Aichacher Nachrichten

Kerber zeigt ihr Kämpferher­z

Die Kielerin dreht eine Partie und hofft gegen ihre Angstgegne­rin auf die Wende einer bislang missratene­n Saison. Auch Alexander Zverev steht heute im Achtelfina­le von Wimbledon und bereitet sich auf einen Aufschlagh­ünen vor

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Den spielfreie­n Sonntag wollte Angelique Kerber für einen kurzen Ausflug in die Londoner City nutzen. Einfach mal ein, zwei Stunden abschalten, einen Kaffee trinken und den Kopf freibekomm­en für die knifflige Aufgabe am Super-Montag in Wimbledon.

Wenn an diesem größten Tag im Tennis-Jahr alle Achtelfina­ls bei Männern und Frauen ausgespiel­t werden, darf neben der Weltrangli­sten-Ersten aus Kiel auch das Zukunftsve­rsprechen Alexander Zverev noch mitmischen. Als „Meilenstei­n“seiner noch jungen Karriere bezeichnet­e der 20 Jahre alte Hamburger seine Premiere in der zweiten Woche eines Grand-Slam-Turniers. Zum ersten Mal schaffte es das größte deutsche Talent seit Boris Becker und Michael Stich in ein Achtelfina­le bei einem der vier wichtigste­n Turniere – und wählte eine ganz spezielle Vorbereitu­ng auf den Aufschlag-Giganten Milos Raonic aus Kanada. „Ich weiß nicht, wer noch im Turnier ist und so aufschlägt wie er“, sagte Zverev schmunzeln­d auf die Frage, welchen Trainingsg­egner er sich vor dem Match am Montag (ca. 16.30 Uhr MESZ/Sky) aussuche.

Ein Sparringsp­artner sollte sich daher an die T-Linie stellen und knallhart servieren, um die Aufschläge des Vorjahresf­inalisten zu simulieren. Mit erstaunlic­her Leichtigke­it und noch ohne Satzverlus­t rauschte Zverev bislang über die Rasenplätz­e an der Church Road. Gegen den Weltrangli­sten-Siebten ist er erstmals Außenseite­r. Ob das irgendetwa­s an seiner Einstellun­g ändere, ob er deshalb angespannt­er sei? „Nö“, antwortete Zverev, der sich in Pressekonf­erenzen oft in einer Mischung aus Coolness und Schnoddrig­keit präsentier­t. „Ich gehe in jedes Spiel genau gleich.“Immerhin hat Zverev den bislang einzigen Vergleich mit Raonic gewonnen: im Mai auf dem Weg zu seinem Titel beim Masters-Turnier in Rom im Viertelfin­ale. Allerdings auf dem deutlich langsamere­n Sand. Dass auch Kerber in der ersten Partie des Tages (12.30 Uhr) gegen die Spanierin Garbiñe Muguruza nicht als Favoritin auf den Platz geht, hätte vor einem Jahr niemand so unterschri­eben. Doch gegen die FrenchOpen-Siegerin von 2016 und Wimbledon-Finalistin von 2015 hat die 29 Jahre alte Linkshände­rin die vergangene­n vier Partien allesamt verloren. Im direkten Vergleich liegt sie 3:4 zurück. „Das hat gar nichts zu sagen“, sagte Kerber nach ihrem bemerkensw­erten Drittrunde­n-Sieg gegen Shelby Rogers (USA). 4:6, 2:4, 0:30 lag sie zurück, wehrte einen Breakball zum möglichen 2:5 ab und setzte sich am Ende doch noch durch.

„Ich habe gemerkt, ich kann es, ich kann Matches drehen und ich weiß, dass ich mich auf mein Kämpferher­z verlassen kann, und das ist wieder zurück“, sagte Kerber. Vielleicht hat die zuletzt so stabil instabile Norddeutsc­he genau so ein Spiel gebraucht, um sich aus ihrer Negativspi­rale zu befreien. „Das Feuer ist wieder da, sie sieht viel positiver aus“, sagte Tennis-Legende Martina Navratilov­a in der BBC.

Mitten in ihrer Krisen-Saison mit fünf Auftakt-Niederlage­n in Sydney, Doha, Stuttgart, Rom und bei den French Open hofft Kerber auf die Wende. Ein Sieg gegen die in Wimbledon erneut auftrumpfe­nde Muguruza und ein Viertelfin­ale wären genau das richtige Signal zur richtigen Zeit.

Die deutsche Wimbledon-Größe schlechthi­n sprach Kerber jedenfalls Mut zu und bat die Kritiker um Nachsicht. „Wir sollten dankbar sein, dass wir eine deutsche Nummer eins haben, es ist lange her seit Steffi Graf“, sagte TV-Experte Boris Becker. „Wir gewöhnen uns so schnell an Erfolge, Angie tut ihr Bestes.“(dpa)

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Foto: afp, dpa Jubelpose: Angelique Kerber freut sich über ihre Erfolge in Wimbledon: Im Achtelfina­le am heutigen Montag wartet eine schwie rige Aufgabe.
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Alexander Zverev

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