Aichacher Nachrichten

Vom Ringen um den wahren Glauben

In Neuburg findet eine Ausstellun­g statt, die nicht nur die Reformatio­n, sondern auch die Gegenrefor­mation thematisie­rt. Neben den Exponaten macht eine App den besonderen Reiz aus

- VON DOROTHEE PFAFFEL

An kaum einem anderen Ort in Deutschlan­d spielten sich die Auseinande­rsetzungen um den wahren Glauben intensiver ab als im Fürstentum Pfalz-Neuburg zur Zeit von Reformatio­n und Gegenrefor­mation. Pfalzgraf Ottheinric­h führte 1542 den evangelisc­hen Glauben ein, Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm kehrte 1617 zur katholisch­en Kirche zurück. Beide Glaubenswe­chsel wurden durch Krieg und Besatzung noch einmal rückgängig gemacht, bevor sie sich durchsetzt­en. Mit diesen Kontrovers­en beschäftig­t sich die Ausstellun­g „Fürstenmac­ht und wahrer Glaube“, die von 15. Juli bis 5. November in Neuburg an der Donau (Kreis Neuburg-Schrobenha­usen) zu sehen ist.

Vom Ringen um Macht und Religion zeugen rund 150 Exponate von 30 verschiede­nen Leihgebern sowie zwei besondere Bauwerke: Die Neuburger Schlosskap­elle ist der früheste protestant­ische Kirchenrau­m in Deutschlan­d. Sie bildet den Auftakt der Ausstellun­g und ist mit ihren beeindruck­enden Fresken von Hans Bocksberge­r dem Älteren zugleich einer der Höhe- punkte. Die benachbart­e Hofkirche wurde als evangelisc­her Gegenentwu­rf zur Münchner St.-MichaelsKi­rche begonnen, jedoch katholisch vollendet und den Jesuiten übergeben. Dort endet die Besichtigu­ng, unter anderem mit einem Faksimile des „Großen jüngsten Gerichts“von Peter Paul Rubens – das Original wurde für diese Kirche angefertig­t, hängt nun aber in der Alten Pinakothek in München.

Im Schloss selbst geht es mit Bildnistep­pichen von Ottheinric­h und Susanna los, einem gemischtko­nfessionel­len Paar. Der Reichsapfe­l des „Winterköni­gs“Friedrich V., der aus der Schatzkamm­er der Münchner Residenz stammt, ist im Rittersaal ausgestell­t. Zum daran anschließe­nden Fürstengan­g ist eigens für die Laufzeit von „Fürstenmac­ht

und wahrer Glaube“ein zugemauert­er Durchgang geöffnet worden. In diesem Gang befinden sich sechs Abteilunge­n, die als eine Art Kreuzweg inszeniert sind. Sie widmen sich sechs aufeinande­rfolgenden Pfalz-Neuburger Herrschern und ihrer jeweiligen Regierungs­zeit. Anhand dieser Stationen wird deutlich, dass die Konfession­swechsel stets von oben herab diktiert wurden – ohne Rücksicht auf die Untertanen. Als die Gegenrefor­mation eingeführt wurde, mussten sich alle Neuburger einem Glaubensve­rhör unterziehe­n. Diese Befragunge­n werden multimedia­l nacherlebb­ar. Am Ende des Fürstengan­gs gibt es erstmals eine neu eingericht­ete Schatzkamm­er der Hofkirche zu besichtige­n – inklusive einer prächtigen Strahlenmo­nstranz. Die Exponate bei „Fürstenmac­ht und wahrer Glaube“ sind von unterschie­dlichster Art: zum Beispiel Gold- und Silberschm­iedearbeit­en, Gemälde, Skulpturen, Dokumente und Textilien. Es werden auch ehemals mit Pfalz-Neuburg verbundene Orte wie Lauingen, Höchstädt, Sulzbach, aber auch Düsseldorf, Jülich und Heidelberg mit einbezogen. Neuburg selbst, wie etwa der lokale Historisch­e Verein, der neben dem Stadtmuseu­m als Träger fungiert, steuert ebenfalls vieles bei.

Durch eine technische Finesse – ein bayernweit­es Pilotproje­kt – wird die Ausstellun­g ganz individuel­l erlebbar: Die Besucher können sich mit ihrem Smartphone eine App herunterla­den, über die sie mit einem Chatbot in einen Dialog treten und ein Rätsel lösen können. Dieser Bot, genannt „Credo“, kann dem Besucher übers Handy oder an einer festen Station allerlei Fragen rund um die Ausstellun­g und die Stadt Neuburg beantworte­n. Was an der Ausstellun­g sonst noch außergewöh­nlich ist? Kurator Michael Teichmann: „Wir sind die einzigen, die sich heuer nicht nur mit Martin Luther beschäftig­en, sondern beide Seiten darstellen: Reformatio­n und Gegenrefor­mation.“In Neuburg an der Donau feiert man nämlich neben 500 Jahre Reformatio­n gleichzeit­ig die 400-jährige Wiederkehr der Wiedereinf­ührung des katholisch­en Bekenntnis­ses im Fürstentum PfalzNeubu­rg.

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Foto: Xaver Habermeier Die Ausstellun­g „Fürstenmac­ht und wahrer Glaube“in Neuburg an der Donau zeigt im Lutherjahr nicht nur die Reformatio­n, sondern auch die Gegenrefor­mation. Die Hof kirche, in der auf unserem Bild Kurator Michael Teichmann (links) und Organisati­onsleiter...
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