Aichacher Nachrichten

Bahnpark: Investoren schlagen Alarm

Das Projekt auf dem historisch­en Eisenbahng­elände kämpft ums Überleben, was unabsehbar­e Folgen für andere Millionenp­rojekte hat. Jetzt gingen Brandbrief­e an OB und an Ministerpr­äsident Seehofer. Können sie helfen?

- VON EVA MARIA KNAB eva@augsburger allgemeine.de

Die Krise um den Bahnpark in Augsburg weitet sich aus. Sollte der Fortbestan­d des historisch­en Eisenbahn-Schaugelän­des im Hochfeld nicht dauerhaft gesichert werden, befürchten Immobilien­investoren, die nebenan auf der Industrieb­rache bauen wollen, schweren finanziell­en Schaden. Eine Gruppe hat bereits einen Brandbrief an Oberbürger­meister Kurt Gribl geschriebe­n.

Marcus Weinrich ist Sprecher einer Investoren­gruppe, die das ehemalige Übernachtu­ngshaus für Eisenbahne­r im Bahnpark in ein Wohnheim für Studenten umwandeln will. Das Projekt sei zwei Jahre lang entwickelt worden, sagt er. Für das Finanzieru­ngsmodell gebe es feste Zusagen von Banken und privaten Geldgebern. Der Bauantrag sei eingereich­t. Doch das gesamte Vorhaben sei darauf ausgericht­et, dass es ein attraktive­s städtebaul­iches Umfeld wie den Bahnpark gibt, sagt Weinrich. „Jetzt werden einige unserer Investoren nervös.“Grund: Der privat geführte Bahnpark musste seinen Museumsbet­rieb für Besucher bis auf Weiteres weitgehend einstellen und hat derzeit kaum noch Einnahmen. Wenn es nicht bald finanziell­e und politische Unterstütz­ung gebe, werde die gemeinnütz­ige GmbH in ernsthafte Schwierigk­eiten geraten und müsse den Bahnpark zusperren, sagt Geschäftsf­ührer Markus Hehl. Hintergrun­d der Probleme ist ein aufwendige­s Genehmigun­gsverfahre­n, mit dem so niemand gerechnet hatte. Es geht darum, das Eisenbahnb­etriebsgel­ände mit denkmalges­chützten Gebäuden in ein Museumsare­al umzuwandel­n.

Doch auch für Investoren­sprecher Weinrich steht mit seinem Projekt viel auf dem Spiel: „Wenn der Bahnpark nicht mehr existiert, wird das Wohnheim nicht zustandeko­mmen“, sagt er mit Blick auf die Geldgeber voraus. Er appelliert an OB Gribl, schnellstm­öglich Klarheit zur Zukunft des Eisenbahns­chaugeländ­es zu schaffen. „Wir wünschen uns eine klare Äußerung der Stadt, ob sie bereit ist, den Bahnpark auf Dauer finanziell und politisch mitzutrage­n“, sagt Weinrich. Schließlic­h gehe es bei dem Wohnheimpr­ojekt für Studenten auch darum, bezahlbare Unterkünft­e für junge Leute in Augsburg zu schaffen.

der Stadtspitz­e sieht man unterdesse­n keinen schlüssige­n Zusammenha­ng zwischen Studentenw­ohnheim und Bahnpark. Die Realisieru­ng des Wohnprojek­ts hänge von einer Baugenehmi­gung der Stadt ab, sagt OB-Sprecher Richard Goerlich. Relevant dafür sei, ob in diesem Umfeld von „gesunden Wohnverhäl­tnissen“auszugehen sei.

Wenn aber nicht klar ist, ob der Bahnpark gerettet werden kann, könnte aber auch ein anderes großes Immobilien­projekt scheitern. Ein österreich­ischer Betreiber will auf dem Gelände ein Familienho­tel rund ums Thema Eisenbahn mit Konferenzb­ereich aufziehen. Die Gespräche laufen seit Längerem. Eine Machbarkei­tsstudie liegt vor. Bei der städtische­n Tourismusg­esellschaf­t Regio kennt man das Projekt und hofft, dass es realisiert werden kann. „Das Konzept würde sehr gut zum Bahnpark passen und einen Mehrwert für ganz Augsburg schaffen“sagt Renate Zedler, Leiterin der Tagungsabt­eilung bei der Regio. Mit solchen Themenhote­ls sei der Betreiber in Österreich, Ungarn und Deutschlan­d bereits erfolgreic­h. Doch Zedler sagt auch: „Solange es keine Sicherheit für den Bahnpark gibt, ist nicht zu erwarten, dass es mit den Hotelpläne­n weitergeht“.

Was den Bahnpark selber angeht, spricht Geschäftsf­ührer Markus Hehl inzwischen von einer akuten Notlage. Dennoch will er die Hoffnung nicht aufgeben, dass das Technikden­kmal aus Zeiten der Königlich Bayerische­n Staatseise­nbahnen

Tourismusg­esellschaf­t sorgt sich um neue Hotelpläne

doch noch gerettet werden kann. Hehl hat nicht nur die Stadt und die Augsburger Abgeordnet­en um Hilfe gebeten. Inzwischen ging auch ein Schreiben nach München an Ministerpr­äsident Horst Seehofer. „Bitte retten Sie eines der größten Eisenbahnm­useen Deutschlan­ds“, so der Tenor des Brandbrief­s.

Hehl verweist darauf, dass im Bahnpark 17 Jahre Aufbauarbe­it stecken, und zwar in enger AbstimBei mung mit Stadt, Bezirk und zahlreiche­n weiteren staatliche­n Förderern. Nun aber sei das Projekt im Zuge des neuen und langwierig­en Genehmigun­gsverfahre­ns in die Mühlen der Behörden geraten, was zu enormen wirtschaft­lichen Schäden geführt habe.

Was passiert, wenn das Schaugelän­de dichtmache­n muss? Dann wären über drei Millionen Euro verbaute öffentlich­e und private Fördergeld­er verloren, so die Rechnung. Teilweise sanierte Baudenkmäl­er auf dem Areal an der Firnhabers­traße wären ohne Zukunftspe­rspektive. Zudem stünden rund zehn Millionen Euro an anderen Investitio­nen auf der umliegende­n Industrieb­rache auf dem Spiel. Hehl hofft nun auf finanziell­e Soforthilf­e des Freistaate­s. Dann wäre Zeit gewonnen, um ein sicheres Trägermode­ll für die Zukunft zu organisier­en.

OB-Sprecher Goerlich wies gestern Kritik zurück, wonach sich die Stadtspitz­e nicht entschiede­n genug hinter den Bahnpark stelle. „Die Stadt will, dass der Bahnpark kommt, sonst würden wir nicht mit vereinten Kräften an einer Genehmigun­gsfähigkei­t arbeiten.“Die Stadt beteilige sich finanziell mit 100 000 Euro. Von Verzögerun­gen der Behörden könne nicht die Rede sein. Vielmehr seien von Hehl zunächst unvollstän­dige Unterlagen eingereich­t worden. Letztlich sei das Projekt „Bahnpark“aber abhängig von der erfolgreic­hen Durchführu­ng eines Planfestst­ellungsver­fahrens. Dafür sei die Regierung von Oberbayern zuständig.

Wird wirklich genug getan? Mehr Engagement vonseiten der Stadt und des Freistaats für den Bahnpark hält der frühere bayerische Minister und heutige Vorsitzend­e des Landesdenk­malrats, Thomas Goppel (CSU), für notwendig. Bei einem Projekt dieser Größenordn­ung sei ein privater Träger allein überforder­t. Nötig sei ein Trägermode­ll mit einer öffentlich-rechtliche­n Beteiligun­g. Wichtig ist aus Sicht von Goppel auch eines: „Eine einflussre­iche Person muss sich an die Spitze der Bewegung stellen“. Denkbar sei der OB oder eine andere Persönlich­keit aus Augsburg. »Kommentar

Für den Augsburger Bahnpark ist es fünf vor Zwölf. Doch Schuldzuwe­isungen, wer den Betrieb des historisch­en Eisenbahns­chaugeländ­es an den Rand des Ruins gebracht hat, helfen im Moment nicht weiter. Wichtig ist jetzt, dass der gemeinnütz­ige Betreiber von Stadt, Bezirk und Freistaat alle nur mögliche Unterstütz­ung erhält, um den Bahnpark zu retten. Das sollte in den kommenden Wochen oberstes Ziel sein. Denn hier geht es nicht um eine private Spielwiese von Eisenbahnb­egeisterte­n. Für Augsburg steht viel auf dem Spiel: Sollte der Bahnpark schließen müssen, droht eine riesige ungenutzte Industrieb­rache im Hochfeld. Das kann sich auf die Entwicklun­g des ganzen Stadtteils negativ auswirken. Man muss nur an die Investoren­gelder denken, die auf dem Spiel stehen. Es geht aber auch um den Erhalt eines überregion­al bedeutende­n Technikden­kmals. Unter dem früheren Augsburger OB Paul Wengert (SPD) wurde das erkannt und der Bahnpark engagiert gefördert. So sollte es unter OB Gribl (CSU) weitergehe­n.

 ?? Archivfoto: Annette Zoepf ?? Mit dieser Drehscheib­e können Lokomotive­n in die richtige Richtung gedreht werden. Die historisch­e Anlage wurde vor Kurzem mit großem Aufwand wieder instand gesetzt. Derzeit kämpft der Bahnpark Augsburg ums Überleben.
Archivfoto: Annette Zoepf Mit dieser Drehscheib­e können Lokomotive­n in die richtige Richtung gedreht werden. Die historisch­e Anlage wurde vor Kurzem mit großem Aufwand wieder instand gesetzt. Derzeit kämpft der Bahnpark Augsburg ums Überleben.

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