In der Bahnhofshalle wird jetzt gebohrt
Der Tunnelbau kommt in seine kritischste Phase. Die Mauern des denkmalgeschützten Gebäudes werden im Erdgeschoss abgebrochen. Für Fahrgäste der Bahn gibt es demnächst Änderungen
Dem denkmalgeschützten Bahnhofsgebäude steht in den kommenden Jahren eine Belastungsprobe bevor: In der Bahnhofshalle, die seit Mai für Fahrgäste gesperrt ist, laufen inzwischen Erkundungsbohrungen für den Bau des Bahnhofstunnels. Während der Bauarbeiten unter dem Gebäude, die wohl bis 2020/21 dauern werden, müssen die Außenwände der Bahnhofshalle bis auf eine Höhe von 2,5 Metern abgetragen werden – das Zentralgebäude wird in dieser Zeit auf einer provisorischen Konstruktion aus Stahlstützen „schweben“. Um der Fassade zum Bahnhofsvorplatz mehr Stabilität zu verleihen, wurden die Fenster in den oberen Stockwerken inzwischen mit Ziegelsteinen zugemauert. Das soll der Mauer mehr Steifigkeit geben.
Die Bauphase, die vorbereitet wird, ist wohl die heikelste im ganzen Projekt, das 2023 nach elf Jahren Bauzeit abgeschlossen werden soll. Der Bahnhofstunnel für die Tram, der inzwischen fast bis an die Grundmauern des Bahnhofsgebäudes reicht, muss unter dem Bau durchgeführt werden, ohne dass dieser Schaden nimmt. Dazu muss in den kommenden Wochen erst einmal der Untergrund verfestigt werden, indem mit Hochdruck Zement bis in eine Tiefe von etwa 15 Metern ins Erdreich gespritzt wird.
Dafür laufen gerade Probebohrungen in der Bahnhofshalle – wo vor zweieinhalb Monaten noch tausende Pendler täglich durchgingen, haben die Bauarbeiter das Sagen. „Die Herausforderung ist, dass wir hier wenig Platz haben“, sagt Oberbauleiter Lars Horn. Platz für eine Bohrmaschine, die 15 Meter lange Betonpfähle wie auf dem Bahnhofsvorplatz in die Tiefe treiben kann, ist hier nicht. Stattdessen werden die Stadtwerke unterirdisch graben müssen – mit Minibaggern, die mit teils zwei Metern Raumhöhe operieren müssen, weil zur Absicherung der unterirdischen Grube Stahlstreben zwischen die Betonwände gezogen werden. Das Erdreich wird dann mit Lkw über die Rampe des bestehenden Tunnelteils in der Halderstraße abgefahren. Bis es soweit ist, wird es aber noch dauern. Vorher bekommt die Bahnhofshalle einen neuen Boden, der gleich- zeitig die Decke des oberen Tunnelstockwerks ist.
Eine der großen Herausforderungen wird es sein, dafür zu sorgen, dass das Bahnhofsgebäude unbeschadet bleibt, während unten gebohrt und gegraben wird. Dafür wird das Stahlgerüst, auf dem das Gebäude während der Bauphase liegt, mit hydraulischen Pressen ausgestattet. „Sie können Hebungen und Setzungen ausgleichen“, sagt Horn. Ausgebaut werden muss für die Bauarbeiten eine eiserne Wendeltreppe, die ins Obergeschoss des Bahnhofsgebäudes führt – sie ist Teil des Denkmals. Bereits eingelagert ist ein Teil des Bahnhofsvordachs mit seinen Eisensäulen. Mit dem Denkmalschutz ist das alles abgesprochen.
Auf Reisende kommt die nächste Änderung am Sonntag, 13. August, zu. Nachdem die Haupthalle im Mai gesperrt und die Geschäfte in Container ausgelagert wurden, steht jetzt auch die Sperrung der Mittelunterführung unter den Bahngleisen an. Sie wird bis 2023 durch eine neue, deutlich breitere Fußgängerunterführung mit Bahnsteigzugang die ins Thelottviertel durchgestochen wird. Unterhalb dieser Ebene fährt dann die Tram, die eine unterirdische Haltestelle bekommt und nicht mehr durch die Pferseer Unterführung rollt. Die Kosten für Bau und Planung liegen nach einer aktuellen Rechnung bei knapp 160 Millionen Euro, mit bestimmten Nebenkosten bei 193 Millionen.
Die Sperrung des Mitteltunnels ist im Zuge der Vorarbeiten für den neuen sechsten Bahnsteig nötig. Dieser Bahnsteig F wird künftig mehr Platz für den Nahverkehr bieten und dient in den kommenden Jahren als Ausweichbahnsteig, wenn wegen der Tunnelarbeiten pro Jahr jeweils ein Bahnsteig vorübergehend gesperrt werden muss. Näheersetzt, res zum Ablauf der Bauarbeiten will die Deutsche Bahn demnächst bekannt geben. Fahrgäste kommen ab 13. August nur noch über den südlichen Tunnel und den neu eröffneten Posttunnel zu den Zügen. Seit Mai wurde der Mitteltunnel aber ohnehin weniger genutzt, weil der Weg durch die zentrale Wartehalle versperrt war.