Aichacher Nachrichten

Harter Hund muss hart gegen sich sein

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Menschen, die im Rampenlich­t stehen, müssen einiges wegstecken können. Ob Fußballtra­iner, Politiker oder Spitzenman­ager: Allzu zart besaitet dürfen sie nicht sein. Oft sind sie hart im Nehmen, ja Meister des Verdrängen­s. Jeder hat ja so seine Überlebens­strategie.

Martin Winterkorn ist ein harter Hund. Er kommt von unten, hat sich durchgebox­t – bis ganz nach oben zu einem Jahresgeha­lt von einst gut 17 Millionen Euro. Noch heute soll er eine Betriebsre­nte von etwa 3100 Euro erhalten – nicht monatlich, nicht wöchentlic­h, sondern täglich. Auch so ein Skandal!

Wenn Winterkorn zarte Seiten hat, zeigt er sie uns nicht, schon gar nicht seit der frühere VW-Chef im Zuge des Abgas-Skandals gehen musste. Dennoch wäre es für ihn an der Zeit, andere Saiten aufzuziehe­n. Denn was sein Image betrifft, kann der Schwabe kaum tiefer sinken. Auch wenn ihm seine Anwälte das Gegenteil raten werden, sollte der 70-Jährige sein Herz erleichter­n, auch mal nicht nur hart gegen andere, sondern gegen sich selbst sein. Ein derart öffentlich­es Geständnis würde den rund 600000 Volkswagen-Beschäftig­ten guttun. Ansonsten werden jede Woche neue Beschuldig­ungen laut. Das zehrt selbst an harten Hunden. Und mit 70, wenn der Winter des Lebens langsam einsetzt, wird es Zeit für Ehrlichkei­t. Wer schon auf Erden die Wahrheit gesagt hat, kann seinem Herrgott dereinst befreiter entgegentr­eten. Der frühere Volkswagen-Boss muss gegenüber dem Volk auspacken.

Das würde sein härtester Job.

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