Wenn das Bobby Car zum Rennwagen wird
Kinder und Erwachsene düsen am Klinkerberg um die Wette. Während die einen das klassische Kinder-Gefährt mitbringen, schwören Profis wie Dominik Rivola aus Meitingen auf teure und schnelle Extras
Nicht nur Kinder flitzen mit BobbyCars den gesperrten Klinkerberg hinunter. Am Sonntag bestiegen kurz nach 14 Uhr Männer und Frauen die kleinen Gefährte. Die Motorradmonturen und Helme, vor allem aber die konzentrierten Gesichter machten schon auf den ersten Blick klar: Jetzt wird es ernst. Tatsächlich fuhren die erwachsenen Kindsköpfe im Rahmen der Bayerischen BigBobby-Car-Meisterschaft Augsburg um Weltranglisten-Punkte.
Der Rennzirkus auf den Spielzeug-Mobilen steht in der Tradition der Seifenkistenrennen. Wie bei der Formel-1 gibt es ein detailliertes Regelwerk. Der derzeit beste Pilot kommt aus Meitingen. Seine „Karriere“begann Dominik Rivola mit drei Jahren – und beendete sie kurz danach wieder, ganz so wie alle anderen Kinder. Im Gegensatz zu den meisten Kids allerdings feierte Rivola Jahrzehnte später ein Come- back auf dem Kunststoff-Boliden. Bei einem Spaßrennen in Biberbach nahm er aus Jux Teil. „Da hat mich der Ehrgeiz gepackt“, erinnert sich der heute 28-jährige. In dieser Saison belegt er aktuell Platz Eins der Profiklasse und gewann auch in Augsburg. Wobei die Weltrangliste im Grunde genommen eine nationale Liste ist, denn wie die Bobby-Cars vom Fürther Spielwarenhersteller BIG stammt auch der Bobby-CarSport aus Deutschland.
Das Fein-Tuning an seinem Boliden übernimmt Rivola komplett selbst. Das Streben nach dem perfekten Flitzer kostet nicht nur Zeit, sondern auch Geld: „Mittlerweile habe ich einen vierstelligen Betrag in das Fahrzeug gesteckt“, berichtet der Maschinenbautechniker. Unter anderem für selbst gebaute Felgen aus hochfestem Aluminium, wie es auch in der Raumfahrt zum Einsatz kommt. „Wenige Zentimeter über dem Boden mit bis 90 km/h, das ist Adrenalin pur“, schwärmt Rivola. Er hat auch seine Freundin Franziska Mair (26) angesteckt. Beim Amateur-Rennen belegte sie den ersten Platz. Der Anteil weiblicher Fahrer nimmt zu. Das zeigte auch der Ausgang des Rennens in der Kinderklasse 7 bis 9 Jahre. Die 9-jährige Cleo Lindemann aus Ludwigsburg ist schon seit zweieinhalb Jahren in der Szene, hier in Augsburg holte sie ihren ersten Sieg. Der Papa war Rennleiter, sonst wäre er selbst am Start gewesen. Alles andere als ein Einzelfall in der Szene: Bei den meisten Teilnehmern ist die ganze Familie gern dabei.
Augsburg ist neu im Rennkalender. Dass es hier eine Meisterschaft gibt, liegt am Verein Augusta Pirum, der auch das nebenan am Plärrer ins Leben gerufene Kultur- und Freizeit-Festival Auxzeit initiierte. Organisiert wurden die Rennen vom Bobby-Car-Sportverband.
Gestartet wurde von einer erhöhten Startrampe. Genau darin liegt auch für Anfänger die Mutprobe. Während die Profis um Weltranglisten-Punkte kämpften, war der Wettbewerb für Kinder und Amateure offen. Der 56-jährige Armin Herwanger war einer davon. Sein Fahrzeug hatte er sich von seinen Kindern ausgeliehen. Auf die Frage, ob seine Kinder auch teilnehmen, meinte er: „Nein, die Kinder fahren schon lange nicht mehr. Die finden es peinlich, dass ich mitmache.“
Das Rennen war gut besucht. Zum einen, weil die Anwohner neugierig wurden, warum die Straße abgesperrt war. Anderen ging es wie Daniel Schmidt (32) und seinen Freunden, die zufällig mit den Fahrrädern vorbei kamen und nicht schlecht staunten, als sie Erwachsene in Motorradkleidung mit zurückgelehnten Oberkörpern blitzschnell auf Bobby-Cars den Klinkerberg hinab düsen sahen.