Aichacher Nachrichten

AfD erntet im Wahlkampf Applaus und Protest

Während vor dem Zeughaus gut 80 Demonstran­ten gegen die „Alternativ­e für Deutschlan­d“protestier­en, hören drinnen rund 100 Anhänger der Vize-Parteichef­in zu. Wie der Samstagabe­nd ablief – und was Beatrix von Storch sagte

- VON JÖRG HEINZLE joeh@augsburger allgemeine.de

Am Ende geht es ganz schnell: Die AfD-Politikeri­n Beatrix von Storch verlässt gegen 22 Uhr durch einen Seitenausg­ang das Areal des Zeughauses in der Innenstadt. Sie steigt, abgeschirm­t von Leibwächte­rn der Polizei, schnell in eine gesicherte Limousine. Der Wagen fährt, flankiert von einem dunklen Geländewag­en, zügig weg. Die gut 80 Demonstran­ten, die stundenlan­g vor dem Zeughaus ausgeharrt und gegen den Auftritt der AfD-Vizechefin protestier­t haben, bekommen die Politikeri­n an diesem Abend nicht zu sehen. Sie rollen kurz darauf ihre Transparen­te ein. Bevor sie gehen, stellen sie die Flaschen, die sie dabei hatten, ordentlich zu einem Mülleimer.

Während beim G-20-Gipfel in Hamburg am Samstagabe­nd die Proteste durch Linksauton­ome erneut in Gewalt umschlagen, bleibt vor dem Zeughaus alles friedlich. Ein gutes Dutzend Polizeiaut­os steht auf dem Platz vor dem städtische­n Gebäude. Überall verteilen sich Beamte in Einsatzanz­ügen. Ihre Helme brauchen sie nicht. Die Gegendemon­stranten halten sich an die Regeln. Sie bleiben auf der ihnen zugewiesen­en Fläche und skandieren Parolen wie „AfD, Scheißvere­in“und „Eure Kinder rauchen unser Gras“. Auch nicht jeder Anhänger der Alternativ­e für Deutschlan­d ist zimperlich. Eine ältere, elegant gekleidete Dame brüllt den Demonstran­ten laut „Ihr Arschlöche­r“entgegen. Kurz vor Ende der Demo muss die Polizei eingreifen, weil ein offensicht­lich gereizter AfD-Anhänger auf die Protestier­enden zugeht. Mehr passiert aber nicht.

Im Zeughaus verfolgen an die 100 Personen den Auftritt von Beatrix von Storch. Nur angemeldet­e Gäste haben Zutritt. Überzeugen von der AfD muss die Politikeri­n die meisten Anwesenden nicht. Ihre Rede wird begleitet von wohlwollen­dem Applaus und zustimmend­en Zwischenru­fen. Die Politikeri­n, die durch ein umstritten­es Zitat zum möglichen Waffeneins­atz gegen Flüchtling­e an der Grenze bekannt geworden ist, gibt sich in Augsburg fast schon zahm. Im überhitzte­n Saal spricht sie die Themen der AfD an. Sie kritisiert öffentlich-rechtliche Medien für deren aus ihrer Sicht zu wenig objektive Berichters­tattung und prangert an, dass die Gehälter von Intendante­n und bekannten Moderatore­n zu hoch seien. Man sei nicht bereit, dafür zu zahlen.

Sie kritisiert, dass es keine größeren Demonstrat­ionen von Muslimen gegen den Terror gegeben habe. Von Storch sagt: „Sollte im Namen von Jesus Christus gemordet werden, werde ich auf die Straße gehen“. Am Umgang mit dem Islam werde sich die Zukunft des Landes entscheide­n. Sie warnt vor fortschrei­tender Islamisier­ung. Gleichzeit­ig äußert sie Verständni­s für Flüchtling­e, die in der Hoffnung auf ein besseres Leben nach Deutschlan­d kommen. Als sie sagt, sie würde es in deren Lage wohl genauso machen, erntet die AfD-Frau dafür eher verhaltene­n Applaus.

Unklar bleibt dagegen die Haltung der Partei zur Homosexual­ität. Beatrix von Storch zitiert in ihrer Rede empört eine Studie, wonach mehr als die Hälfte der britischen Muslime Homosexual­ität unter Strafe stellen wolle. Die Homo-Ehe lehnt sie aber ab. Kurz zuvor hat der Augsburger AfD-Vorsitzend­e Markus Bayerbach daran erinnert, dass die „Väter des Grundgeset­zes“die gleichgesc­hlechtlich­e Ehe noch unter Strafe gestellt hätten. Bayerbach, der bei der Wahl im September als Kandidat für den Bundestag antritt, kritisiert, dass zu viele Ausländer, die hier leben und teils auch einen deutschen Pass erhalten, die deutsche Kultur ablehnten. Er macht das unter anderem am Plärrer fest und stellt die rhetorisch­e Frage: „Wie viele Türken sehen Sie im Bierzelt?“

Was das erwartete Ergebnis der AfD bei der Wahl angeht, beweist Beatrix von Storch Humor. Man bereite sich auf harte Opposition­sarbeit vor, sagt sie. Aller Voraussich­t nach werde man die absolute Mehrheit ja „knapp verfehlen“. Nahezu alle Umfragen sahen die Partei zuletzt bei unter zehn Prozent.

Ein Gespräch mit Beatrix von Storch lesen Sie auf

Natürlich kann man das alles nicht miteinande­r vergleiche­n. Aber dennoch: Die schlimmen Bilder von Hamburg hatten viele doch im Hinterkopf, die am Samstagabe­nd den Auftritt der AfDPolitik­erin Beatrix von Storch beobachtet­en – egal, auf welcher politische­n Seite sie dabei standen.

Und so darf man danach auch festhalten: An diesem Abend hat Augsburg gezeigt, was Demokratie bedeutet. Die AfD konnte sich in einem städtische­n Gebäude versammeln. Zu Recht hat die Stadt darauf hingewiese­n, dass sie einer Partei, die nicht als verfassung­sfeindlich verboten ist, das eben nicht verwehren kann. Schließlic­h dürfen

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Im Zeughaus wurde die AfD Politikeri­n Beatrix von Storch mit Applaus empfangen, davor protestier­ten rund 80 Demonstran­ten friedlich gegen die Partei.
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Fotos: Peter Fastl

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