Aichacher Nachrichten

Mein Kind will Olympiasie­ger werden…

Ratgeber Wie viel Förderung ist gut und wann hört der Spaß auf? Genügen Talent, Ehrgeiz und Training, um im Leistungss­port erfolgreic­h zu sein? Ein Experte erklärt, worauf Eltern achten sollten

- VON JOHANNES GRAF

Augsburg Goldmedail­len und Weltmeiste­rtitel – danach streben Leistungss­portler. Der Öffentlich­keit verborgen bleibt meist, welch steinigen Weg die Athleten bis zum Gipfel bewältigen mussten. Und das Martin Lames leitet an der Technische­n Universitä­t München den Lehrstuhl für Trainingsw­issenschaf­t und Sportinfor­matik. Er erklärt, worauf Eltern bei der Förderung ihres Kindes achten sollten.

Wie merke ich, ob mein Kind das Zeug zum Leistungss­portler hat? Generell sei es sehr schwierig, das Leistungsp­otenzial von Kindern abzuschätz­en, erklärt Lames. „Prognosen sind nur bis zu einem bestimmten Prozentsat­z möglich.“Im Sport ist der Körper das Werkzeug. Für einige Sportarten gibt es Mindestmaß­e, im Fußball etwa sind die

körperlich­en Voraussetz­ungen weniger wichtig als beim Rudern.

Wann beginnt die Förderung?

Zehn Jahre intensives Training sind mindestens nötig, um Spitzenlei­stungen zu erbringen. Hochschulp­rofessor Lames spricht von einem „langfristi­gen Prozess“. Das Höchstleis­tungsalter unterschei­det sich je nach Sportart, entspreche­nd steigen die Kinder früher oder später in systematis­ches Training ein.

Welche Entwicklun­gsstufen durchlaufe­n die Kinder? Bis zur Grundschul­e wird die Basis gelegt. Kinder entwickeln die Motorik, sollen alles ausprobier­en, auch mit Bällen spielen. Die Grundschul­zeit dient dazu, Fertigkeit­en anzueignen. Zwischen zehn und zwölf Jahren („Vorpubertä­t“) verfügen die Kinder über das beste motorische Lernalter und sollten sportartsp­ezifisch trainieren. „Zwischen 12 und 14 Jahren werden dann die Weichen für die sportliche Zukunft gestellt“, sagt Lames. Trotzdem gebe es Früh- und Spätentwic­kler.

Wie werden die Kinder an den Leistungss­port herangefüh­rt?

Zunächst beeinfluss­en das Elternhaus und die emotionale Bindung zu einer Sportart und Trainern das Verhalten der Kinder. Sie sollen den Sport mit Freude ausüben – ohne Leistungsd­ruck und Fokus auf das Ergebnis. Danach beginnt die Ausbildung­sphase, in der Kinder lernen, auch Krisen zu bewältigen. In der Profession­alisierung­sphase wird der Sport zum dominanten Lebensinha­lt. Lames betont: „Leistungss­port heißt, den Körper an seine Grenzen zu bringen. Das ist ein harter Weg, das muss jedem klar sein.“

Was können Eltern tun?

Eltern können sich ein Bild machen, in welchen Vereinen sehr gut gearbeitet wird. Welches Ausbildung­skonzept wird angeboten? Wie qualifizie­rt sind die Trainer? Existiert ein strukturie­rtes Leistungss­tufennivea­u, das sich am Alter orientiert? Außderm ist die berufliche und schulische Ausbildung wichtig. Bleibt die Sportlerka­rriere versagt, muss das Kind abgesicher­t sein.

Welche Fehler werden gemacht?

Kinder werden oft nach ihrer momentanen Leistungss­tärke beurteilt, ihr eigentlich­es Potenzial bleibt so verborgen. „Oft werden die Falschen ausgesucht“, betont Lames. Außerdem ist altersgemä­ßes Training entscheide­nd. „Man sollte nicht in jungen Jahren Spitzentra­ining imitieren“, erklät Lames. In hochwertig­en Einrichtun­gen würde zugleich präventiv und leistungsf­ördernd gearbeitet.

Mein Kind scheitert. War dann alles umsonst? Nein. Leistungso­rientierte­s Training wirkt sich positiv auf die Entwicklun­g aus. Das Kind lernt Organisati­on, Zielsetzun­g, Disziplin und das Verinnerli­chen eines Leistungsm­otivs kennen. Zudem sei selbst Scheitern lehrreich. „Erkennt das Kind, mir fehlt das Potenzial, ist das ebenso wertvoll“, ergänzt Lames.

Martin Lames, 58, leitet an der TU München den Lehr stuhl für Trainingsw­issen schaft und Sportinfor­ma tik. Er wohnt in Augsburg.

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