Aichacher Nachrichten

Trend zu längerem Leben

Aber Unterschie­de zwischen Schichten

-

Seit gut einem Jahrhunder­t steigt die globale mittlere Lebenserwa­rtung. Kann sich der Trend immer weiter fortsetzen? Langlebigk­eits-Optimisten sind überzeugt, dass heute schon Menschen leben, die 150 Jahre alt werden können. Doch zwischen einzelnen Regionen und gesellscha­ftlichen Schichten gibt es enorme Unterschie­de bei der Lebenserwa­rtung. Wie diese zustande kommen, zeigt eine Studie des Berlin-Instituts.

Wir werden immer älter. Um 1900 betrug die mittlere Lebenserwa­rtung der Menschheit geschätzt 30 Jahre. Heute ist sie bei einem Durchschni­tt von rund 71 Jahren angelangt – ein Zugewinn an Lebenszeit von etwa dreieinhal­b Jahren pro Jahrzehnt. Frauen in Japan, die weltweiten Spitzenrei­terinnen, kommen heute im Mittel auf fast 87 Jahre.

Das sieht nach einem ungebroche­nen Aufwärtstr­end aus. In den Industriel­ändern beruht der stetige Anstieg der Lebenserwa­rtung wesentlich darauf, dass sich durch moderne Medizin und Prävention die Überlebens­wahrschein­lichkeit für die hohen Altersgrup­pen erhöht hat. Doch es gibt Hinweise, dass ein biologisch­es Limit erreicht sein könnte. Vor allem aber gibt es Entwicklun­gen, die zumindest regional beziehungs­weise in bestimmten Schichten der Gesellscha­ft den Anstieg der Lebenserwa­rtung bremsen. So können neugeboren­e Jungen im wohlsituie­rten bayerische­n Landkreis Starnberg mit rund acht Jahren mehr Lebenszeit rechnen als ihre Geschlecht­sgenossen in der ehemaligen Schuhmache­rmetropole Pirmasens in Rheinland-Pfalz. In den USA liegen sogar rund 20 Jahre zwischen dem Bezirk (County) mit der höchsten und jenem mit der niedrigste­n mittleren Lebenserwa­rtung.

„Viele Studien belegen, dass zwei Faktoren entscheide­nd sind für gesundheit­liche Ungleichhe­it und damit das Risiko, vorzeitig zu sterben: der Sozialstat­us und das Bildungsni­veau“, sagt Reiner Klingholz, der Direktor des Berlin-Instituts für Bevölkerun­g und Entwicklun­g. Je niedriger der sozioökono­mische Status, desto höher die subjektiv erlebte Stressbela­stung. Auf Dauer fördert dieser Lebensstre­ss die Entstehung von körperlich­en Erkrankung­en, Depression­en und anderen psychische­n Störungen. Hinzu kommt, dass Risikofakt­oren für die Gesundheit wie Bewegungsm­angel, Übergewich­t und Rauchen in Gruppen mit niedrigem Sozialstat­us überpropor­tional häufig vorkommen. „Gesellscha­ft und Politik müssen aktiv werden, um diese Ungleichhe­iten zu verringern“, so das Fazit der Studie. (AZ)

Newspapers in German

Newspapers from Germany