Beamter droht Kollegen zu erschießen
Einem Mitarbeiter des Landratsamts in Augsburg brennen die Sicherungen durch. Jetzt muss er für seine nicht ernst gemeinten Äußerungen zahlen
Eine Drohung, die ihm unter die Haut geht: Er werde Kollegen mit einer Kalaschnikow erschießen und als letzte Amtshandlung auf ihre Gräber pinkeln. Am nächsten Tag legte der Mitarbeiter des Landratsamts am Telefon nach: Wenn die Kollegen nicht aus dem Dienst entfernt würden, werde er sich Handgranaten besorgen und die Vorgesetzten in die Luft jagen. Die im Januar ausgesprochenen Drohungen wanderten zum Abteilungsleiter und wurden ein Fall für die Justiz.
Vor Gericht bestätigte der Beamte gestern, dass die Äußerungen gefallen seien. Nicht nur von einer Kalaschnikow war die Rede, sondern auch von „einer Mission, die ohne Rücksicht auf Konsequenzen zu Ende gebracht werden müsse“. Zu der gehörte wohl auch, ungeliebte Kollegen aus dem Fenster zu werfen. Die Drohung habe er gegenüber Kollegen im Vertrauen ausgesprochen. Die Worte hätten niemals den Raum verlassen dürfen, sagte der Angeklagte. Sie taten es trotzdem.
Eine Mitarbeiterin beschrieb den Augenblick, als die Drohnungen fielen, so: Der Kollege sei sehr erregt gewesen, weil ihm ein Gespräch mit Landrat Martin Sailer bevorstand. Nachdem der Kollege seinem Unmut Luft gemacht hatte, sei er plötzlich ruhig geworden. Und dann seien die erschreckenden Äußerungen gefallen. Als die Frau am nächsten Tag von der weiteren Drohung erfuhr, beschloss sie, sich mit ihren Kollegen an den Abteilungsleiter zu wenden. Im Gerichtssaal sagte sie zum Angeklagten: „Wir wollten Dich nicht hinhängen“. Das Gespräch mit dem Abteilungsleiter sei eine Präventivmaßnahme gewesen. Es sei ja nicht auszuschließen gewesen, dass er tatsächlich Waffen besitzt. Persönlich hatte die Kollegin eher den Eindruck, dass die Drohung ein Hil- feschrei gewesen sei. Ähnlich hatte der andere Mitarbeiter die Ankündigung mit den Handgranaten aufgenommen. „Ich dachte mir, dass er raus muss aus der Situation.“Gegenüber der Polizei sagte der Kollege, der ein gutes Verhältnis zu ihm gehabt habe: Er könne sich nicht vorstellen, dass der Mann so etwas in die Tat umsetzt. Trotzdem schrillten die Alarmglocken: Die Intensität, in der der Beamte die Drohnungen ausgesprochen hatte, sei seltsam gewesen. „So kannte ich den Kollegen nicht“, so der Zeuge. Zudem gebe es eine Dienstvorschrift im Haus, wie bei Bedrohungslagen vorgegangen werden müsse.
Dem Angeklagten war wohl nicht klar, welche Lawine er mit seinen Äußerungen lostrat. Er habe nicht beabsichtigt, jemanden zu bedrohen. Im Gegenteil: Er persönlich habe Angst. Nach einer krankheitsbedingten Auszeit wurde er langsam wieder in den Dienst eingegliedert. Allerdings habe er nach einer Umorganisation eine Aufgabe bekommen, die nicht seinen Fähigkeiten entsprochen habe. Er habe einen „Fenster-Arbeitsplatz“– er sei gezwungen, aus dem Fenster zu schauen. Er sei bewusst in die Enge getrieben worden. Es habe ein Kesseltreiben mit beleidigenden Bemerkungen und Herabsetzungen gegeben. Er fühlte sich überwacht. Auch das Gespräch mit seinem Dienstherrn hatte nicht den erhofften Erfolg, er sei regelrecht „abgeklatscht“.
Richterin Kerstin Wagner bezeichnete die Bedrohungen als „Grenzfall“, was Verteidiger Moritz Bode freute: Für ihn war die Gretchenfrage, ob die Drohungen tatsächlich die ungeliebten Kollegen erreichen sollten. Wagner stellte das Verfahren gegen eine Geldauflage von 1800 Euro an eine gemeinnützige Organisation ein. Sie mahnte: „Gerade in der heutigen Zeit darf man so etwas nicht äußern.“