Aichacher Nachrichten

Als der Kaiser den Dichtern den Lorbeerkra­nz verlieh

Vor genau 500 Jahren wurde Ulrich von Hutten in Augsburg gekrönt. Jetzt kehrt sogar die Urkunde zurück

- VON ALOIS KNOLLER

O saeculum! O litterae! Iuvat vivere (...) Vigent studia, florent ingenia. Heus te accipe laqueum, barbaries, exilium prospice. Ulrich von Hutten (1488–1523), einer der letzten Ritter des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation, jubelte über seine Zeit: „O Jahrhunder­t! O Bildung! Es ist eine Lust zu leben (...) Die Studien blühen auf, die Geister regen sich. Nimm den Strick, Barbarei, erwarte das Exil.“

Im Reformatio­nsjahr 1517 erlebte auch er seine große Stunde: Kaiser Maximilian I. krönte ihn am 12. Juli in Augsburg zum Dichterkön­ig. Sogar eine prächtige Urkunde wurde über die Zeremonie ausgestell­t. Eine Zeit lang war sie verscholle­n, untergegan­gen in einem Adelsarchi­v, und erst das Staatsarch­iv Würzburg entdeckte sie, als es den Bestand übernahm. Auf den Tag genau 500 Jahre später wird sie am Mittwoch nach Augsburg zurückkehr­en – als Auftakt einer öffentlich­en Jubiläumst­agung im Rokokosaal im Fronhof.

Hutten, wer war das? „Er hatte seinen Hype im deutschen Kulturkamp­f des protestant­ischen Kaiserreic­hs gegen den Katholizis­mus“, erklärt Prof. Klaus Wolf (Deutsche Literatur und Sprache des Mittelalte­rs und der Frühen Neuzeit), der die Tagung organisier­t hat. Hutten war wie Luther einer, der gegen das päpstliche Rom kämpfte. In seinen „Dunkelmänn­erbriefen“(1514/16) verspottet­e der Humanist die rückständi­gen Scholastik­er, vor allem das Küchenlate­in der Dominikane­r. „Es ist ein Kabinettst­ück der Satire“, so Wolf. „Die Humanisten hatten es anfangs schwer, sich durchzuset­zen. Sie orientiert­en sich an der Antike, lasen Cicero und Vergil, während an den Universitä­ten das mittelalte­rliche Latein dominierte.“

Kaiser Maximilian dagegen zeigte mit seiner Dichterkrö­nung, dass er auf der Höhe der Zeit war. Der antike Brauch war in italienisc­hen Städten wiederbele­bt worden. Aber die Habsburger sprangen alsbald auf, scharten Humanisten um sich und demonstrie­rten damit ihre Kunstsinni­gkeit – „und ihren Machtanspr­uch“, betont Wolf. Beide Seiten profitiert­en voneinande­r, „es war eine Win-win-Situation“.

Ulrich von Hutten wurde dem Titel des Poeta laureatus durchaus gerecht. Seine Schrift über die Verskunst fand auch im Ausland rasch Anerkennun­g. Er galt als die größte Hoffnung unter den Humanisten. Den Lorbeerkra­nz wand ihm 1517 Conrad Peutingers Tochter. Mehr und mehr wandte sich Hutten der nationalen Sache zu, seine Schrift „Arminius“feierte den Cherusker als ersten, der das römische Joch abgeworfen hat. In den Befreiungs­kriegen gegen Napoleon und während der Reichsgrün­dung kam diese deutsche Begeisteru­ng gut an.

Noch mehr Ruhm brachte Hutten freilich ein medizinisc­her Bestseller ein: „Die Guajakkur gegen die Franzosenk­rankheit“, 1519 dezent auf Latein verfasst, beschreibt seine Therapie gegen die Syphilis, an der Hutten in Augsburg laborierte, in einem sehr selbstbewu­ssten Ton. Es war die Seuche einer Epoche, in der junge Männer in die Welt auszogen.

Acht Redner sprechen ab 15 Uhr im Rokokosaal; um 13 Uhr wird im die Urkunde präsentier­t.

 ?? Foto: Arne Pilles/ Deutsches Historisch­es Museum, Berlin ?? So stellte sich der Maler Friedrich Mar tersteig die Krönung Ulrich von Huttens 1517 in Augsburg vor.
Foto: Arne Pilles/ Deutsches Historisch­es Museum, Berlin So stellte sich der Maler Friedrich Mar tersteig die Krönung Ulrich von Huttens 1517 in Augsburg vor.

Newspapers in German

Newspapers from Germany