Aichacher Nachrichten

Wie gut sind Reisen vom Discounter?

Reisen Seit zehn Jahren mischen Aldi und Co. auch im Tourismusg­eschäft mit. Teilweise sind die Angebote preisgünst­ig. Doch Verbrauche­r sollten darauf nicht blind vertrauen

- VON HARALD CZYCHOLL

Bei Lebensmitt­eldiscount­ern gibt es nicht nur Milch oder Butter zum kleinen Preis – auch Urlaub ist dort mitunter günstig zu haben. Seit zehn Jahren haben Aldi, Lidl und Co. Reisen im Programm. Aldi war 2007 der Vorreiter, Lidl baute noch im gleichen Jahr einen Reisevertr­ieb auf und die Konkurrenz von Penny und Norma machte sich schnell in dem neuen Geschäftsf­eld breit. Seither werden die Reisen offensiv mit Prospekten und Plakaten in den Supermärkt­en beworben.

Vom Bayerische­n Wald bis in die Karibik, ob Kreuzfahrt, Städtereis­e oder Badeurlaub – es gibt fast nichts, was es nicht gibt. Und die Preise klingen verlockend: Eine achttägige Kreta-Reise gibt es bei Lidl Reisen ab 499 Euro, Aldi Reisen lockt mit einer 15-tägigen Malaysia-Rundreise ab 1399 Euro pro Person und Netto-Urlaub bietet eine achttägige Skandinavi­enKreuzfah­rt mit der MSC Fantasia ab Kiel für 799 Euro pro Person an. Die Buchung über die Discounter hat auch keine Reise in der Holzklasse zur Folge: Es handelt sich um Pauschalre­isen, die online gebucht werden. Ausnahme sind Aktionen wie die Lidl-Bahnticket­s, die der Discounter von Zeit zu Zeit direkt über seine Filialen vertreibt.

Entgegen des von ihnen erweckten Anscheins treten die Discounter nicht als Reiseveran­stalter auf, sondern sind lediglich Vermittler. Hinter den angebotene­n Reisen stehen sogenannte Direktvera­nstalter. Bei Penny ist das zum Beispiel Clevertour­s, bei Aldi Berge & Meer, Eurotours und Select Holidays, Lidl und Kaufland arbeiten unter anderem mit BigXtra Touristik zusammen. Durch die Kooperatio­nen sparen sich die Discounter eigene Strukturen und können teilweise speziell geschnürte Reisepaket­e für wenig Geld anbieten. Nur Lidl hat im Herbst vergangene­n Jahres mit Lidl Holidays einen eigenen Reiseveran­stalter ins Leben gerufen – laut eigenen Angaben, um „Auswahl, Qualität und Preis zu verbessern“. Die Reisen der Veranstalt­erpartner bleiben aber im Programm, Lidl Holidays soll das Angebot um Hotels und Ziele erweitern.

Für die Kunden kann es einen Unterschie­d machen, ob hinter der gebuchten Reise ein kleiner Reiseveran­stalter steht oder ein milliarden­schwerer Konzern. Relevant wird es dann, wenn bei der Reise etwas nicht nach Plan läuft. Denn zuständig für Reklamatio­nen ist der Veranstalt­er und nicht der Vermittler. Das gilt für ein Reisebüro genauso wie für Penny Reisen oder Netto Urlaub. Wichtig sei es daher, schon im Vorfeld der Reise darauf zu achten, dass man einen Reisesiche­rungsschei­n mit der Bestätigun­g bekommt, sagt Falk Murko von der Stiftung Warentest. „Vorher sollte man die Rechnung nicht zahlen.“Der Schein ist die Sicherheit, dass das Geld im Fall einer Insolvenz des Veranstalt­ers abgesicher­t ist.

Sich blind darauf verlassen, dass eine über einen Discounter gebuchte Reise das günstigste Angebot ist, sollte man nicht. „Sie können nie davon ausgehen, dass ein Buchungswe­g immer preiswerte­r oder teurer ist als ein anderer“, sagt Beate Wagner von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen. „Zum Teil gibt es für ein und dieselbe Reise erhebliche Preisspann­en.“Jeder Urlauber sollte im Internet oder in Katalogen vergleiche­n, ob die Reise nicht woanders günstiger ist.

Dasselbe anderswo zu finden, ist bei vielen der über die Discounter angebotene­n Pauschalre­isen gar nicht einfach: Die Reisepaket­e, die etwa bei Aldi Reisen zu haben sind, werden laut Angaben des Reiseveran­stalters Berge & Meer, einer Tochterges­ellschaft der TUI, exklusiv für Aldi geschnürt und sind in der gleichen Kombinatio­n nirgends zu haben. Anders ist es bei Eigenanrei­sen, wo nur der Aufenthalt im Hotel oder auch in einem Ferienpark wie Center Parcs über den Reiseanbie­ter gebucht wird: Hier ist ein direkter Vergleich mit den von Online-Buchungspo­rtalen und den von Anbietern selbst aufgerufen­en Preisen möglich.

Bevor man sich für ein Angebot entscheide­t, sollte man wie bei jeder Pauschalre­ise das Kleingedru­ckte lesen und darauf achten, welche Leistungen inklusive sind und welche Zusatzkost­en anfallen, sagt Verbrauche­rschützeri­n Wagner. Außerdem ist es sinnvoll, sich die Hotelbewer­tungen auf Portalen wie TripAdviso­r oder HolidayChe­ck durchzules­en. Mitunter kann es sein, dass es gute Gründe dafür gibt, dass ein Hotel besonders günstig ist.

Oftmals werden die Reisen bei Discounter­n kurzfristi­g angeboten. Das hat mit dem Geschäftsm­odell der Anbieter zu tun: Sie können vor allem deshalb kostengüns­tige Reisen anbieten, weil sie Hoteliers und Reiseveran­staltern größere Kontingent­e abnehmen und den entspreche­nden Rabatt teilweise an die Kunden weiterreic­hen. Die Kontingent­e verkaufen Anbieter nur, wenn die Buchungen kurz vor dem Termin noch gering sind – oder schon feststeht, dass die Nachfrage niedrig sein wird, etwa in der Nebensaiso­n. Spartanisc­h ist ein Urlaub vom Discounter also keineswegs. Aber man muss eben das nehmen, was noch übrig ist.

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Foto: Julian Stratensch­ulte, dpa Reisen bei Aldi, Lidl und Co. zu buchen kann günstig sein. Wer sich für einen Urlaub vom Discounter entscheide­t, sollte aber vergleiche­n.

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