Mittelschüler erhalten Zeugnisse mit Tippfehler
Erst am Tag der Vergabe fällt auf, dass ein Buchstabe fehlt – und zwar an einer besonders ärgerlichen Stelle
Keiner hat es gemerkt. Nicht die Schulleiter, nicht die Lehrer, nicht die Verantwortlichen im Kultusministerium. Vor knapp zwei Wochen standen in ganz Bayern Absolventen der Mittelschulen in ihren festlichen Kleidern und Anzügen auf Bühnen und in Aulen, wurden von ihren Rektoren feierlich gewürdigt – und bekamen ein Zeugnis mit Tippfehler überreicht. Mit einem richtig ärgerlichen Tippfehler.
Statt dem Satz „Der Schüler hat damit den qualifizierenden Abschluss der Mittelschule“stand da: „Der Schüler hat damit den qualifizierenden Abschuss der Mittelschule“.
Die Schulen nutzen für die Zeugnisse Vorlagen, die sie dann auf den einzelnen Schüler anpassen. „Trotz intensiver Kontrollen der Schablonen hat der Fehlerteufel zugeschlagen“, heißt es in einer E-Mail, die aus dem bayerischen Kultusministerium nach der Entdeckung des Fehlers an alle Mittelschulen in Bayern verschickt wurde. Wer ihn bemerkt hatte, wurde nicht bekannt.
Die Nachricht, die unserer Zeitung vorliegt, trägt das Datum vom 21. Juli. Als sie einging, hatte ein Großteil der Absolventen sein Zeugnis schon erhalten. Die Lehrkräfte hatten also alle Hände voll zu tun, um jeden Schüler zu erreichen und ihm ein korrigiertes Zeugnis auszuhändigen. Ein Sprecher des Kultusministeriums betonte gestern Abend: „Die fehlerhafte Zeugnisschablone wurde unverzüglich nach Bekanntwerden in korrigierter Form bereitgestellt.“
Doch nicht alle Abschlusszeugnisse wurden auf dem Papier zu Abschusszeugnissen. Das kam nur an Schulen vor, die mit der Schablone des neuen Verwaltungsprogramms ASV gearbeitet haben. Mit der Software hatte es schon vor einigen Wochen Probleme gegeben. Das Programm hatte teilweise Zensuren falsch gerundet, wenn ein Schüler genau zwischen zwei Notenstufen stand. Wie viele Schulen diesmal betroffen sind, dazu liegen dem Ministerium keine Zahlen vor. Nach Erkenntnissen unserer Zeitung gab es das Problem allein in Schwaben an mehreren Schulen. Unter anderem musste mit der Mittelschule Gersthofen die größte Einrichtung im Landkreis Augsburg ihre Zeugnisse für den „Quali“zurückziehen.
Die Gersthofer Schulleiterin Sigrid Puschner hat wie viele Rektoren-Kollegen erst durch die Nachricht aus dem Ministerium von dem Tippfehler erfahren. „Die Zeugnisse sind allesamt vorgedruckt“, erklärt Puschner. Anders als in niedrigeren Jahrgangsstufen müssten die Lehrer keine individuelle Bewertung für jeden Schüler schreiben, im Abschlusszeugnis zählen allein die Noten. Die würden zwar im Vorfeld genau geprüft. Doch die fertig ausgefüllte Vorlage spuckt dann der Computer automatisch aus, der Schulleiter muss nur noch seine Unterschrift daruntersetzen. „Vermutlich in der Hektik der Zeit“sei niemandem der Schreibfehler aufgefallen, sagt Puschner.
Nach der Zeugnisfeier warf sie erneut den Drucker an, nahm über hundert Zeugnisse mit nach Hause, unterschrieb sie wieder. Dann seien ihre Lehrer „ausgeschwärmt“, um den Schulabgängern das richtige Dokument zu geben. Puschner geht davon aus, dass inzwischen kein Schüler mehr seinen „Abschuss“dokumentiert hat. Sie sieht die Sache gelassen. „Wo Menschen sind, passieren Fehler.“