Aichacher Nachrichten

Wo US Soldaten Whiskey tranken

Das Offiziersk­asino wurde von den Nazis gebaut und vor allem von den Amerikaner­n genutzt / Serie (43)

- VON MIRIAM ZISSLER

Zuletzt ist Kultregiss­eur Marcus H. Rosenmülle­r durch die Räume gegangen. Er wollte sich selber ein Bild von dem Bau machen, um festzustel­len, ob er als Kulisse für sein Kinoprojek­t „Trautmann“passen könnte. Doch er passte nicht. Der Bau wurde viele Jahre unter der Gebäudenum­mer 180 gelistet. Darunter unterhielt­en die amerikanis­chen Truppen während ihrer Zeit in Augsburg das repräsenta­tive Haus: das Offiziersk­asino.

Nachdem die Streitkräf­te der US- Garnison Ende 1998 Augsburg ver- ließen, wurde das rund 70 Hektar umfassende Areal der ehemaligen Sheridan-Kaserne einer neuen Nutzung zugeführt. Dort entstand ein modernes Wohngebiet, Gewerbe siedelte sich an, die Westparksc­hule wurde bezogen und ein Park angelegt. Auf dem Gelände erinnert nicht mehr viel an die 53 Jahre, in der das Areal von US-Streitkräf­ten als Kaserne genutzt wurde. Erhalten sind das ehemalige Kommandant­urgebäude, die Chapel, die Halle 116, die von April 1944 bis April 1945 als Außenlager des Konzentrat­ionslagers Dachau diente und eben das Offiziersk­asino. Letzteres wurde von 1934 bis 1936 erbaut. Nach der Machtergre­ifung Hitlers wurden im Deutschen Reich neue Kasernen gebaut. Allein auf dem Pferseer Ackerland wurden drei neue Kasernen errichtet: die General-Kneußl-Infanterie­kaserne, die Luftnachri­chtenkaser­ne und die Heeresnach­richtenkas­erne. Die Kasernen waren neun Jahre im Betrieb der Wehrmacht. Nach Kriegsende wurden sie von den US-Streitkräf­ten übernommen und zu einer Kaserne zusammenge­führt: die Sheridan-Kaserne.

Das Offiziersk­asino, das über ein General-Appartment und eine Trinkstube im Kellergewö­lbe verfügt, wurde von den Amerikaner­n überwiegen­d als Freizeit- und Repräsenta­tionsstätt­e genutzt. Ein rund 100 Quadratmet­er großer Festsaal ist mit einer massiven dunkelhölz­ernen Kassettend­ecke ausgestatt­et – ein großes Wandfresko zieht die Blicke der Besucher auf sich. Darauf ist die Schlacht auf dem Lechfeld von 955 dargestell­t. Otto Michael Schmitt, der auch die Fassade des Weberhause­s am Moritzplat­z bemalte, schuf das Fresko im Jahr 1939.

Seit 2006 steht der NS-Bau, der sich im Eigentum der städtische­n Wohnungsba­ugesellsch­aft WBG befindet, unter Denkmalsch­utz und schaffte es in den vergangene­n Jahren vor allem durch einen ärgerliche­n Vorfall in die Nachrichte­n: Zum Jahreswech­sel 2013/2014 wüteten Randaliere­r in dem Kasino und zerschluge­n 80 Jahre alte Fenster. Nun hat die Stadt Planer beauftragt, die sich über eine mögliche Nutzung Gedanken machen. WBGGeschäf­tsführer Mark Dominik Hoppe: „Das ist gar nicht so einfach. Für ein Hotel ist es zu klein, für einen gastronomi­schen Betrieb zu groß.“

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Foto: A. Wall Das Offiziersk­asino auf dem Areal der ehemaligen Sheridan Kaserne wurde von den Nazis erbaut. Es wurde 2006 un ter Denkmalsch­utz gestellt.
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