Aus Heimpersdorf ins „Haus der Hoffnung“
Lea Specht aus dem Baarer Ortsteil kehrt ihrer Heimat den Rücken und geht für ein Jahr in das südostafrikanische Malawi. Dort will sich die 21-Jährige für das Projekt „House of Hope“engagieren und Waisenkindern, Jugendlichen und Frauen helfen
„Mich kann nichts aufhalten“, sagte Lea Specht voller Vorfreude in der Stimme. Für ein ganzes Jahr verlässt die junge Frau ihren Heimatort Heimpersdorf (Gemeinde Baar), um im südostafrikanischen Land Malawi Waisenkindern, Jugendlichen und Frauen zu helfen. Ende August geht es offiziell los, dann fliegt sie in die malawische Hauptstadt Lilongwe und beginnt ihr großes Abenteuer. Ehrenamtlich wird sie an dem Projekt „House of Hope“(„Haus der Hoffnung“) mitarbeiten.
Vormittags wird die bis dahin ausgelernte Kindererzieherin in einem Kindergarten arbeiten, am Nachmittag übernimmt sie die Betreuung von Grundschülern. Dabei passt sie nicht nur auf die Kinder auf, sondern unterrichtet sie auch.
Schon immer plage sie ein Fernweh, erzählt die 21-Jährige. Das möchte sie nun mit ihrem Freiwilligendienst in der südostafrikanischen Republik stillen. Bereits nach der Schule wollte sie ein Jahr als Au-pair in die USA oder nach Australien gehen. Aber es kam anders. Nach dem Realschulabschluss begann sie zunächst ihre fünfjährige Ausbildung zur Erzieherin. Derzeit paukt sie noch für die letzten Abschlussprüfungen, aber in Gedanken ist sie schon mehr als 11000 Kilometer südlicher – in Malawi. Das Fernweh ist auch während der Ausbildungszeit geblieben. „Ich will einfach was anderes sehen und in eine fremde Kultur eintauchen“, sagt sie.
Und unterschiedlicher könnte die Lebensweise in Malawi wohl kaum sein. Von dem kleinen Örtchen Heimpersdorf mit knapp 60 Ein- wohnern zieht Lea in die pulsierende Hauptstadt des südostafrikanischen Landes. Ohne Waschmaschine, ohne durchgehend fließendes Wasser, ohne eigenen Internetzugang und ohne große Einkaufszentren wird sie zwölf Monate lang ein anderes Leben kennenlernen. Sie will in ihrem Auslandsjahr aus dem behüteten Wohlstand in Deutschland ausbrechen. „Man vergisst schnell, wie gut es einem hier geht.“Durch die Erfahrungen erhoffe sie sich einen Perspektivenwechsel, um wieder dankbarer für den in der Heimat gebotenen Luxus zu sein.
Angst vor Afrika und der Fremde hat sie nicht. Bereits seit ihrer Kindheit sei sie mit verschiedenen Kulturen in Kontakt gewesen, erzählt sie. Dabei erinnert sie sich an ehemalige Nachbarn, die aus Kap Verde stammten und mit denen ihre Familie eine gute Freundschaft pflegte. Eine andere Hautfarbe oder Religionszugehörigkeit sind für sie nichts Neues, denn auch in ihrem Berufsalltag kommt sie regelmäßig mit Kindern aus unterschiedlichen Kulturkreisen in Kontakt. Derzeit arbeitet sie in der Rudolf-SteinerSchule in Augsburg.
Die heilpädagogische Einrichtung wird auch von Kindern von Migranten besucht, deren Eltern kein oder kaum Deutsch sprechen. Es komme schon vor, dass man sich mit den Eltern dann auf Englisch oder sogar mit den Händen und Füßen verständige, erzählt Lea Specht. „Aber das ist gleich eine Übung für Malawi.“
Man merkt, dass weder quengelnde Kinder noch Sprachbarrieren sie so schnell aus der Ruhe bringen können. Überhaupt ist das Arbeiten mit Kindern schon immer ihr Herzenswunsch. „Ein Bürojob wäre einfach nichts für mich.“Besonders gespannt ist Lea auf die Erziehungsmethoden in Malawi.
Sie befürchtet, dass dort noch ein autoritärer Erziehungsstil vorherrscht, aber die einheimischen Betreuer kritisieren, will sie nicht: „Das steht mir nicht zu, aber vielleicht kann ich ihnen als positives Vorbild andere Erziehungsmittel aufzeigen.“Derzeit ist es eine Mischung aus Neugier und Respekt vor dem Unbekannten, die ihre Gedanken bestimmt.
Dass sie als junge weiße Frau mit blonden Haaren auf den Straßen von Lilongwe auffallen wird, sieht sie locker. Sie wolle sich einfach mit der Kleidung anpassen und sich immer bedeckt anziehen. In der Hauptstadt wird sie sich eine Wohnung mit einer jungen Frau aus Norddeutschland teilen, die ebenfalls für das Projekt „House of Hope“arbeitet. Kennenlernen wird sie ihre neue Mitbewohnerin erst am Flughafen.
Organisiert wird der Freiwilligendienst von dem Kolping-Jugendgemeinschaftsdienst (JGD). Der katholische Sozialverband übernimmt dabei nicht nur die Planung des Freiwilligendienstes, sondern fungiert während des Auslandsjahres auch als Vermittler. Außerdem stellt er einen einheimischen Betreuer, der im Notfall vor Ort zur Seite steht. Die Finanzierung übernimmt hingegen die Initiative „Weltwärts“, die vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ins Leben gerufen wurde. Bis zu 75 Prozent der Reise- und Unterhaltskosten werden durch Fördergelder übernommen, da die Arbeit in dem Einsatzort nicht entlohnt wird.
Das restliche Geld muss Lea durch Spenden auftreiben. Ziel der Sammlung sei, dass das Programm „Weltwärts“in der Bevölkerung bekannter werde, sagte Lea. Neben zahlreichen Nachbarn und Spendern aus der Pfarreiengemeinschaft Pöttmes unterstützt der Baarer Musikverein sein aktives Mitglied mit einer Finanzspritze. Und auch wenn Lea noch nicht den ganzen Betrag gesammelt hat, aufhalten lässt sie sich jetzt sowieso nicht mehr.
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Auskunft Informationen zum Pro gramm „Weltwärts“und Lea Spechts Freiwilligendienst im Internet unter www.weltwärts.de oder per Mail an leaspecht@gmx.de.