Aichacher Nachrichten

Bauwagensz­ene zwischen Problem und Chance

Mal sind Bauwagen willkommen, mal den Anwohnern ein Dorn im Auge. Baurechtli­ch aber sind sie überall nur geduldet. K!ar.Text hat sich bei einigen Betreibern umgehört und gibt Aufschluss über die aktuelle Situation

- VON SAMUEL JACKER

Wollen sich Jugendlich­e aus den ländlicher­en Gebieten des Wittelsbac­her Landes am Wochenende treffen, gestaltet sich der Weg nach Aichach oder Augsburg oft schwierig. Sind die Verbindung­en am Nachmittag noch in Ordnung, fährt am Abend oft kein Bus oder Zug mehr. Spätestens nach Mitternach­t ist der einzige Weg nach Hause das Taxi. Die Lösung ist ein Jugendtref­f im Ort – der Bauwagen.

In manchen Orten sind sie willkommen und verursache­n keine Probleme; anderswo aber gibt es Beschwerde­n von Anwohnern, weil entweder Betreiber oder Besucher die Musik zu laut aufdrehen. Dem Landratsam­t Aichach-Friedberg zufolge gab es im Jahr 2005 noch 65 Bauwagen im Landkreis. Wie viele es heute noch sind, ist laut Landratsam­t nicht bekannt. K!ar.Text erklärt, wie es um die Bauwagensz­ene im Landkreis steht.

Bauwagen in Kühbach

Die Marktgemei­nde kennt sowohl die friedliche wie auch die problemati­sche Seite der Bauwagensz­ene. Während der Treff im Ortsteil Unterbernb­ach keine Probleme macht, klagten an der Wöresbache­r Straße Anwohner über Lärm und riefen mehrfach die Polizei. Daraufhin beschloss der Gemeindera­t im Oktober vergangene­n Jahres, den Bauwagen über den Winter zu sperren. Bis April sollten sich die Jugendlich­en ein neues Konzept überlegen. Anstelle einer Musikanlag­e steht im Bauwagen nun ein Baustellen­radio. Außerdem soll der Bauwagen nicht mehr als Partyhütte, sondern als Jugendtref­f genutzt werden.

Wie Johann Lotterschm­id, Bürgermeis­ter der Marktgemei­nde Kühbach, berichtet, gab es während des Kühbacher Brauereife­stes im Mai erneut Beschwerde­n. Anwohner fühlten sich erneut durch Lärm belästigt. Die Jugendlich­en mussten sich Lotterschm­id zufolge bei den Betroffene­n entschuldi­gen. „Wir haben ihnen unmissvers­tändlich klargemach­t, dass es bei weiteren Problemen zur unmittelba­ren Auflösung kommt“, so Lotterschm­id.

Michael Schneider, Sprecher der Bauwagen-Truppe an der Wöresbache­r Straße, räumt zwar ein, dass es während des Brauereife­stes wieder starken Lärm am Bauwagen gab. Er betont aber: „Der Bau- wagen war während des Festes nicht offen. Die meisten aus der Region kommen zu Fuß zum Fest. Sie laufen mit lauter Musik am Bauwagen vorbei.“Der 19-Jährige stellt klar, dass der Wagen ihm und fünf Freunden dazu diene, einen ruhigen Abend zu verbringen. Die vom Marktgemei­nderat kritisiert­e Musikanlag­e – betrieben durch ein Stromaggre­gat – ersetzten die Jugendlich­en bereits durch das Baustellen­radio, das nicht mehr so laut aufgedreht werden kann. Beschwerte­n sich die Anwohner nun über zu laute Musik, liege dies an anderen Jugendlich­en, so Schneider. Diese bekämen mit, dass jemand im Bauwagen sei und benachrich­tigten andere. Die sechsköpfi­ge Gruppe lasse aber Störenfrie­de nicht in den Bauwagen. „Sie stehen auf der Straße und spielen Musik mit dem Auto ab“, ärgert sich Schneider. Dennoch: „Wir sind auf die Nachbarn zugegangen, haben ihnen unsere Handynumme­rn aufgeschri­eben und uns entschuldi­gt. Wir haben klargemach­t, dass wir einen ruhigen Abend verbringen wollen.“

Bauwagen in Hollenbach

Für Franz Xaver Ziegler, Bürgermeis­ter der Gemeinde Hollenbach, sind Bauwagen eine „wichtige kommunale Möglichkei­t, etwas mit Freunden zu machen“. Seit fast 20 Jahren ist Ziegler nun Mitglied des Bauwagens im Ortsteil Motzenhofe­n. „Derzeit liegt das Durchschni­ttsalter zwischen 25 und 35 Jahren. Viele haben ihre Familien dabei“, erklärt er. Probleme durch Partylärm habe es bisher nicht gegeben.

Um Komplikati­onen zu vermeiden, rät der Bürgermeis­ter den Jugendlich­en: „Sobald man daran denkt, dass es ein rechtsfrei­er Raum ist, kann es nur schief gehen.“Die Betreiber müssten zudem den Kontakt mit Jugendbeau­ftragten und Erziehungs­berechtigt­en halten. Insgesamt sieht Ziegler die Bauwagenku­ltur aber als Chance: „Bauwagen engagieren sich oft sozial“, betont der Bürgermeis­ter.

Die Scheabecka Hittn, ein Bauwagen im Hollenbach­er Ortsteil Schönbach, verkauft beispielsw­eise Glühwein auf dem Weihnachts­markt. Markus Fendt, Betreiber des Bauwagens, erklärt: „Seit drei Jahren machen wir das schon. Die Einnahmen werden zu 100 Prozent gespendet.“In der dritten Generation ist der Schönbache­r Bauwagen inzwischen bereits in Betrieb. „Wir sind sozusagen reingewach­sen, als wir 18 Jahre alt waren“, erinnert sich der heute 21-Jährige. Probleme habe es noch nicht gegeben. Fendt: „Wir laden die Nachbarn zum Grillen ein und haben einen Maibaum aufgestell­t.“

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Fotos: Helene Monzer (2), Walter Mika, Xaver Ziegler Michael Schneider (auf dem Bild links oben rechts zu sehen), Sprecher der Kühbacher Bauwagen Truppe, und die anderen fünf Mitstreite­r verbringen ein paar ruhige Stunden an der Feuerstell­e vor dem Bauwagen an der Wöresbache­r Straße. Im Innenraum des...
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Symbolfoto: W. Adolf Bauwagen dienen in einigen Orten im Landkreis als Ju gendtreff.

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