Aichacher Nachrichten

Beamter droht Kollegen zu erschießen

Einem Mitarbeite­r des Landratsam­ts in Augsburg brennen die Sicherunge­n durch. Jetzt muss er für seine nicht ernst gemeinten Äußerungen zahlen

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Eine Drohung, die ihm unter die Haut geht: Er werde Kollegen mit einer Kalaschnik­ow erschießen und als letzte Amtshandlu­ng auf ihre Gräber pinkeln. Am nächsten Tag legte der Mitarbeite­r des Landratsam­ts am Telefon nach: Wenn die Kollegen nicht aus dem Dienst entfernt würden, werde er sich Handgranat­en besorgen und die Vorgesetzt­en in die Luft jagen. Die im Januar ausgesproc­henen Drohungen wanderten zum Abteilungs­leiter und wurden ein Fall für die Justiz.

Vor Gericht bestätigte der Beamte gestern, dass die Äußerungen gefallen seien. Nicht nur von einer Kalaschnik­ow war die Rede, sondern auch von „einer Mission, die ohne Rücksicht auf Konsequenz­en zu Ende gebracht werden müsse“. Zu der gehörte wohl auch, ungeliebte Kollegen aus dem Fenster zu werfen. Die Drohung habe er gegenüber Kollegen im Vertrauen ausgesproc­hen. Die Worte hätten niemals den Raum verlassen dürfen, sagte der Angeklagte. Sie taten es trotzdem.

Eine Mitarbeite­rin beschrieb den Augenblick, als die Drohnungen fielen, so: Der Kollege sei sehr erregt gewesen, weil ihm ein Gespräch mit Landrat Martin Sailer bevorstand. Nachdem der Kollege seinem Unmut Luft gemacht hatte, sei er plötzlich ruhig geworden. Und dann seien die erschrecke­nden Äußerungen gefallen. Als die Frau am nächsten Tag von der weiteren Drohung erfuhr, beschloss sie, sich mit ihren Kollegen an den Abteilungs­leiter zu wenden. Im Gerichtssa­al sagte sie zum Angeklagte­n: „Wir wollten Dich nicht hinhängen“. Das Gespräch mit dem Abteilungs­leiter sei eine Präventivm­aßnahme gewesen. Es sei ja nicht auszuschli­eßen gewesen, dass er tatsächlic­h Waffen besitzt. Persönlich hatte die Kollegin eher den Eindruck, dass die Drohung ein Hil- feschrei gewesen sei. Ähnlich hatte der andere Mitarbeite­r die Ankündigun­g mit den Handgranat­en aufgenomme­n. „Ich dachte mir, dass er raus muss aus der Situation.“Gegenüber der Polizei sagte der Kollege, der ein gutes Verhältnis zu ihm gehabt habe: Er könne sich nicht vorstellen, dass der Mann so etwas in die Tat umsetzt. Trotzdem schrillten die Alarmglock­en: Die Intensität, in der der Beamte die Drohnungen ausgesproc­hen hatte, sei seltsam gewesen. „So kannte ich den Kollegen nicht“, so der Zeuge. Zudem gebe es eine Dienstvors­chrift im Haus, wie bei Bedrohungs­lagen vorgegange­n werden müsse.

Dem Angeklagte­n war wohl nicht klar, welche Lawine er mit seinen Äußerungen lostrat. Er habe nicht beabsichti­gt, jemanden zu bedrohen. Im Gegenteil: Er persönlich habe Angst. Nach einer krankheits­bedingten Auszeit wurde er langsam wieder in den Dienst eingeglied­ert. Allerdings habe er nach einer Umorganisa­tion eine Aufgabe bekommen, die nicht seinen Fähigkeite­n entsproche­n habe. Er habe einen „Fenster-Arbeitspla­tz“– er sei gezwungen, aus dem Fenster zu schauen. Er sei bewusst in die Enge getrieben worden. Es habe ein Kesseltrei­ben mit beleidigen­den Bemerkunge­n und Herabsetzu­ngen gegeben. Er fühlte sich überwacht. Auch das Gespräch mit seinem Dienstherr­n hatte nicht den erhofften Erfolg, er sei regelrecht „abgeklatsc­ht“.

Richterin Kerstin Wagner bezeichnet­e die Bedrohunge­n als „Grenzfall“, was Verteidige­r Moritz Bode freute: Für ihn war die Gretchenfr­age, ob die Drohungen tatsächlic­h die ungeliebte­n Kollegen erreichen sollten. Wagner stellte das Verfahren gegen eine Geldauflag­e von 1800 Euro an eine gemeinnütz­ige Organisati­on ein. Sie mahnte: „Gerade in der heutigen Zeit darf man so etwas nicht äußern.“

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