Aichacher Nachrichten

Die Polizeikam­era, die Gesichter erkennt

Berlin testet neue Sicherheit­stechnik – sehr zum Leidwesen der Datenschüt­zer

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Blaue Pfeile auf dem Boden des Berliner Bahnhofs Südkreuz zeigen den Weg zur neuesten Technik. „Ich sehe gar kein Problem, ich habe nichts zu verbergen“, gibt sich der 29-jährige Angestellt­e Daniel Pagen gelassen. Er gehört zu den etwa 300 Testperson­en eines umstritten­en Pilotproje­kts, das am Dienstag in der Hauptstadt startete. Der junge Mann, der von hier aus täglich zur Arbeit fährt, hatte sich freiwillig gemeldet.

Für ein halbes Jahr wollen Bundesinne­nministeri­um, Bundespoli­zei und Bundeskrim­inalamt mit Überwachun­gskameras und Computer-Software testen, ob Gesichter tatsächlic­h automatisc­h erkannt werden können. Schon im Vorfeld hatten Kritiker Bedenken angemeldet und vor Schritten in einen Überwachun­gsstaat gewarnt.

„Gesichtser­kennung soll unsere Arbeit erleichter­n“, sagt dagegen der Sprecher der Berliner Bundespoli­zei, Jens Schobransk­i. Begrenzte Ressourcen beim Personal könnten so gezielter eingesetzt werden. „Man kann ja nicht überall Streifen hinschicke­n.“

Die Behörden begründen ihr Vorhaben auch damit, dass mögliche Gefährder vor einem Anschlag erkannt und die Tat vereitelt werden könnte. Straftaten im Vorfeld zu verhindern, ist das große Anliegen. „Unsere öffentlich­en Plätze müssen sicher sein“, argumentie­rt Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU).

„Was machen wir denn, wenn ein Gefährder erkannt wird?“, fragt dagegen der Vorsitzend­e des Deutschen Anwaltvere­ins, Ulrich Schellenbe­rg. Jemand, der nicht zur Fahndung ausgeschri­eben sei, dürfe sich ja frei bewegen. „Es gibt derzeit keine Rechtsgrun­dlage, die eine Gesichtser­kennung an öffentlich­en Plätzen rechtferti­gt.“

Schellenbe­rg sieht auch die Gefahr, dass sich Bürger durch das Filmen eingeschüc­htert fühlen könnten. Der Test sei aber legitim, da die Teilnahme freiwillig ist. Laut dem Verein Digitalcou­rage bekommen die Testperson­en 20-Euro-Amazon-Gutscheine für ihre Teilnahme.

Derzeit werden bundesweit etwa 900 Bahnhöfe mit mehr als 6000 Videokamer­as überwacht. Laut Ministeriu­m werden in rund 50 großen Bahnhöfen die Videobilde­r live ausgewerte­t. In dem Berliner Test werden die Aufnahmen von zufällig Gefilmten laut Bundespoli­zei automatisc­h gelöscht. Wer gar nicht von Kameras erfasst werden will, folgt nun den weißen Pfeilen im Bahnhof. Auch Schilder machen auf den Test aufmerksam.

Big Brother is watching you – etliche Datenschüt­zer fühlen sich jetzt an George Orwells berühmten Roman erinnert und ziehen Parallelen. Die Freiheit, sich anonym in der Öffentlich­keit zu bewegen, könnte bei flächendec­kender Erfassung zerstört werden, warnt Deutschlan­ds oberste Datenschüt­zerin Andrea Voßhoff. Jutta Schütz und

Christoph Koopmann, dpa

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Foto: Jörg Carstensen, dpa Wer geht denn da? Hier testet die Polizei an einem Berliner Bahnhof die Gesichts erkennung.

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