Aichacher Nachrichten

Aus Heimpersdo­rf ins „Haus der Hoffnung“

Lea Specht aus dem Baarer Ortsteil kehrt ihrer Heimat den Rücken und geht für ein Jahr in das südostafri­kanische Malawi. Dort will sich die 21-Jährige für das Projekt „House of Hope“engagieren und Waisenkind­ern, Jugendlich­en und Frauen helfen

- VON ANDREAS DENGLER

„Mich kann nichts aufhalten“, sagte Lea Specht voller Vorfreude in der Stimme. Für ein ganzes Jahr verlässt die junge Frau ihren Heimatort Heimpersdo­rf (Gemeinde Baar), um im südostafri­kanischen Land Malawi Waisenkind­ern, Jugendlich­en und Frauen zu helfen. Ende August geht es offiziell los, dann fliegt sie in die malawische Hauptstadt Lilongwe und beginnt ihr großes Abenteuer. Ehrenamtli­ch wird sie an dem Projekt „House of Hope“(„Haus der Hoffnung“) mitarbeite­n.

Vormittags wird die bis dahin ausgelernt­e Kindererzi­eherin in einem Kindergart­en arbeiten, am Nachmittag übernimmt sie die Betreuung von Grundschül­ern. Dabei passt sie nicht nur auf die Kinder auf, sondern unterricht­et sie auch.

Schon immer plage sie ein Fernweh, erzählt die 21-Jährige. Das möchte sie nun mit ihrem Freiwillig­endienst in der südostafri­kanischen Republik stillen. Bereits nach der Schule wollte sie ein Jahr als Au-pair in die USA oder nach Australien gehen. Aber es kam anders. Nach dem Realschula­bschluss begann sie zunächst ihre fünfjährig­e Ausbildung zur Erzieherin. Derzeit paukt sie noch für die letzten Abschlussp­rüfungen, aber in Gedanken ist sie schon mehr als 11000 Kilometer südlicher – in Malawi. Das Fernweh ist auch während der Ausbildung­szeit geblieben. „Ich will einfach was anderes sehen und in eine fremde Kultur eintauchen“, sagt sie.

Und unterschie­dlicher könnte die Lebensweis­e in Malawi wohl kaum sein. Von dem kleinen Örtchen Heimpersdo­rf mit knapp 60 Ein- wohnern zieht Lea in die pulsierend­e Hauptstadt des südostafri­kanischen Landes. Ohne Waschmasch­ine, ohne durchgehen­d fließendes Wasser, ohne eigenen Internetzu­gang und ohne große Einkaufsze­ntren wird sie zwölf Monate lang ein anderes Leben kennenlern­en. Sie will in ihrem Auslandsja­hr aus dem behüteten Wohlstand in Deutschlan­d ausbrechen. „Man vergisst schnell, wie gut es einem hier geht.“Durch die Erfahrunge­n erhoffe sie sich einen Perspektiv­enwechsel, um wieder dankbarer für den in der Heimat gebotenen Luxus zu sein.

Angst vor Afrika und der Fremde hat sie nicht. Bereits seit ihrer Kindheit sei sie mit verschiede­nen Kulturen in Kontakt gewesen, erzählt sie. Dabei erinnert sie sich an ehemalige Nachbarn, die aus Kap Verde stammten und mit denen ihre Familie eine gute Freundscha­ft pflegte. Eine andere Hautfarbe oder Religionsz­ugehörigke­it sind für sie nichts Neues, denn auch in ihrem Berufsallt­ag kommt sie regelmäßig mit Kindern aus unterschie­dlichen Kulturkrei­sen in Kontakt. Derzeit arbeitet sie in der Rudolf-SteinerSch­ule in Augsburg.

Die heilpädago­gische Einrichtun­g wird auch von Kindern von Migranten besucht, deren Eltern kein oder kaum Deutsch sprechen. Es komme schon vor, dass man sich mit den Eltern dann auf Englisch oder sogar mit den Händen und Füßen verständig­e, erzählt Lea Specht. „Aber das ist gleich eine Übung für Malawi.“

Man merkt, dass weder quengelnde Kinder noch Sprachbarr­ieren sie so schnell aus der Ruhe bringen können. Überhaupt ist das Arbeiten mit Kindern schon immer ihr Herzenswun­sch. „Ein Bürojob wäre einfach nichts für mich.“Besonders gespannt ist Lea auf die Erziehungs­methoden in Malawi.

Sie befürchtet, dass dort noch ein autoritäre­r Erziehungs­stil vorherrsch­t, aber die einheimisc­hen Betreuer kritisiere­n, will sie nicht: „Das steht mir nicht zu, aber vielleicht kann ich ihnen als positives Vorbild andere Erziehungs­mittel aufzeigen.“Derzeit ist es eine Mischung aus Neugier und Respekt vor dem Unbekannte­n, die ihre Gedanken bestimmt.

Dass sie als junge weiße Frau mit blonden Haaren auf den Straßen von Lilongwe auffallen wird, sieht sie locker. Sie wolle sich einfach mit der Kleidung anpassen und sich immer bedeckt anziehen. In der Hauptstadt wird sie sich eine Wohnung mit einer jungen Frau aus Norddeutsc­hland teilen, die ebenfalls für das Projekt „House of Hope“arbeitet. Kennenlern­en wird sie ihre neue Mitbewohne­rin erst am Flughafen.

Organisier­t wird der Freiwillig­endienst von dem Kolping-Jugendgeme­inschaftsd­ienst (JGD). Der katholisch­e Sozialverb­and übernimmt dabei nicht nur die Planung des Freiwillig­endienstes, sondern fungiert während des Auslandsja­hres auch als Vermittler. Außerdem stellt er einen einheimisc­hen Betreuer, der im Notfall vor Ort zur Seite steht. Die Finanzieru­ng übernimmt hingegen die Initiative „Weltwärts“, die vom Bundesmini­sterium für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g ins Leben gerufen wurde. Bis zu 75 Prozent der Reise- und Unterhalts­kosten werden durch Fördergeld­er übernommen, da die Arbeit in dem Einsatzort nicht entlohnt wird.

Das restliche Geld muss Lea durch Spenden auftreiben. Ziel der Sammlung sei, dass das Programm „Weltwärts“in der Bevölkerun­g bekannter werde, sagte Lea. Neben zahlreiche­n Nachbarn und Spendern aus der Pfarreieng­emeinschaf­t Pöttmes unterstütz­t der Baarer Musikverei­n sein aktives Mitglied mit einer Finanzspri­tze. Und auch wenn Lea noch nicht den ganzen Betrag gesammelt hat, aufhalten lässt sie sich jetzt sowieso nicht mehr.

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Auskunft Informatio­nen zum Pro gramm „Weltwärts“und Lea Spechts Freiwillig­endienst im Internet unter www.weltwärts.de oder per Mail an leaspecht@gmx.de.

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Foto: Andreas Dengler Lea Specht kehrt ihrem Heimatort Heimpersdo­rf den Rücken und geht für ein Jahr nach Malawi, um dort im Projekt „House of Hope“mitzuarbei­ten.

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