Training für mehr Wagemut
Der Mensch lebt von Gewohnheiten. Sie geben ihm Sicherheit und stiften Vertrauen: Aufstehen, Duschen, Zähneputzen, Anziehen, Frühstücken, Zeitunglesen … Besonders Kindern ist es wichtig, dass alles immer ganz genauso abläuft, wie sie es kennen. Wehe, der ermüdete Erzähler lässt in der Gutenachtgeschichte einmal etwas aus! Entrüstung wird laut werden, weil die Routine durchbrochen ist.
Vielleicht ist der Augsburger in seinem Wesensgrund ein Kind geblieben, so lieb ist ihm Gewohntes. Alles möge bleiben, wie es war: der Plärrer und der Christkindlesmarkt, der Theaterspielplan und die Konzerte, die Kunst und die Ausstellungen. Vorsichtshalber schickt der eingefleischte Augsburger gern andere vor, damit sie erkunden, wie es denn so gewesen ist, ehe er sich selber wagemutig in ein Kulturabenteuer begibt. Manchmal reicht es jedoch nur noch für ein achselzuckendes Bedauern: „Wenn i des gwusst hätt, wär i o hingangen.“
Ein gutes Trainingsprogramm für mehr Wagemut (Koschtet au nix!) wäre der Besuch der halbjährlichen Werkschau der Gestalter an der Hochschule. Immer fällt sie völlig anders aus. Sogar der Katalog ist jedes Mal eine Neuerfindung. Gerade preist die Fakultät ihr „Frischfleisch“an und bittet den Markt, die Kühlkette aufrechtzuerhalten. Im Winter hoben sie ins Weltall ab mit einem Katalog in Form von Astronautennahrung. Im Sommer davor hieß es: „Was wirklich zählt, ist das Dazwischen.“Zögern zwecklos: Die Werkschau geht nur zwei Tage