Wo Rotmilane und Windräder zugleich kreisen
VON CHRISTIAN LICHTENSTERN
Wenn es gilt, ein rotierendes Windrad in der Nachbarschaft zu verhindern, dann werden Menschen plötzlich zu Vogelfreunden. Sie erkunden überall kreisende Rotmilane, auch wenn sie bis dato keinen großen Unterschied zwischen Spatz und Storch erkannt haben. Das ist dem Landesbund für Vogelschutz nun ganz bestimmt nicht vorzuwerfen. Anders als die Kollegen vom Bund Naturschutz, die sich auch hier im Wittelsbacher Land für die Windkraftnutzung aussprechen, hat der LBV immer klar Position für den Artenschutz bezogen. Und dann auch Standorte abgelehnt, die vom Aussterben bedrohte Vögel wie Milan, Schwarzstorch oder Uhu gefährden. Der Rotmilan hat in dieser Liste eine herausragende Rolle. Denn der beeindruckende Greifvogel wird nicht umsonst als heimlicher Wappenvogel dieses Landes bezeichnet. Mehr als die Hälfte der gesamten Population dieser bedrohten Art wird in Deutschland und hier vor allem in den südlichen Bundesländern nachgewiesen. Da gibt es nicht so viele vergleichbare Tierarten und daraus erwächst auch eine besondere Verantwortung. Die Rechtsprechung macht dazu mittlerweile auch klare Vorgaben. Artenschutz hat Vorrang vor Windkraftnutzung, wenn ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für den Rotmilan besteht.
In der Region ist das auch umgesetzt worden. In Baar dürfen nur zwei von drei beantragten Rädern gebaut werden, und etwas weiter nördlich im Nachbarlandkreis Donau-Ries sind mehrere Anlagen nicht genehmigt worden, weil sie bedrohte Arten gefährden würden. Das wird einem Teil der Windkraftbefürworter und vor allem den Investoren nicht schmecken, ist aber richtig. Auf der anderen Seite sollte auch niemand den Milan sozusagen als Luftwaffe im Kampf gegen die Energiewende missbrauchen. Auf einer Erde in der Klimakatastrophe oder nach einem Atomunfall können Menschen und Rotmilane nicht mehr leben.