Aichacher Nachrichten

Marktsonnt­age: Was das Urteil für die Stadt bedeutet

Seit Mai steht fest, dass es die verkaufsof­fenen Sonntage in der Innenstadt in bisheriger Form nicht mehr geben kann. Was an den bisherigen Verordnung­en wohl rechtswidr­ig war

- VON JAN KANDZORA

Die Stadt Augsburg wird wohl erheblich umplanen müssen, will sie künftig noch verkaufsof­fene Sonntage in der Innenstadt anbieten.

Wie berichtet, hatte die „Allianz für den freien Sonntag“, hinter der die Gewerkscha­ft Verdi und die Katholisch­e Arbeitnehm­er-Bewegung stehen, geklagt und vor dem Bayerische­n Verwaltung­sgerichtsh­of Recht bekommen. Konkret war es um den Marktsonnt­ag anlässlich des Europatage­s im Mai und den verkaufsof­fenen Sonntag zum Turamichel­e-Fest gegangen, der auf ein Wochenende Ende September oder Anfang Oktober fällt. Die Stadt hatte für beide Termine bis 2021 Ladenöffnu­ngen von 13 bis 18 Uhr genehmigt, in einem Gebiet, das dabei unter anderem auch die City-Galerie umfasste. Das Gericht hatte nach der Verhandlun­g in München bekannt gegeben, dass diese Verordnung­en der Stadt ungültig seien. Die genauen Urteilsgrü­nde standen allerdings noch nicht fest.

Nun ist klar, welche Mängel der Senat konkret an den Beschlüsse­n der Stadt gefunden hat. Es sind eine Menge. So fehlen laut Urteil schon relevante Prognosen darüber, wie viele Besucher die beiden Veranstalt­ungen tatsächlic­h anziehen. 2015 hatte des Bundesverw­altungsger­icht in einem Urteil betont, dass Ladenöffnu­ngen an Sonntagen in „engem räumlichen Bezug“zu einer Veranstalt­ung stehen müssen, die für diesen Tag „prägend“ist. Die Feste sollen sich selber tragen und für sich genommen mehr Besucher anlocken als die verkaufsof­fenen Sonntage.

Dafür bräuchte es fundierte Schätzunge­n über die Besucherst­röme – und schon die gibt es nach Ansicht des Gerichtes in Augsburg nicht. Es fehlten Feststellu­ngen darüber, „dass diese beiden Veranstalt­ungen das gesamte Gebiet, für das ein Sonntagsve­rkauf zugelassen wurde, derart deutlich prägen“, dass ihre Wirkung gegenüber den Ladenöffnu­ngen im Vordergrun­d steht. Es gebe in dem Zusammenha­ng keine belastbare­n und nachvollzi­ehbaren Angaben „jedweder Art“. Auch mangele es in der entscheide­nden Beschlussv­orlage für den Stadtrat gänzlich an Aussagen dazu, wie viele Menschen das Gebiet wohl jeweils aufsuchen würden, um dort in den geöffneten Geschäften einzukaufe­n.

Um nachzuvoll­ziehen, wie viele Menschen die Veranstalt­ungen am Rathauspla­tz besuchen könnten, hatte das Gericht die Augsburger Polizei gefragt. Die Antwort: Am diesjährig­en Europatag am 7. Mai, an dem es neben Veranstalt­ungen auch eine Kundgebung der Pulseof-Europe-Bewegung gegeben hatte, waren dort zeitweise nur mehrere hundert Personen anwesend. Beim Turamichel­e-Fest sei mit der gleichzeit­igen Anwesenhei­t von 800 bis 1000 Menschen zu rechnen. Im Urteil heißt es, die von der Stadt genannte Zahl von 100000 Menschen beziehe sich nicht auf die Besucher des Turamichel­e-Sonntages, sondern auf alle Personen, die sich während des mehrere Tage dauernden Festes in dem Gebiet aufhielten. Und dort also zum Beispiel auch einkauften.

Jenseits des Rathauspla­tzes entfaltete weder der Europa- noch der Turamichel­e-Sonntag die „erforderli­che prägende Wirkung für das Geschehen im öffentlich­en Raum.“Was auch bedeutet: Sollte die Stadt zu den Veranstalt­ungen an den beiden verkaufsof­fenen Sonntagen festhalten wollen, müsste sie das Gebiet dafür wohl deutlich enger eingrenzen, als es bislang der Fall war.

Von den betroffene­n Parteien war am Freitag niemand mehr für eine öffentlich­e Stellungna­hme zu erreichen.

 ?? Archivfoto: Andreas Zilse ?? Die Marktsonnt­age in der Augsburger Innenstadt waren immer gut besucht. Genaue Angaben, wie viele Besucher jeweils den Weg in die City fanden, gab es aber keine – das bemängelte der Verwaltung­sgerichtsh­of.
Archivfoto: Andreas Zilse Die Marktsonnt­age in der Augsburger Innenstadt waren immer gut besucht. Genaue Angaben, wie viele Besucher jeweils den Weg in die City fanden, gab es aber keine – das bemängelte der Verwaltung­sgerichtsh­of.

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