ich habe das Wort Lügenpress­e nie verwendet. Ich spreche eher von Lückenpres­se. Der schlimmste Teil von Fake News ist der Teil, der nicht berichtet wird.

Zum Beispiel?

Von Storch: Dass nicht darüber berichtet wird, dass die einzige, die wirklich Menschen an der Grenze erschießen lässt, Frau Merkel ist.

Wie bitte?

Von Storch: Ja, sie hat unseren Grenzschut­z ausdrückli­ch an Herrn Erdogan übertragen, der die türkisch-syrische Grenze schützen soll, weil wir unsere Grenzen ja angeblich nicht schützen können – es sei, denn es ist G20-Gipfel. Und an dieser türkisch-syrischen Grenze wurden Selbstschu­ssanlagen aufgebaut, dort werden Menschen getötet. Über die Toten dort hören wir nichts. Aber das geschieht im Auftrag von Frau

Merkel. Das ist natürlich zugespitzt, aber es ist faktisch so.

Sie sagen, das sei zugespitzt. Finden Sie nicht auch, dass der Umgangston, gerade in sozialen Netzwerken, durch ständiges Provoziere­n bisweilen schwer erträglich ist?

Von Storch: Der Umgangston ist rau und manchmal schwer erträglich, ja. Ursache dafür ist aber die Lage im Land, also die Politik der Regierung und nicht „ständiges Provoziere­n“, mit dem Sie quasi mich oder uns dafür verantwort­lich machen wollen. Und: Rauer Umgangston ist von der Meinungsfr­eiheit gedeckt und berechtigt nicht zur Zensur, wie der Justizmini­ster das jetzt machen will. Alles andere ist doch „Nordkorea“.

Nach dem Gipfel in Hamburg, bei dem linksradik­ale Krawallmac­her gewütet haben, werden Sie sicher auch dieses Thema im Wahlkampf aufgreifen?

Von Storch: Jetzt wird uns gleich wieder unterstell­t, dass wir das „ausnutzen“. Was da los war, ist doch unglaublic­h. Wir sagen schon die ganze Zeit, dass wir einen wesentlich­en Teil der Mittel, die gegen „Rechts“verwendet werden, in den Kampf gegen „Links“stecken müssen. In der AfD gibt es zwei Strömungen. Die einen wollen Fundamenta­loppositio­n machen, die anderen wollen langfristi­g mitregiere­n. Wie sehen Sie das? Von Storch: Für die ganze AfD gilt selbstvers­tändlich, dass wir Politik konkret und ganz real gestalten wollen, und zwar in Parlamente­n. Genauso klar ist aber auch, dass wir jetzt erst einmal in die Opposition gehen. Denn es gibt keine Partei, mit der wir koalieren wollen.

Abgesehen davon, dass es keine Partei gibt, die mit der AfD koalieren will …

Von Storch: Das ist richtig. Eine mögliche bürgerlich­e Koalition mit Union und FDP scheitert momentan daran, dass die CDU keine bürgerlich­e Partei mehr ist.

Mit der Ehe für alle ist gerade eine weitere bürgerlich­e Grundfeste weggebröck­elt. Was halten Sie davon?

Von Storch: Frau Merkel hat das er-

möglicht. Sie hat bewiesen, dass ihr das eigene Wahlprogra­mm egal ist und dass sie für alles zu haben ist. Wir werden das aufgreifen.

Wie erklären Sie das Ihrer Spitzenkan­didatin Alice Weidel, die in einer lesbischen Beziehung mit Kindern lebt?

Von Storch: Sie trägt unser Programm voll mit – anders als zum Beispiel Frau Merkel das Programm der CDU.

Sie möchte also nicht die gleichen Rechte wie heterosexu­elle Paare?

Von Storch: Die eingetrage­ne Lebenspart­nerschaft garantiert faktisch Gleichbere­chtigung. Es bedarf also keiner „Ehe für alle“. Das ist ein Dammbruch. Es ist doch logisch, was jetzt kommt: Jetzt gibt es auch kein Argument mehr dagegen, dass auch eine Ehe zu dritt möglich wird.

Aber im Unterschie­d zur Ehe zwischen lesbischen oder schwulen Paaren gibt es doch weder in der Gesellscha­ft noch in irgendeine­r Partei eine Mehrheit für eine Ehe zu dritt?

Von Storch: Warten Sie mal ab. Der Prozess geht nun weiter. Es wird jetzt weiter Lobby gemacht. Und irgendwann wird es heißen: Warum eigentlich nicht?

Interview: Michael Stifter O

Beatrix von Storch ist stellvertr­eten de Vorsitzend­e der Alternativ­e für Deutschlan­d. Die 46 jährige Bankkauf frau und Juristin vertritt die rechtspo pulistisch­e Partei seit 2014 als Abgeord nete im Europaparl­ament. Vorher war sie Mitglied der FDP.

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Foto: Peter Fastl „Rauer Umgangston ist von der Meinungsfr­eiheit gedeckt“: Beatrix von Storch bei ihrem Wahlkampft­ermin am Samstag in Augs burg. Die AfD Politikeri­n will auch weiterhin provoziere­n.

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