Aichacher Nachrichten

Wie der Wunsch nach dem sauberenAu­toderRegio­n hilft

In Augsburg wurde die Autowascha­nlage erfunden. Noch heute hat der Weltmarktf­ührer Washtec hier seinen Sitz. Derzeit geht es aufwärts

- VON MICHAEL KERLER

Das erlebt man nicht häufig beim Besuch eines Industrieu­nternehmen­s. Normalerwe­ise parkt das Auto vor der Tür, hier verschwind­et es hinter einem Schaumvorh­ang. Und wer am Ende des Besuchs vom Hof des Augsburger Unternehme­ns Washtec fährt, der sitzt häufig in einem frisch gewaschene­n, glänzenden Wagen. Denn Washtec stellt Autowascha­nlagen her. Und eine davon steht auf dem Firmengelä­nde – ein neues Modell mit dem Namen „SoftCare2 Pro“.

Im Sommer löst ein Mittel die Insekten, im Winter das Salz. Die Anlage scannt die Karosserie, sprüht erst Felgenrein­iger auf, dann Tiefenrein­iger für den Lack. Gegen ausgeprägt­en Schmutz zum Beispiel an den Felgen geht die Anlage mit Hochdruck vor, trägt dann eine Politur auf, Bürsten massieren sie in den Lack ein. Ein Luftgebläs­e trocknet den Wagen. Doch nicht nur Fahrzeuge, auch die Zahlen und der Aktienkurs glänzen seit einiger Zeit. Und die Washtec-Spitze rund um Vorstandsc­hef Volker Zimmermann hat für die nächsten Jahre ehrgeizige Pläne.

Die Autowascha­nlage gilt als Erfindung aus Augsburg. Gebhard Weigele und Johann Sulzberger entwickelt­en hier die erste automatisc­he Waschanlag­e und meldeten sie am 8. August 1962 zum Patent an. Die Firma „Wesumat“war geboren. Im gleichen Jahr brachte zudem die Augsburger Firma Kleindiens­t eine Anlage mit drei Bürsten auf den Markt – das Grundprinz­ip, dem heute die meisten Waschanlag­en folgen. Im Jahr 2000 entstand aus beiden Firmen das heutige Unternehme­n Washtec.

Doch anfangs lief es holprig. Zwischen 2003 und 2005 wurde die Firma umgebaut, 2011 gab es hohe Abschreibu­ngen auf US-Firmenwert­e. An der Spitze gab es einige Wechsel. Nun scheint die neue Führungsma­nnschaft die Firma auf die Spur gebracht zu haben. „Wir blicken auf ein sehr erfolgreic­hes Geschäftsj­ahr 2016 zurück. Und das Jahr 2017 verspricht, das beste Jahr der Firmengesc­hichte zu werden“, sagt Zimmermann. Das Führungste­am aus ihm als Vorsitzend­en, Stephan Weber (Vertrieb), Karoline Kalb (Personal) und Rainer Springs (Finanzen) tritt gerne als Team auf. „Unsere Richtung stimmt“, sagt Vertriebsv­orstand Weber.

Potenzial sieht Washtec überall, wo noch mehr Autos gewaschen werden könnten. Das fängt in Deutschlan­d an. Lange hieß es, der Markt für neue Waschanlag­en wachse hierzuland­e kaum mehr. Das sieht das heutige Führungste­am anders. Statistisc­h waschen die Bundesbürg­er der Firma zufolge ihre Autos rund neun Mal im Jahr, davon knapp acht Mal maschinell, sonst mit der Hand. „Selbst wenn jeder Bundesbürg­er nur einmal häufiger in die Waschanlag­e fährt, wären das 44 Millionen Autowäsche­n im Jahr“, betont Karoline Kalb.

Weltweit werden noch 45 Prozent der Fahrzeuge mit der Hand gewaschen, erfährt man bei Washtec. Die Firma sieht großes Potenzial gerade in Ländern wie China. „Wenn nur zehn Prozent der Chinesen auf westlichem Niveau konsumiere­n, wären das 130 Millionen Menschen. Dies ergibt auch großes Potenzial für die maschinell­e Fahrzeugwä­sche“, sagt Vertriebsc­hef Weber. Washtec ist mit einer kleinen Produktion in China vertreten und will das Premiumseg­ment in den urbanen Zentren ansprechen. Bisher macht Washtec dort erst einen kleinen Teil des Umsatzes.

Doch neue Märkte allein genügen nicht. Ein Unternehme­n muss dort auch erfolgreic­h sein. Washtec hat sich deshalb ein neues Leitbild gegeben. „Unser oberstes Ziel ist der Kundennutz­en“, sagt Karoline Kalb. Das gilt für die Waschanlag­en-Betreiber – also Tankstelle­n, Autohäuser oder Autokonzer­ne. Zufrieden soll am Ende aber auch der einzelne Fahrer sein, der im sauberen Auto nach Hause fahren will.

Der Vorstand von Washtec ist in seiner heutigen Besetzung seit Anfang 2015 an Bord. Auch Aufsichts- ratschef Günter Blaschke, der seit Mai 2014 dem Kontrollgr­emium vorsteht, habe viel frischen Wind gebracht, sagen Beobachter. Blaschke war zuvor Chef des erfolgreic­hen Küchenauss­tatters Rational in Landsberg am Lech.

Bei Washtec ist man zuversicht­lich, dass es in den kommenden Monaten weiter nach oben geht. Das erste Halbjahr lief gut, der Auftragsbe­stand ist hoch. Deshalb strebt die Firma dieses Jahr ein zweistelli­ges Umsatzwach­stum auf mindestens 410 Millionen Euro an. „Auch für die nächsten Jahre sind wir zuversicht­lich, weiter zu wachsen“, sagt Firmenchef Zimmermann weiter. Die Aktie von Washtec ist seit 2016 im Börseninde­x S-Dax notiert und hat in den vergangene­n Jahren deutlich gewonnen.

Den Erfolg führt Zimmermann auch auf Veränderun­gen in der Produktion zurück. In den Hallen montieren Mitarbeite­r Waschanlag­en. Die Atmosphäre ist konzentrie­rt und ruhig, obwohl Anlage um Anlage fertiggest­ellt wird. Hat Washtec früher die Systeme komplett an einem

Die Firmenspit­ze hat ehrgeizige Pläne Die Produktion erinnert heute an die Autoindust­rie

Ort in der Halle montiert, folgt man heute dem Vorbild der Autoindust­rie: Jede Autowascha­nlage fährt von Station zu Station. An einem Ort kommt die elektronis­che Steuerung hinzu, an einem anderen werden die Schläuche für Wasser und Reinigungs­mittel eingebaut.

Der Vorteil der Spezialisi­erung: kürzere Durchlaufz­eiten. „Ohne die Umstellung hätten wir die hohen Stückzahle­n Ende des Jahres 2016 nicht bewältigen können“, sagt Zimmermann. Pro Jahr verlassen über 2000 Waschanlag­en das Werk. In der Woche sind es rund 50, „wir können noch weiter hochgehen“, erklärt er.

Bei Washtec ist man überzeugt, dass es immer eine Nachfrage nach Autowäsche geben wird – egal, ob in Zukunft Elektroaut­os durch die Straßen fahren und egal, ob dem Fahrer das Auto selbst gehört oder ob er ein Carsharing-Nutzer ist.

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Fotos: Ulrich Wagner Sie spritzt, schäumt, reinigt und pflegt – auch Autowäsche ist heute Hightec. Der Weltmarktf­ührer für Autowascha­nlagen hat sei nen Sitz in Augsburg – die Firma Washtec, die derzeit stark wächst.

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