Nicht jenseits von Afrika, sondern mittendrin
Brigitte Ross hat ihr Herz an Uganda verloren und engagiert sich in dem Projekt Towanika für die Menschen dort. Warum sie von den Reisen in das Land auch persönlich profitiert
Liebesfilme wie „Nirgendwo in Afrika“oder „Die weiße Massai“, in denen die Beziehung zwischen einem dunkelhäutigen Mann und einer weißen Frau im Mittelpunkt steht, kennt Brigitte Ross natürlich auch. Die Augsburgerin pflegt aber eine ganz andere Liebesbeziehung zu Afrika: Sie hat ihr Herz an Uganda verloren und setzt sich als Mitglied des Hilfsprojekts „Towanika“dafür ein, die Lebensbedingungen der Menschen dort zu verbessern. Ihr Bild auf der Webseite der Organisation zeigt die Mittfünfzigerin strahlend inmitten von Kindern des ostafrikanischen Landes. Im September könnten ähnliche Bilder entstehen, wenn Ross das nächste Mal nach Uganda reist.
Vor wenigen Jahren kam sie erstmals mit Afrika in Berührung – bei einer Reise nach Namibia 2008 zusammen mit ihrem Mann. Vier Jahre später flogen die beiden nochmals nach Afrika, diesmal nach Uganda, weil sie die dort beheimateten Berggorillas sehen wollte. Ein Buch ihrer Kindheit („Pias Safari“) und der Film „Gorillas im Nebel“über die Wissenschaftlerin Dian Fossey ließen diesen Wunsch in ihr reifen, vermutet sie im Nachhinein. Es blieb nicht beim Beobachten der Primaten.
Die Augsburgerin kam bei diesem Trip auch mit Land und Leuten in Kontakt – und mit Armut. Etwa, als sie zu einer einsturzgefährdeten in einem Slumviertel der Hauptstadt Kampala kam und sah, unter welchen Bedingungen dort Unterricht abgehalten wird. „Da waren 50 Kinder in einem kleinen, fensterlosen Raum zusammengepfercht.“Dabei sind diese Kinder sogar noch privilegiert, weil sie überhaupt zur Schule gehen dürfen – in einem der ärmsten Länder der Welt keine Selbstverständlichkeit.
Wieder zu Hause in ihrer Wohnung in Pfersee und ihrem Teilzeitjob im Maximilianmuseum gingen Brigitte Ross diese Bilder nicht mehr aus dem Kopf. Und so stieg sie einige Zeit später wieder ins Flugzeug gen Kampala mit dem Ziel, etwas zu tun für Uganda und seine Menschen. Mitstreiter fand sie nicht nur in ihrem Mann, einem Arzt, sondern auch bei einem weiteren Mediziner, Peter Lindner. Der Vorsitzende von Fill (Forum interkulturelles Leben und Lernen) und Afrika-Liebhaber war sofort bereit, das Projekt Towanika unter das Dach seines Vereins aufzunehmen – und somit die rechtlichen Voraussetzungen für Spendenaktionen zu schaffen.
Wenige Jahre und zehn UgandaAufenthalte später haben die Augsburgerin und ihr Team nicht nur Geld gesammelt, um die Victory Primary School zu renovieren und zu erweitern. Sie unterstützten auch die medizinische Versorgung von Kindern, stellten Wassertanks auf und verteilten Moskitonetze sowie wiederverwendbare Monatsbinden. Auch dadurch werde ein Beitrag zur Bildung geleistet, erklärt Ross. „Weil es an Hygieneartikeln fehlt, bleiben sonst viele Mädchen aus Scham während ihrer Regel der Schule fern.“Und da wäre auch noch die Unterstützung des Rainbow House of Hope, wo SchulabsolSchule venten ein Handwerk erlernen können – etwa Nähen. Dadurch würden Jobs geschaffen in einem Land, in dem es zwar „viele Studierte, aber wenig Arbeitsplätze“gibt.
Bei allem ist Towanika (zu Deutsch „gib niemals auf“) eines wichtig. „Wir wollen Hilfe zur Selbsthilfe leisten, die Menschen dort mit unseren Werkzeugen ermutigen, ihre eigenen Möglichkeiten zu entwickeln“, sagt Ross.
Längst hat die Mutter dreier erwachsener Töchter Sponsoren und Mitstreiter für ihr Hilfsprojekt gefunden. Besonders freut sie sich über eine Schulpartnerschaft mit einer 4. Klasse der Westpark-Schule auf dem Sheridan-Areal in Pfersee. Da die Kinder schon recht gut Englisch beherrschten, seien Brieffreundschaften möglich. Vielleicht sei es auch möglich, Schulmaterial bereitzustellen, blickt Brigitte Ross in die Zukunft. Sie selbst verständigt sich bei ihren mehrwöchigen Reisen hauptsächlich auf Englisch, möchte sich aber auch Grundkenntnisse der Landessprache aneignen.
Bei allem Bemühen, sich den Menschen in Uganda noch mehr anzunähern, ist der bodenständigen Frau eines bewusst: „Ich kann nicht die ganze Welt retten.“Persönliche Schicksale gingen ihr dennoch jedes Mal aufs Neue sehr nahe, etwa, wenn ein Kind an Malaria stirbt. Die Erkenntnis, wie zerbrechlich das Leben sein kann, hat sie eines gelehrt: „Ich habe durch die Arbeit in Uganda viel von meiner Lebensangst verloren.“Und sie muss sich keine Liebesfilme mehr anschauen, um sich ein Bild von Afrika zu machen.
über das Projekt Towanika gibt es im Internet unter www.towanika.com.