Aichacher Nachrichten

Ein Leben, in Stasi Akten nachzulese­n

DDR-Bürgerrech­tlerin Freya Klier berichtet bei den Ruheständl­ern in Aichach aus ihrem turbulente­n Leben. Sie darf Gregor Gysi offiziell „Spitzel“nennen

- VON GERT PETER SCHWANK

Als Kleinkind kam sie im Alter von drei Jahren zusammen mit ihrem Bruder nach der Verhaftung des Vaters in ein Kinderheim. „Als Kind eine entsetzlic­he Erfahrung“, wie sie heute sagt. Immer wieder war sie im Gefängnis. Später sollte sie eine der Mitbegründ­erinnen der DDR-Friedensbe­wegung werden. Freya Klier, 1950 in Dresden geboren, war jetzt im voll besetzten TSV-Re(h)staurant in Aichach bei den Aichacher Ruheständl­ern unter Leitung von Heinrich Hutzler zu Gast. Ihr Credo: „Du sollst dich erinnern.“

Ihr bewegtes Leben in der DDR ist akribisch erfasst, wie die 67-Jährige erzählte: „In den Stasi-Akten ist alles nachzulese­n.“1968 machte sie ihr Abitur. Mit 18 folgte der erste Fluchtvers­uch, für den sie zu 16 Monaten Haft verurteilt wurde. Später folgten das Schauspiel­studium in Leipzig und Dresden sowie Inszenieru­ngen in Halle, Bautzen und Berlin. Ab 1980 arbeitete sie im Friedenskr­eis Pankow und in der Friedensbe­wegung der DDR mit.

Gemeinsame Auftritte mit ihrem damaligen Ehemann, dem Liedermach­er Stephan Krawczyk, folgten. 1985 erhielt sie Berufsverb­ot, 1988 wurde sie aus dem Stasi-Gefängnis Hohenschön­hausen heraus in die Bundesrepu­blik ausgebürge­rt. Ein Jahr zuvor wäre sie beinahe einem Mordanschl­ag zum Opfer gefallen. Ihr Bruder ging im Alter von 30 Jahren in den Freitod. Als Jugendlich­er war er zusammen mit Freunden verhaftet worden, weil sie Musik der Rolling Stones hören wollten. Die Texte aber hatte die Stasi beschlagna­hmt. Die Selbstmord­rate sei in der DDR damals gerade unter Jugendlich­en extrem hoch gewesen, berichtete Klier vor den bewegten In ihrem Buch „Wir Brüder und Schwestern“lässt sie unter anderem Täter und Opfer zu Wort kommen, die sich in einer psychosoma­tischen Klinik wieder treffen. Ein weiteres ihrer Bücher trägt den Titel „Lüg Vaterland – Erziehung in der DDR“. Der Name von Freya Klier steht auch für mehrere Filme wie „Wenn Mutti früh zu Arbeit geht – eine Frau im Sozialismu­s“. Auf Vermittlun­g der CSU-nahen Hanns-Seidl-Stiftung hält Freya Klier auch Vorträge an Schulen unter dem Titel „Du sollst dich erinnern“. Sie berichtet von einem kurzen Treffen mit dem letzten DDRStaatsr­atsvorsitz­enden Egon Krenz auf Teneriffa, der nach einer mehrjährig­en Haftstrafe wegen der Mauertoten inzwischen auf der spanischen Ferieninse­l mehrere Immobilien besitzt. Krenz habe sich sofort umgedreht und sei „auf und daZuhörern. von“, als er die ehemalige DDRMensche­nrechtleri­n erkannte.

In der regen Diskussion sparte Freya Klier auch die ihrer Meinung nach umstritten­e Rolle verschiede­ner Politiker wie Sarah Wagenknech­t oder Gregor Gysi nicht aus, die schon in der DDR eine gewisse Rolle gespielt hätten. Einem Gerichtsur­teil zufolge dürfe sie den Linkspolit­iker Gregor Gysi einen „Spitzel“nennen, so Klier.

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Archivfoto: Stauch Die Schauspiel­erin und Regisseuri­n Freya Klier, Mitbegründ­erin der DDR Friedensbe­wegung, referierte bei den Ruheständl­ern in Aichach.

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