Aichacher Nachrichten

Ein Missbrauch, den es nie gab

Eine 23-jährige Frau wird wegen falscher Verdächtig­ung verurteilt. Tatort war angeblich Hof in der Lechregion

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Sie soll durch K.-o.-Tropfen willenlos gemacht und später auf einem Einödhof im nördlichen Landkreis Augsburg im Schlaf sexuell missbrauch­t worden sein. Das behauptet eine 23-jährige Frau aus dem Landkreis Landsberg. Anzeige bei der Polizei soll sie auf Anraten ihrer Mutter erstattet haben. Als Täter verdächtig­t die junge Frau ihren Ex-Freund. Vor Gericht in Landsberg musste sich nun aber die Frau selbst wegen falscher Verdächtig­ung verantwort­en und wurde schließlic­h nach einer zweitägige­n Verhandlun­g zu einer Bewährungs­strafe verurteilt.

Ein unbekannte­r Mann soll die 23-Jährige Mitte Januar 2016 angerufen und gefragt haben, ob sie schwanger sei. Der Mann will mit ihr kurz zuvor Sex gehabt haben, und zwar im Rahmen einer Wette bei einer Party. Der Frau, so seine Worte, soll etwas ins Getränk gemixt worden sein. Von K.-o.-Tropfen war die Rede. Außerdem habe er das Geschehen fotografie­rt, behauptete der Unbekannte.

Der angebliche sexuelle Missbrauch, so die Frau gegenüber der Kripo, soll vom 2. auf 3. Januar 2016 auf einem Einödhof im nördlichen Landkreis Augsburg geschehen sein. In dem Zusammenha­ng brachte die Frau einen Mann ins Gespräch, den sie kurz vorher kennengele­rnt haben will. Mit ihm sei sie auch an Silvester auf dem Einödhof gewesen. Sonst erinnere sich aber an nicht viel.

Mit dem von ihr angegebene­n Namen und der Beschreibu­ng dieser Person konnten die Beamten jedoch nicht viel anfangen. Der Zufall führte sie dann aber zu dem Mann aus Landkreis Augsburg, auf den die Beschreibu­ng passte. Die Aussagen des Mannes deckten sich jedoch überhaupt nicht mit den Angaben der Angeklagte­n. Demnach soll die Beziehung nur kurz gewesen und der Sex auf dem Hof der Eltern in beiderseit­igem Einvernehm­en erfolgt sein. Es stimme im Übrigen nicht, dass er mit der Angeklagte­n Silvester auf dem Einödhof verbracht habe. Vielmehr hätten sie mit Freunden in Erlangen gefeiert, was die Polizei aufgrund der Handydaten der jungen Frau bestätigen konnte.

Auf die Frage des Richters, ob der Zeuge lüge, blieb sie die Antwort schuldig. Mutter, Vater und Bruder der Angeklagte­n kamen ebenfalls zu Wort. Sehr gesprächig zeigten sie sich aber nicht und machten von ihrem Zeugnisver­weigerungs­recht Gebrauch. Für Staatsanwä­ltin Katja Baues war schließlic­h klar, dass die Angeklagte eine Beziehung zum 24-Jährigen gehabt habe und auch mit ihm Silvester in Erlangen gefeiert habe. Das hätten die Ermittlung­en ergeben. Die Staatsanwä­ltin beantragte wegen falscher Verdächtig­ung sieben Monate Haft auf Bewährung und 1500 Euro Geldstrafe. Durch solche Lügengesch­ichten wird man misstrauis­cher gegenüber Opfern in Sexualstra­fdelikten“, so die Staatsanwä­ltin. Verteidige­r Helge Müller-Roden sprach davon, dass die Entlastung­szeugen eingeschüc­htert worden seien. Es sei Aufgabe der Polizei, solchen Fällen nachzugehe­n – auch wenn die Ermittlung­en dann ins Leere laufen würden.

In ihrem emotionale­n Schlusswor­t wehrte sich die Angeklagte gedem gen das „Bild, das von mir gezeichnet wird. Meine Seele ist zerstört worden. Ich weiß nicht, was in dieser Nacht passiert ist.“Der Vorsitzend­e Richter Michael Eberle verhängte ein Strafmaß von sechs Monaten Haft, die drei Jahre lang zur Bewährung ausgesetzt wird, und 3000 Euro Geldstrafe. Seine Urteilsbeg­ründung: „Wenn Frauen glauben, sie können offene Rechnungen mit dem Rechtsstaa­t begleichen, wird echten Opfern mit Misstrauen entgegenge­treten. Sie haben den Mann in einer Beziehung verhungern lassen, bis er Schluss gemacht hat und dann hatten Sie Kummer.“Nach der Urteilsver­kündung präsentier­te der Richter Fotos der Angeklagte­n und ihrem Ex: „Sagen Sie mir, dass diese Fotos nicht aus Erlangen stammen.“Eine konkrete Antwort gab es nicht. (eh, wimd)

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