Mein Kind will Olympiasieger werden…
Ratgeber Wie viel Förderung ist gut und wann hört der Spaß auf? Genügen Talent, Ehrgeiz und Training, um im Leistungssport erfolgreich zu sein? Ein Experte erklärt, worauf Eltern achten sollten
Augsburg Goldmedaillen und Weltmeistertitel – danach streben Leistungssportler. Der Öffentlichkeit verborgen bleibt meist, welch steinigen Weg die Athleten bis zum Gipfel bewältigen mussten. Und das Martin Lames leitet an der Technischen Universität München den Lehrstuhl für Trainingswissenschaft und Sportinformatik. Er erklärt, worauf Eltern bei der Förderung ihres Kindes achten sollten.
Wie merke ich, ob mein Kind das Zeug zum Leistungssportler hat? Generell sei es sehr schwierig, das Leistungspotenzial von Kindern abzuschätzen, erklärt Lames. „Prognosen sind nur bis zu einem bestimmten Prozentsatz möglich.“Im Sport ist der Körper das Werkzeug. Für einige Sportarten gibt es Mindestmaße, im Fußball etwa sind die
körperlichen Voraussetzungen weniger wichtig als beim Rudern.
Wann beginnt die Förderung?
Zehn Jahre intensives Training sind mindestens nötig, um Spitzenleistungen zu erbringen. Hochschulprofessor Lames spricht von einem „langfristigen Prozess“. Das Höchstleistungsalter unterscheidet sich je nach Sportart, entsprechend steigen die Kinder früher oder später in systematisches Training ein.
Welche Entwicklungsstufen durchlaufen die Kinder? Bis zur Grundschule wird die Basis gelegt. Kinder entwickeln die Motorik, sollen alles ausprobieren, auch mit Bällen spielen. Die Grundschulzeit dient dazu, Fertigkeiten anzueignen. Zwischen zehn und zwölf Jahren („Vorpubertät“) verfügen die Kinder über das beste motorische Lernalter und sollten sportartspezifisch trainieren. „Zwischen 12 und 14 Jahren werden dann die Weichen für die sportliche Zukunft gestellt“, sagt Lames. Trotzdem gebe es Früh- und Spätentwickler.
Wie werden die Kinder an den Leistungssport herangeführt?
Zunächst beeinflussen das Elternhaus und die emotionale Bindung zu einer Sportart und Trainern das Verhalten der Kinder. Sie sollen den Sport mit Freude ausüben – ohne Leistungsdruck und Fokus auf das Ergebnis. Danach beginnt die Ausbildungsphase, in der Kinder lernen, auch Krisen zu bewältigen. In der Professionalisierungsphase wird der Sport zum dominanten Lebensinhalt. Lames betont: „Leistungssport heißt, den Körper an seine Grenzen zu bringen. Das ist ein harter Weg, das muss jedem klar sein.“
Was können Eltern tun?
Eltern können sich ein Bild machen, in welchen Vereinen sehr gut gearbeitet wird. Welches Ausbildungskonzept wird angeboten? Wie qualifiziert sind die Trainer? Existiert ein strukturiertes Leistungsstufenniveau, das sich am Alter orientiert? Außderm ist die berufliche und schulische Ausbildung wichtig. Bleibt die Sportlerkarriere versagt, muss das Kind abgesichert sein.
Welche Fehler werden gemacht?
Kinder werden oft nach ihrer momentanen Leistungsstärke beurteilt, ihr eigentliches Potenzial bleibt so verborgen. „Oft werden die Falschen ausgesucht“, betont Lames. Außerdem ist altersgemäßes Training entscheidend. „Man sollte nicht in jungen Jahren Spitzentraining imitieren“, erklät Lames. In hochwertigen Einrichtungen würde zugleich präventiv und leistungsfördernd gearbeitet.
Mein Kind scheitert. War dann alles umsonst? Nein. Leistungsorientiertes Training wirkt sich positiv auf die Entwicklung aus. Das Kind lernt Organisation, Zielsetzung, Disziplin und das Verinnerlichen eines Leistungsmotivs kennen. Zudem sei selbst Scheitern lehrreich. „Erkennt das Kind, mir fehlt das Potenzial, ist das ebenso wertvoll“, ergänzt Lames.
Martin Lames, 58, leitet an der TU München den Lehr stuhl für Trainingswissen schaft und Sportinforma tik. Er wohnt in Augsburg.