Was ihn an einer Klarinette fasziniert
Georg Arzberger spielt an der Deutschen Oper in Berlin und lehrt an der Augsburger Universität. All das gibt der Klarinettist aus dem Wittelsbacher Land jetzt für eine Professur an der Universität Karlsruhe auf. Ein Interview
Aichach/Sielenbach Noch ist er stellvertretender Solo-Klarinettist der Deutschen Oper in Berlin. Georg Arzberger stammt aus dem Wittelsbacher Land und spielt seit mehr als zehn Jahren an der Deutschen Oper. Am Ende der diesjährigen Spielzeit wird Arzberger das Opernorchester verlassen, um einem Ruf als Professor für Klarinette an der Hochschule für Musik in Karlsruhe zu folgen. Arzberger schätzt die Spontaneität beim Musizieren und nach seiner Lieblingsoper gefragt, meint der Klarinettist, diese würde je nach Laune ständig wechseln. In seiner Freizeit ist er der modernen Musik nicht abgeneigt und hört Funk und Jazz. Musik bedeutet ihm sehr viel.
Angefangen hat Ihre Karriere in einem Musikverein, welche Erfahrungen haben Sie von damals mitgenommen?
Georg Arzberger: Diese Zeit war sicher gut für meine Entwicklung – dieser unbefangene Umgang mit Noten, viel zu spielen, früh zu lernen und mit anderen Musik zu machen. Gerade für Kinder ist das wichtig. Für mich war das ein erstes Reinschnuppern in diese tolle, sinnliche Erfahrung, zusammenzuklingen. Es gibt einige Stücke, an die ich mich immer noch gerne erinnere.
Warum gerade Klarinette?
Georg Arzberger: Die Literatur für Klarinette ist technisch sehr anspruchsvoll und deckt zugleich viel von dem ab, was Klarinette sein kann: gesanglich – der menschlichen Stimme sehr ähnlich – und herausragend im Tonumfang. Darüber hinaus kann
die Klarinette mit den meisten anderen Instrumenten zusammenspielen.
Worauf kommt es für Sie beim Musizieren an? Georg Arzberger: Auf die Kommunikation mit Gleichgesinnten.
Als Profimusiker spielen Sie mit vielen Orchestern, machen Kammermusik, treten solistisch auf und gestalten Konzerte in Aichach. Ist dieser Spagat für Sie eine Herausforderung? Georg Arzberger: Für mich ist das eine schöne, bunte Palette: Eine Woche spiele ich mit dem Berliner Orchester, dann gebe ich vielleicht gemeinsam mit Freunden ein Konzert in Aichach. Ich lerne überall dazu. Zugleich halte ich es für die Aufgabe von uns Profis, auf die Leute zuzugehen und solche Projekte zu machen. In erster Linie geht es dabei ums gemeinsame Musizieren. Darüber hinaus gelingt es so vielleicht auch, neue Leute für klassische Konzerte zu motivieren. Es ist wichtig, dass die Kultur bei uns in der Region ihren Stellenwert behält.
Was bedeutet Ihnen bei dieser großen musikalischen Bandbreite die Kammermusik? Georg Arzberger: Mir liegt die Kammermusik am Herzen, weil sie so unmittelbar ist. Der Musiker kann dabei in einem direkten Austausch mit dem Publikum sein, gerade in einem Saal wie im Pfarrsaal. Darauf freue ich mich besonders, auf diese Nähe zum Publikum.
Sie meinen die Kammermusikabende von „Arzberger Classic“, die mehrmals im Jahr im Pfarrzentrum St. Michael in Aichach geboten werden?
Georg Arzberger: Ja. Vor etwa zehn Jahren stand der Spaß am Spielen, der von meinem Bruder Maximilian und Josef Rast mitgetragen wird, schon im Vordergrund. Für diese Konzerte suche ich mir befreundete Musiker, mit denen ich gerne zusammen spiele. Das nächste Konzert ist übrigens am 8. Oktober, das wird ein wahres Feuerwerk der Klarinettenkunst.
Haben die Konzerte in Aichach auch etwas mit Verbundenheit zur Heimat zu tun?
Georg Arzberger: Auf alle Fälle. Als Musiker ist man immer auch Idealist. Ich habe die Musik für mich entdeckt, mich begeistert sie nach wie vor, und das möchte ich gerne weitergeben.
Sie folgen nun dem Ruf einer Professur in Karlsruhe. Sie unterrichten in Augsburg an der Universität, spielen im Orchester der Berliner Oper und haben zwei Söhne. Wie lässt sich das vereinbaren?
Georg Arzberger: Nun, ich werde beide Stellen mit einem weinenden Auge verlassen und unser Zuhause nach Karlsruhe verlegen müssen. Darüber habe ich lange nachgedacht, denn die beiden Stellen waren hervorragend. Aber man hat mit einem Orchester wenig Freizeit und kein Wochenende. Zu der Entscheidung trugen meine beiden Söhne bei, denn ich möchte diese aufwachsen sehen und für meine Frau ist es auch einfacher.
Was ist Ihnen bei ihrem Lehrauftrag wichtig?
Georg Arzberger: Vor allem das Perfektionieren des Instrumentenspiels und das Verstehen der Musik: Wie ist diese aufgebaut, strukturiert und vieles mehr. Denn nur Noten spielen
ist eine Sache, aber die Musik verstehen und dann zu spielen klingt ganz anders.
Was macht der Aspirant im Musikstudium? Spielt dieser dort die gesamte Zeit ein Instrument?
Georg Arzberger: Ja und nein. Natürlich verbringt man sehr viel Zeit mit seinem Instrument, denn man versucht ja ständig sich zu perfektionieren. Aber man hat auch viele Nebenfächer, besonders am Anfang des Studiums. Da wären zum Beispiel Gehörbildung, Musiktheorie, Tonsatz, Instrumentenkunde, Musikwissenschaft, ein Nebeninstrument, und noch einiges andere, je nach Berufswunsch. Für mich persönlich war das Zusammenspiel mit anderen
immer wichtig, sowohl im Orchester als auch in kleineren Ensembles.
Was fasziniert an der Klarinette?
Georg Arzberger: Vom Schönklang, der aus dem Nichts entsteht und im Nichts verschwindet, über subtile farbliche Veränderungen und Eintrübungen des Klangs bis zum prasselnden Perkussionseffekt zum aufgeregten Schnattern und fast elektronischen Geräuschen. Als ob die Klarinette sich in ein Schlagzeug, ein Klavier oder einen Synthesizer verwandeln könnte. Der Modifikation des Ausdrucks scheinen keine Grenzen gesetzt, alles scheint sich im permanenten Übergang zu befinden: Klang als Prozess, getragen vom Strom des menschlichen Atems.